Entflammte Nacht
auf ihre Zelle zukam – tief am Boden. Die beiden Templer schienen das, was immer es auch war, ebenfalls bemerkt zu haben, und starrten fasziniert auf das Ding, das in ihre Richtung zockelte.
Dann hörte Alexia das Ticken und das blecherne Trippeln vieler winziger Metallbeinchen auf Steinfußboden.
»Was geht hier vor sich?«, verlangte der Präzeptor zu wissen und wirbelte herum.
Alexia ergriff die Gelegenheit, sprang auf, zog in einer einzigen geschmeidigen Bewegung den Hocker unter sich hervor und schlug ihn dem Präzeptor auf den Hinterkopf.
Es gab ein grässliches Knirschen, und Alexia verzog mitleidig das Gesicht.
»Ich bitte vielmals um Verzeihung«, sagte sie knapp, während sie einen Satz über seine niedergestreckte Gestalt machte. »Aber was sein muss …«
Die beiden stickenden Wächter sprangen auf, doch bevor sie die Tür zu Alexias Zelle erreichen konnten, um sie zu schließen, krabbelte ein großer, glänzender Käfer, rot lackiert mit schwarzen Punkten, geradewegs auf sie zu, und sie wichen erschrocken vor dem mechanischen Tier zurück.
Immer noch angriffslustig den Hocker schwingend, stürmte Alexia hinaus in den Gang.
Königin Victoria war weder so beeindruckt noch so schockiert, wie sie eigentlich sein sollte, nachdem Lord Akeldama in vollmundigstem Tonfall das Wort »Seelenstehler« ausgesprochen hatte. »Ach, ist das alles?«, fragte sie nur.
Ihre Lösung der Angelegenheit entsprach dem Handlungsmuster aller Monarchen. Sie verschwendete damit nicht ihre wertvolle Zeit, sondern machte sie zum Problem eines anderen.
In diesem Fall jedoch nicht zu dem von Professor Lyall, wie dieser erfreut feststellte. Stattdessen schürzte die Königin die Lippen und legte die Bürde verbal in die eleganten, alabasterbleichen Hände von Lord Akeldama. »Ein Seelenstehler, sagtet Ihr, Lord Akeldama? Das klingt höchst unerfreulich. Um nicht zu sagen: ungelegen, wenn man bedenkt, dass Lady Maccon ihr Amt als Unser Muhjah wieder aufnehmen wird, sobald man sie nach Hause gebracht hat, eine Aufgabe, von der Wir annehmen, dass sich Lord Maccon ihrer bereits angenommen hat. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die Krone es nicht tolerieren wird, sollten Vampire versuchen, Ihre Muhjah zu töten, ganz gleich, wie schwanger und womit auch immer sie schwanger sein mag. Ihr müsst dem ein Ende setzen!«
»Ich, Eure Majestät?« Diese direkte Anweisung machte Lord Akeldama eindeutig nervös.
»Natürlich benötigen Wir einen neuen Wesir. Hiermit erteilen Wir Euch dieses Amt. Ihr verfügt über die notwendigen Qualifikationen, immerhin seid Ihr Vampir und Schwärmer.«
»Erlaubt mir, Euch da zu korrigieren, Eure Majestät. Die Vampirhäuser müssen über jeden Kandidat für das Amt des Wesirs abstimmen.«
»Glaubt Ihr, sie könnten Eurer Ernennung nicht zustimmen?«
»Ich habe viele Feinde, Eure Majestät, selbst unter meinesgleichen.«
»Dann befindet Ihr Euch in guter Gesellschaft, Wesir; die hat Lady Maccon und hatte Walsingham ebenso. Wir erwarten Euch am Donnerstag zur Zusammenkunft des Schattenkonzils.«
Mit diesen Worten rauschte Königin Victoria unter vollen Segeln aus dem Zimmer, getragen von einem Meer der Selbstgefälligkeit.
Mit verblüfftem Gesichtsausdruck richtete Lord Akeldama sich aus seiner Verbeugung auf.
»Meinen Glückwunsch, Mylord«, sagte Biffy schüchtern und versuchte, vom Sofa aufzustehen, um zu seinem früheren Herrn zu gehen.
Schnell eilte Professor Lyall zu ihm. »Noch nicht, Welpe. Sie werden Ihre Beine noch eine ganze Weile nicht unter Kontrolle haben.« Er sprach die Wahrheit, denn Biffy wollte zwar auf zwei Beinen laufen, doch sein Gehirn war noch auf vier eingestellt, und so kippte er mit einem überraschten Aufschrei nach vorn.
Lyall fing ihn auf und bettete ihn wieder zurück aufs Sofa. »Es wird noch einige Zeit dauern, bis Ihr Verstand mit Ihrer Metamorphose gleichgezogen hat.«
»Äh …«, machte Biffy und sagte dann: »Wie dumm von mir, das nicht zu merken.«
Lord Akeldama kam ebenfalls herbei und beobachtete mit verschleiertem Blick, wie Lyall die Decke über dem jungen Mann glatt strich. »Sie hat mich in eine höchst unerträgliche Lage gebracht.«
»Na, dann wissen Sie jetzt, wie ich mich die meiste Zeit über fühle«, murmelte Professor Lyall. Laut sagte er: »Sie sind dieser Aufgabe mehr als gewachsen, Mylord.«
Biffys Augen glänzten und blickten voller Vertrauen zu seinem ehemaligen Meister hoch. Na wunderbar, dachte Lyall, ein frischgebackener
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