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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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auch keine Extrapunkte für das Befolgen der Regeln. Hier geht es nur darum, jemanden aufzuhalten, der dir den Kopf abhacken will.« »Ich weiß.« Ich holte ein Seidentuch aus meiner Tasche und wickelte es um meine Hand. Eine der Blasen war aufgeplatzt und brannte. Und zwar heftig.
      »Vielleicht hast du nicht den richtigen Lehrer.« Die gelassene Stimme vom Rand der Lichtung ließ uns beide herumfahren. Joshua trat vor. Er hatte ein Schwert dabei.
      »Es 'ist schon schwer genug für ihn«, sagte ich und deutete auf Reyn, »und er mag mich. Du hast keine Chance, eine ganze Trainingseinheit mit mir zu überstehen.«
       »Vielleicht will er nur mit seinen Fähigkeiten angeben.« Reyns Stimme war vollkommen emotionslos.
      »Vielleicht hast du Angst davor, dass ich es nicht tue«, erwiderte Joshua.
      Und schon lag Spannung in der Luft. Eigentlich hatte ich gedacht, dass zwischen ihnen Waffenstillstand herrschte - unser
      Tanz zu dritt war so toll gewesen. Und doch umkreisten sie einander jetzt wie tollwütige Raubtiere. Reyn warf sein schweres Wikingerschwert von einer Hand in die andere und ließ Joshua nicht aus den Augen. Joshua lockerte seine Schultern und starrte Reyn finster an.
      Als hätten wir Zeit für so was.
      »Warum nehmt ihr euch kein Zimmer?«, witzelte ich.
      »Es ist besser, wenn du zur Seite gehst«, sagte Reyn ruhig und ohne mich anzusehen.
      Seufzend trottete ich zum Rand der Lichtung und stellte mich neben einen großen Baum. Ich konnte hinter ihm in Deckung gehen, falls es sein musste. Mir fiel wieder ein, dass sich die beiden schon in mehreren Kriegen gegenübergestanden hatten. Im vergangenen Monat hatten sie ihre gegenseitige Abneigung im Zaum gehalten, aber das war anscheinend vorbei. Ich überlegte schon, zum Haus zurückzugehen und Anne zu sagen, dass sie einen großen Topf voll Tee machen sollte, weil sich diese Idioten zweifellos mindestens einen Arm abhacken würden. Aber dann beschloss ich, doch lieber zu bleiben.
      Wie sich heraustellte, war es nicht witzig. Mit wachsendem Unbehagen musste ich zusehen, wie sie einander umkreisten, die Augen kalt und hart. Reyn bewegte sich gewöhnlich mit kontrollierter Anmut, ob er nun eine Kuh melkte, ein Pferd ritt oder ein Spiegelei briet. Aber das hier war anders - ungefähr derselbe Unterschied wie zwischen einem Balletttänzer und einem wütenden, sprungbereiten Tiger, der seine Beute fixiert, bevor er sie tötet.
      Ich hatte Reyn schon vorher so erlebt und gehofft, ihn nie wieder so zu sehen. Es machte mir Angst.
      Und unser allseits geliebter Joshua stand ihm in nichts nach. Rivers Bruder hatte schon immer kaputt und abweisend gewirkt und seine Gefährlichkeit unter einer nicht ganz perfekten Maske verborgen. Jetzt hatte er diese Maske abgestreift. Dies war nicht Reyn beim Überfall auf ein Dorf; es waren zwei gleichstarke Feinde, die einem Drehbuch folgten, das nur sie kannten.
      Diese Schwachköpfe.
      Die Spannung war unerträglich, als sich die beiden lautlos umkreisten. Ich verschränkte die Arme und ballte unwillkürlich die Fäuste. Auf ein unsichtbares Zeichen hin gingen sie mit solcher Wucht aufeinander los, dass mir fast das Herz stehen blieb. Ihre Schwerter trafen mit einem erschreckend lauten Krachen aufeinander, das ich schon seit etlichen Jahrhunderten nicht mehr gehört hatte. Funken sprühten, als ihre Klingen immer wieder aufeinanderprallten, erst hoch über ihren Köpfen, dann tief auf einer Seite, dann auf der anderen.
      Hinter mir raschelte das Laub, und als ich mich umdrehte, stand Brynne da, die Augen unverwandt auf die Kämpfer gerichtet. »So was hab ich noch nie gesehen«, murmelte sie.
      »Ich schon. Es wird noch schlimmer.« Die beiden würden sich doch nicht gegenseitig den Kopf abschlagen, oder? Diese Vorstellung ertrug mein Herz nicht, also konzentrierte ich mich wieder aufs Zusehen, als hätte ich für diesen Kampf Eintritt bezahlt.
      Letzte Woche hatten Reyn und ich den Zweikampf trainiert und ich hatte alle Register gezogen und ihn auf jede nur erdenkliche Weise angegriffen - direkt von vorn, von oben, von unten, von überall. Nach gefühlten drei Stunden war ich dann total erledigt gewesen, hatte nach Luft gerungen und das Gefühl gehabt, ich müsste mich vor Erschöpfung übergeben. Es waren sechs Minuten gewesen. Länger hatte ich nicht durchgehalten und war in dieser Zeit auch noch viermal getötet worden.
      Wenn ich also jemals mit einem Schwert um mein Leben kämpfen

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