Entflammte Nacht
ein Minimum an Privatsphäre zu geben.
Er hörte ein Rascheln – Lord Akeldama hatte sich neben seine ehemalige Drohne auf das Sofa gesetzt.
»Mein liebster Junge, natürlich finde ich dich nicht abstoßend – obwohl wir wirklich eine ernste Unterhaltung über diesen Bart führen müssen! Das war doch nur so dahingesagt, vielleicht ein wenig übertrieben. Weißt du, ich hatte mich so auf die Möglichkeit gefreut, dich als einen von uns an meiner Seite zu haben, als Mitglied des alten Fangzähne-Clubs sozusagen.«
Ein Schniefen von Biffy.
»Wenn überhaupt, dann ist das hier meine Schuld«, fuhr Lord Akeldama fort. »Ich hätte besser aufpassen sollen. Ich hätte nicht auf seine Tricks hereinfallen und dich nicht auf ihn ansetzen sollen. Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass dein Verschwinden mich in Panik geraten und ausschwärmen lässt. Ich hätte die Anzeichen erkennen sollen, dass eine Verschwörung gegen mich und die meinen stattfindet. Aber wer hätte geglaubt, dass meinesgleichen – ein anderer Vampir, ein anderer Schwärmer – dich mir stehlen würde? Mir – meine süße kleine Zitronenschale. Ich habe nicht erkannt, welches Muster dahintersteckt. Ich sah nicht, wie verzweifelt er war. Ich vergaß, dass die Informationen in meinem eigenen Kopf manchmal wertvoller sind als die Neuigkeiten, die ihr liebenswerten Jungs mir jeden Tag beschafft.«
In diesem Augenblick, als Professor Lyall aufrichtig das Gefühl hatte, die Dinge könnten unmöglich noch schlimmer kommen, erklang ein lautes Klopfen von der Tür, die daraufhin geöffnet wurde, ohne dass der Eintrittbegehrende die Aufforderung dazu erhielt.
»Was …?«
Diesmal war es Professor Lyall, den die Gefühle überwältigten.
»Ihre Majestät Königin Victoria für Lord Maccon!«
Königin Victoria marschierte durch die Tür und richtete das Wort, ohne stehen zu bleiben, an Professor Lyall. »Er ist nicht hier, nicht wahr? Dieser elende Kerl!«
»Eure Majestät!« Eilig kam Professor Lyall hinter seinem Schreibtisch hervor und vollführte seine beste und tiefste Verbeugung.
Die Königin von England, eine Person von gedrungenem und finsterem Äußeren, ließ ihren gebieterischen Blick durch den Raum schweifen, als könnte sich Lord Maccon, so ein stattlicher Brocken er auch war, irgendwo in einer Ecke oder unter dem Teppich versteckt haben. Woran ihr Blick hängen blieb, war der tränenüberströmte und unter seiner Decke eindeutig nackte Biffy, der in den Armen eines Mitglieds des britischen Hochadels lag.
»Was hat das zu bedeuten? Gefühlsduselei! Wer ist das dort? Lord Akeldama? Also wirklich, das ist unerhört! Reißen Sie sich augenblicklich zusammen!«
Lord Akeldama hob den Kopf, den er an Biffys Wange geschmiegt hatte, und sah die Königin aus schmalen Augen an. Sanft ließ er seine ehemalige Drohne los, erhob sich und machte eine Verbeugung, exakt so tief wie nötig und keine Haaresbreite tiefer.
Biffy hingegen war völlig ratlos, was er tun sollte. Er konnte nicht aufstehen, ohne sich dabei teilweise zu entblößen, und aus seiner auf dem Rücken liegenden Haltung konnte er ihr auch nicht die angemessene Ehrerbietung erweisen. Mit verzweifeltem Blick sah er die Königin an.
Professor Lyall kam ihm zu Hilfe. »Ihr werdet unserem, äh …«, er geriet ins Stocken, da er nie Biffys richtigen Namen erfahren hatte, »… jungen Freund hier verzeihen müssen. Er hat eine etwas anstrengende Nacht hinter sich.«
»So wurde es Uns zu verstehen gegeben. Dann ist das also die fragliche Drohne?« Die Königin hielt sich eine zierliche Vergrößerungslupe ans Auge und musterte Biffy. »Der Diwan sagte, Sie wären verschleppt worden, junger Mann, und das durch Unseren Wesir. Das sind in der Tat schwerwiegende Anschuldigungen. Entsprechen sie der Wahrheit?«
Biffy, dem der Mund vor Ehrfurcht leicht offen stand, brachte nur ein stummes Nicken zustande.
Auf dem Gesicht der Königin zeigten sich Erleichterung und Ärger in gleichem Maße. »Nun ja, wenigstens hat Lord Maccon das nicht vermasselt.« Sie richtete ihren messerscharfen Blick auf Lord Akeldama.
Mit einstudierter Lässigkeit zupfte sich der Vampir die Manschetten zurecht, bis sie perfekt unter seinen Jackettärmeln hervorragten. Er erwiderte ihren Blick nicht.
»Würden Sie sagen, Lord Akeldama, dass der Tod eine angemessene Strafe für den Diebstahl der Drohne eines anderen Vampirs ist?«, fragte sie beiläufig.
»Ich würde sagen, das ist ein wenig extrem, Eure Majestät,
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