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Entflammte Herzen

Entflammte Herzen

Titel: Entflammte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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in der Hand, stand er einfach nur da und erinnerte sich an John, weil das alles war, wozu er zurzeit in der Lage war. Er erinnerte sich an einen Mann, der seine Arbeit stets gern und klaglos erledigt hatte und nie mehr dafür erwartet hatte als sein Gehalt. An einen Mann, der ihn, Kade, mehr als einmal wegen Trunkenheit ins Kittchen gesteckt und ihm, als er noch jünger gewesen war, durch die Gitterstäbe Standpauken gehalten hatte. Der ihm geraten hatte, sich endlich die Flausen aus dem Kopf zu schlagen, ein Stück Land für sich abzustecken und etwas Nützliches damit anzufangen. Die Erinnerung an diese Vorträge brachte ein schwaches Lächeln auf Kades Lippen, das seine Augen jedoch nicht erreichte. Wieder hörte er Johns Stimme und sah ihn mit vor der Brust verschränkten Armen und ernster Miene an seinen schäbigen alten Schreibtisch gelehnt stehen, und er sah sich selbst, wie er, mal rebellisch, mal beschämt, auf derselben Pritsche hockte, auf der er auch in letzter Zeit so oft geschlafen hatte.
    »Lebwöhl, John«, sagte er schließlich, den Hut noch immer in den Händen. »Und vielen Dank für alles.«

Kapitel 55
     
    C ree erschien so urplötzlich neben Mandy, dass sie erschrocken zusammenfuhr, wie immer, wenn er sich so unbemerkt an sie heranschlich. Cree war Halbindianer, der Sohn eines längst verstorbenen aufständischen Apachen, der den Namen Lathrop angenommen hatte, und Cree war ungeheuer stolz auf seine von ihm erlernte Fähigkeit, sich vollkommen geräuschlos fortbewegen zu können, und zwar ohne Fußspuren zu hinterlassen.
    »Dann war es also doch kein Traum«, murmelte Mandy und ging einfach weiter. Wenn überhaupt, beschleunigte sie höchstens ein bisschen ihre Schritte. Sie befand sich gerade auf dem Rückweg zum Hotel und passierte soeben Doktor Boylens Praxis.
    »Du hast dich verändert, Amanda Rose«, bemerkte Cree, der ihren gereizten Ton und ihre steife Haltung anscheinend nicht mal zur Kenntnis nahm. »Zunächst einmal siehst du überhaupt nicht mehr wie ein Wildfang aus.«
    Mandy verzehrte sich vor Kummer, weil John für immer von ihnen gegangen war, weil Dixie zwischen Menschen starb, die sie nicht kannte, und weil Kade litt und sie ihm überhaupt nicht helfen konnte. Und deshalb war sie nicht in der Stimmung für eine ihrer üblichen Zankereien, obwohl sie Cree all diese Monate sehr vermisst und sich Sorgen gemacht hatte, dass seine Wüdheit ihn vielleicht mal wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte. »Was tust du hier?«, fragte sie wie schon in der Nacht zuvor. Da hatte sie keine vernünftige Antwort auf ihre Frage erhalten, aber nun war sie fest entschlossen, Cree nicht wieder so ohne weiteres davonkommen zu lassen.
    Sein Grinsen war ein wenig spöttisch, und in seinen dunklen Augen stand ein rätselhafter Glanz. Noch bevor er den Mund öffnete, war ihr klar, dass er ihr auch diesmal wieder nicht die Wahrheit sagen würde. »Das habe ich dir doch schon erzählt, Amanda Rose. Ich wollte meine kleine Schwester wiedersehen.«
    »Entweder bist du vollkommen verrückt geworden, oder aber du lügst. Gig ist hier. Und seine Freunde sind vermutlich ebenfalls irgendwo in der Nähe. Du hättest dich bestimmt nicht in die Höhle des Löwen begeben, bloß um mir einen Besuch abzustatten.«
    Er setzte eine gekränkte Miene auf und hielt mühelos Schritt mit ihr, während sie über den Bürgersteig auf das »Arizona Hotel« zueilte. Als sie nicht weitersprach, sondern nur ärgerlich die Lippen zusammenkniff, beschloss er, einen seiner Trümpfe auszuspielen. »Ich arbeite für Jim Dandys Wildwestshow.«
    Das ließ Mandy abrupt im Gehen innehalten. Sie blieb stehen, schaute zu ihm auf und schlang die Arme um ihren Körper, um sich gegen den scharfen Wind zu schützen. Ein Frösteln durchlief sie, als sie in diese dunklen und manchmal unergründlichen Augen blickte und erkannte, dass die Kälte in ihr absolut nichts mit dem kühlen Frühlingswetter zu tun hatte. »Und was tust du da?«, wollte sie wissen. »Reiten? Schießen? Messer werfen? Was ?«
    »Ein bisschen was von allem.« Cree trat einen halben Schritt zurück, aber Mandy bezweifelte, dass er sich dessen überhaupt bewusst war. »Hauptsächlich reise ich der Truppe voraus, um die Leute mit meinen Reit-und Schießkünsten ein bisschen neugierig zu stimmen, schicke hier und da ein paar Rechnungen ab und verkaufe auch die eine oder andere Eintrittskarte.«
    Mandy hätte ihn am liebsten getreten, obwohl sie selbst nicht genau wusste, warum.

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