Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
Essen.«
Da fragte Aurox: »Hast du etwas dagegen, wenn ich mit dir in die Mensa komme?«
»Musst du nicht in den Unterricht?«, fragte ich.
»Nein. Ich habe nur die erste Stunde. Danach patrouilliere ich auf dem Schulgelände.«
»Oh. Das wusste ich nicht«, sagte ich etwas dämlich, nicht ganz sicher, ob ich ihn beneiden oder bedauern sollte.
»Wahrscheinlich wäre es keine schlechte Idee, wenn Aurox auch etwas äße«, sagte Damien. »Das war schließlich sein erster Kreis.« Er lächelte Aurox an. »Und du warst exzellent. Gut gemacht.«
»Danke, Damien.« Ein Grinsen überzog Aurox’ Gesicht, das seine Augen viel zu vertraut funkeln ließ.
Wie zum Henker konnten mich mondsteinfarbene Augen so an Heath erinnern?
»Also – hättest du was dagegen, wenn ich mitkäme, Zo?«
Da wurde mir klar, dass ich wohl ziemlich lange Aurox angestarrt hatte – und Aurox, Shaylin und Damien mich. Ich blinzelte. »Überhaupt nicht. Aber wir sollten uns beeilen. Ich sollte wenigstens die letzten paar Minuten Literatur mitbekommen. Nur weil es nicht Mathe ist, heißt das nicht, dass ich ein Ass darin wäre.« Eilig verabschiedete ich mich von Damien und Shaylin und joggte mehr oder weniger zur Mensa, Aurox hinter mir her.
Die Mensa war verlassen, aber aus der Küche hörte man das Klappern von Töpfen und Pfannen, und irgendwas roch superlecker. Mir lief das Wasser in Strömen im Mund zusammen. »Hol du uns doch was zu trinken«, sagte Aurox, »ich schaue in der Küche, was es schon zu essen gibt.«
Unbekümmert stimmte ich zu und ging schnurstracks zum Colahahn. Ein Glas leerte ich gleich davor im Stehen. Mein Kopf war schon ein bisschen klarer, als ich zwei volle große Gläser zu dem Tisch balancierte, an dem ich normalerweise mit meinen Freunden saß. Während ich mir die kalte Cola genüsslich auf der Zunge zergehen ließ, dachte ich darüber nach, wie komplett sich manche Orte veränderten, wenn sie leer waren. Die Mensa zum Beispiel, die normalerweise laut und voller Kids und Essen war. Jetzt, eine halbe Stunde vor dem Mittagessen, wirkte sie riesig und fast fremd, als geisterten darin die Echos unzähliger abwesender Schüler herum, deren Augen ich trotzdem auf mir fühlte.
Das war echt gruselig.
Da ließ sich Aurox glücklich grinsend mit einem Tablett mit Suppe und Sandwiches neben mich fallen. »Ich hab dir Grilltäsetoast und Somuppentate.«
Ich konnte ihn nur anstarren.
Sein Lächeln verblasste. Er sah den gegrillten Käsetoast und die Tomatensuppe an und dann wieder mich. »Ich dachte, das magst du. Ich kann’s auch wieder zurückbringen. Es gibt auch Puten-Käse-Toast, und die Köchin meinte, gleich wär der Cobb-Salat fertig.«
»Daran liegt’s nicht. Ich liebe gegrillten Käse. Und die Suppe.«
»Warum guckst du dann so?«
»Warum hast du es Grilltäsetoast und Somuppentate genannt?«
Seine Stirn furchte sich. »Das kam einfach aus meinem Mund. Nennst du das nicht so?«
»Aurox, ich hab das seit der Grundschule so genannt. Und Heath auch. Es war unser Lieblingsmittagessen, weil die Spaghetti in unserer Schule so elend schlecht waren.«
»Psaghetti«, sagte er leise.
Mein Verstand warnte mich, ich sollte ihn besser bitten, still zu sein und zu essen, aber mein Mund sagte: »So kann man sie nur nennen, wenn sie gut sind. Das Psaghetti-Balletti geht nur mit guten Spaghetti.« Ich wusste, ich redete mich um Kopf und Kragen, aber ich konnte mich nicht bremsen. »Ein Tanz gehört auch dazu.«
»Ich weiß.«
Mir war heiß und kalt zugleich. »Und was weißt du sonst noch?«
»Dass ich dich manchmal so gern berühren würde, dass ich das Gefühl hab, ich sterbe, wenn du mich nicht lässt.«
Mein Magen verwandelte sich in Schmetterlinge. »Ich bin mit Stark zusammen.«
»Ich weiß. Aber hey, mach dir deswegen mal keinen Stress.«
Oh Himmel! Als er das sagte, klang er so sehr wie Heath, dass ich keine Luft mehr bekam.
Keiner von uns sagte etwas. Ganz langsam streckte er die Hand aus. Eine meiner Hände lag auf dem Tisch zwischen uns. Sanft drehte er sie um und fuhr mit einem Finger kaum merklich das zarte Muster der Tattoos auf meiner Handfläche nach.
»Die hast du von Nyx.«
»Ja.«
»Und du hast noch mehr ungewöhnliche Tattoos.« Sein Finger schwebte an mein Gesicht und streichelte das ganz ähnliche Muster auf meiner Stirn. Der Finger war warm, und überall, wo er mich berührte, begannen meine Nerven zu kribbeln. Er fuhr die Krümmung meines Halses in den tiefen V-Ausschnitt meines
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