Entflammte Herzen
hätte ebenso gut auch mit sich selbst reden können, so wenig Beachtung, wie die anderen ihm schenkten.
»Wir sehen uns im Gefängnis«, sagte R afe zu seinem Bruder und klopfte sich den Staub von den Händen.
»Ich komme so schnell wie möglich nach«, erwiderte Kade, ohne seinen Blick von Mandy abzuwenden. Sie hätten ganz allein sein können auf der Welt, so wie er sie gerade ansah. Beinahe so, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen, und es lag eine solche Intensität in seinem Blick, als hätte er gerade eine erstaunliche Entdeckung gemacht und wäre zutiefst verblüfft darüber. »Das war ein tolles R ennen«, murmelte er rau.
Mandy war weder auf den Kloß gefasst gewesen, der sich in ihrer Kehle bildete, noch darauf, dass sie Kade plötzlich mit beiden Händen gegen die Brust stieß und ihn damit fast erneut zu Boden geschickt hätte. »Ich dachte, Sie wären verletzt!«, fuhr sie ihn an, als sie endlich wieder Worte fand. »Und Sie haben mich glauben lassen, Sie wären angeschossen worden!«
Er trat weder zurück noch lächelte er, und er versuchte auch nicht, sie zu berühren. Noch immer stand dieser abschätzende Blick in seinen Augen. Als wäre er überrascht, ja vielleicht sogar ein bisschen alarmiert. »Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, die Sache klarzustellen«, wandte er nur schulterzuckend ein. »Es ging alles ziemlich schnell.«
Tränen traten in Mandys Augen und blendeten sie fast, doch sie wischte sie mit dem Handrücken ungeduldig ab. »Hol Sie der Teufel, Kade!«
Er betrachtete sie versonnen. »Sie könnten eigentlich auch einen Obstkuchen für mich backen.«
Mandy starrte ihn entgeistert an und war sich plötzlich ziemlich sicher, dass er entweder eine Kopfverletzung bei dem Sturz davongetragen oder sie ihn missverstanden hatte. Sie versuchte, etwas zu erwidern, und stolperte über ihre eigene Zunge. Obstkuchen? Zuerst machte er sie glauben, er sei angeschossen worden, und jetzt redete er von Obstkuchen ?
»Am liebsten mag ich Kirschstreusel«, fügte er noch hinzu. Ein mutwilliges Lächeln spielte dabei um seine Lippen, und obwohl er verschwitzt und schmutzig und sein Haar vom Wind zerzaust war, sah er in Mandys Augen mindestens genauso gut aus wie jeder x-beliebige Dandy von der Ostküste.
Sie lachte über seine Dreistigkeit, hörte dann aber einen Anflug von Hysterie in ihrem Ton und stützte ärgerlich die Hände in die Hüften. »Warum, zum Henker, sollte ich Ihnen einen Kuchen backen?«, fragte sie, halb entrüstet und halb stockend, um ihren konfusen Gedanken Zeit zu geben, sich zu sammeln.
Kade hob sie einfach auf die kleine Stute, als besäße er jedes Recht dazu, und schaute grinsend zu ihr auf, während er ihr die Zügel überreichte. »Um mich dazu zu bringen, Sie zu heiraten, natürlich. Wir wären ein fabelhaftes Team, wir zwei.«
Kapitel 24
G ig Curry befand sich bereits hinter schwedischen Gardinen, lag auf seiner kahlen Pritsche und stöhnte, offenbar vor Schmerzen, als ein noch immer sehr verwirrter Kade im Marshal-Büro eintraf. Rafe saß am Schreibtisch, hatte die Füße hochgelegt, blätterte in einem Stapel Fahndungsplakaten und ignorierte den Gefangenen.
»Ist der Arzt schon unterwegs ?«, fragte Kade, als er seinen Hut aufhängte. Er gab sich die größte Mühe, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweiften immer wieder zu Mandy ab. Sie ritt wie ein Indianer auf dem Kriegspfad, und - Gott, wie umwerfend sie in diesen Hosen ausgesehen hatte! Bis heute war sie für Kade nur eine hübsche, als Nonne verkleidete Frau gewesen, mehr nicht. Doch nun war sie mit einem Mal ein unentdecktes Territorium, eine völlig andere Welt, regiert von einem Geist, wie er ihn sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen auszumalen gewagt hätte, ganz zu schweigen davon, einem solchen Esprit je wirklich zu begegnen.
»Wir sollten ihn zuerst ein bisschen nüchtern werden lassen«, meinte Rafe. »Der Doc wird dann schon irgendwann erscheinen.«
Kade begab sich zu der Zelle hinüber, während er in Gedanken die merkwürdigen Empfindungen zusammenfasste, die ihn seit Beginn des R ennens bewegten. »Wir sollten ihn uns vielleicht mal ansehen«, entgegnete er und schlüpfte wieder in seine altvertraute Haut zurück. Aber sie schien ihm irgendwie nicht mehr so gut zu passen wie vorher. »Damit dieser Iltis hier uns nicht auf einmal wegstirbt oder so was.«
R afe zuckte mit den Schultern, stand jedoch auf und schlenderte zu Kade hinüber.
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