Entflammte Nacht
Augenblick wurde Alexia bewusst, wie weitläufig die Katakomben waren und wie tief unter der Erde man sie verschleppt hatte.
»Ach ja, ich habe die Modifizierungen der Vampire übernommen und anstelle von Gift ein Betäubungsmittel in die Fühler gefüllt. Ich hoffe, es erwies sich als effektiv.«
»Sehr sogar. Leider nur, bis ein Schwert ins Spiel kam. Ich fürchte, Ihre drei kleinen Diener sind nicht mehr.«
»Ach, die armen kleinen Dinger! Sie sind nicht gerade besonders widerstandsfähig.«
Sie hasteten eine steile Treppe empor und liefen dann einen weiteren Gang entlang.
»Ich hoffe, Sie erachten es nicht als impertinent, wenn ich das frage«, keuchte Alexia, »aber was machen Sie hier, Monsieur?«
»Ich kam mit Ihrem Gepäck«, antwortete der Franzose. »Hinterließ Genevieve ein Zeichen, damit sie wusste, dass ich mich in Florenz aufhalte. Ich wollte doch nicht den ganzen Spaß versäumen!«
»Sie und ich definieren dieses Wort eindeutig nicht auf gleiche Weise.«
Der Franzose musterte sie kurz, wobei seine Augen regelrecht funkelten. »Ach, kommen Sie, Mylady. Ich denke doch!«
Alexia grinste zugegebenermaßen eher ein wenig grimmig als manierlich.
»Achtung!«, erklang Flootes warnender Ruf. Er führte die Gruppe an, dicht gefolgt von Madame Lefoux, doch unvermittelt war er vor ihnen stehen geblieben und feuerte eine seiner winzigen Pistolen ab, nachdem er kurz gezielt hatte.
Etwa ein Dutzend Templer kamen den Gang entlang auf sie zu, gefolgt von der zwergenhaften Gestalt eines gewissen Wissenschaftlers. Um den allgemeinen bedrohlichen Grundton der Gruppe noch zu verstärken, führte Poche den Angriff an, kläffend und herumhopsend wie eine aufgeregte Pusteblume mit einer gelben Schleife als Halsband.
Floote griff nach seiner zweiten Pistole und schoss erneut, doch offensichtlich traf er nicht, denn der Feind rückte unerschrocken weiter vor. Nur der Hund ließ sich durch den Schuss beunruhigen und verfiel in äußerst lautstarkes Theater.
»Ich an Ihrer Stelle würde mich ergeben, weibliches Exemplar!«, rief der kleinwüchsige Wissenschaftler.
Alexia wog ihren Sonnenschirm in der Hand. Damit hatte sie sich schon Vampiren gestellt. Eine Handvoll Sterblicher musste dagegen doch ein Klacks sein. Hoffte sie zumindest.
Der kleine Wissenschaftler sah auch Madame Lefoux und Monsieur Trouve an. »Ich bin erstaunt über Sie. Beide angesehene Mitglieder des Ordens des Messing-Oktopus. Warum beschützen Sie diese Seelenlose? Ich nehme nicht an, dass Sie beabsichtigen, sie zu studieren.«
»Und das ist natürlich alles, was Sie mit ihr vorhaben, ja?«
»Natürlich.«
»Sie vergessen, Monsieur Lange-Wilsdorf«, entgegnete Madame Lefoux, »dass ich Ihre Forschungsarbeiten gelesen habe. All Ihre Arbeiten – sogar die über Ihre Sektionen am lebenden Körper. Sie neigen zu äußerst fragwürdigen Methoden.«
»Und Sie haben kein heimliches Motiv, Madame Lefoux? Ich hörte, Sie haben von höchster Ebene des Ordens die Anweisung erhalten, Lady Maccon zu folgen und so viel wie möglich über sie und ihr Kind in Erfahrung zu bringen.«
»Mein Interesse an Alexia hat viele Gründe«, antwortete die Französin.
An dieser Stelle hatte Alexia das Gefühl, dass es nötig war, der Form halber zu protestieren. »Also ich muss schon sagen, allmählich stehe ich kurz davor, eine Neurose zu entwickeln. Gibt es eigentlich irgendjemanden, der mich nicht untersuchen oder umbringen möchte?«
Zaghaft hob Floote die Hand.
»Ah, ja. Vielen Dank, Floote.«
»Da wäre auch noch Mrs. Tunstell, Madam«, bot er hoffnungsvoll an, als wäre Ivy eine Art Trostpreis.
»Wie ich bemerke, erwähnen Sie meinen Schönwettergatten nicht.«
»Ich nehme an, im Augenblick würde er Ihnen vermutlich gern den Hals umdrehen, Madam.«
Alexia musste lächeln. »Gutes Argument.«
Währenddessen hatten die Templer reglos und – wenig überraschend – stumm ihrer Unterhaltung gelauscht, doch ziemlich unerwartet stieß einer aus den hinteren Reihen einen kleinen Schrei aus, dem eindeutige Kampfgeräusche folgten. Poche kläffte sogar noch lauter und verkroch sich ängstlich hinter den Beinen seines Herrchens.
Auf ein Zeichen jenes Mannes, der der Anführer der Templer sein musste – das Kreuz auf seinem Nachthemd war größer als das der anderen –, wirbelten die meisten herum, um sich der neuen Bedrohung hinter ihnen zu stellen. Worauf nur noch drei Templer und der kleine Wissenschaftler übrig blieben, die sich gegen Alexia und
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