Entflammte Nacht
sind, Zitrusfrüchte zu essen. Sie mögen sie nur nicht.«
»Jawoll, natürlich, dessen bin ich mir sehr wohl bewusst. Aber es ist ein guter – wie soll ich es ausdrücken? – Anfangstest, bis die Sonne aufgeht.«
Floote seufzte. »Ich versichere Ihnen, Sir, ich habe keine übernatürlichen Tendenzen.«
Alexia kicherte. Der arme Floote sah äußerst beleidigt aus.
Allerdings schien sich der kleine Wissenschaftler von bloßen verbalen Versicherungen nicht überzeugen zu lassen. Er behielt weiterhin ein argwöhnisches Auge auf Floote und die Schüssel mit Pomeranzen in seinem alleinigen Besitz, möglicherweise als Wurfgeschosse, falls es hart auf hart kam. »Natürlich könnten Sie immer noch ein Claviger oder eine drohnenartige Person sein.«
Entnervt stieß Floote ein kleines Schnauben aus.
»Sie haben ihn doch schon auf Bissmale überprüft«, erinnerte Alexia den Deutschen.
»Das Fehlen von Bissmalen ist kein absoluter Beweis, besonders, zumal er ein Claviger sein könnte. Schließlich haben Sie doch einen Werwolf geheiratet, ja?«
Floote wirkte ganz so, als wäre er noch nie im Leben derart beleidigt worden. Alexia, die Lange-Wilsdorf die Bezeichnung als »weibliches Exemplar« immer noch übel nahm, konnte es ihm nachfühlen.
In einem blitzartigen Stimmungswandel, der die Paranoia des kleinen Mannes zu charakterisieren schien, sah er Alexia mit neu erwachtem Argwohn an. »Die Überprüfung«, murmelte er zu sich selbst. »Sie verstehen, ja? Natürlich tun Sie das. Muss Sie ebenfalls überprüfen. Ach, wenn ich doch nur meinen Zähler hätte! Habe hier dieses kleine Poltergeistproblem. Vielleicht könnten Sie einen Exorzismus durchführen. Dürfte dem weiblichen Exemplar nicht schwerfallen.« Er warf einen Blick zu dem kleinen Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers hinüber, dessen Vorhänge aufgezogen waren, um die sich rasch nähernde Morgendämmerung hereinzulassen. »Vor Sonnenaufgang?«
Alexia seufzte. »Kann das denn nicht möglicherweise bis morgen Abend warten? Ich bin den größten Teil der Nacht über gereist. Zumindest nehme ich an, dass man es reisen nennen könnte.«
Der kleine Mann verzog das Gesicht, ging jedoch nicht auf den Wink ein, wie jeder gute Gastgeber es getan hätte.
»Wirklich, Monsieur Lange-Wilsdorf, wir sind gerade erst angekommen«, protestierte Madame Lefoux.
»Also schön!« Alexia stellte ihren Tee, der ohnehin nicht besonders gut war, auf das Tablett zurück, und legte ein halbes Croissant, butterzart und köstlich, ebenfalls wieder dorthin. Es war nötig, dass dieser eigenartige kleine Mann ihnen vertraute, um irgendwelche Antworten aus ihm herauszubekommen, daher würde sie ihm den Gefallen tun. Alexia seufzte, wieder einmal wütend über die Zurückweisung ihres Ehemanns. Sie war sich zwar noch nicht genau sicher, wie, aber sie beabsichtigte, Lord Conall Maccon auch für dieses jüngste Ärgernis die Schuld zu geben, genauso wie für alles andere auch.
Der Hund namens Poche wies ihnen mit unbegründeter Begeisterung und unablässigem Gebell den Weg über zahlreiche Treppenstufen hinunter in einen winzigen Keller. Herr Lange-Wilsdorf schien den Radau gar nicht zu bemerken.
»Sie müssen mich für einen fürchterlichen Gastgeber halten.« Der Wissenschaftler sagte das eher mit dem Gestus von jemandem, der den gesellschaftlichen Gepflogenheiten genüge tun wollte, als wie jemand, der tatsächliches Bedauern empfand.
Alexia wollte darauf keine Antwort einfallen, denn er hatte völlig recht. Jeder anständige Gastgeber hätte ihnen zunächst mal etwas Ruhe gegönnt, statt darauf zu bestehen, dass einer seiner Gäste als Allererstes einen Exorzismus durchführte, ohne ihnen vorher ihre Quartiere gezeigt zu haben, ganz zu schweigen davon, ihnen ein anständiges Mahl vorzusetzen.
Alexia folgte dem Deutschen und seinem hektischen Vierbeiner hinunter in die Tiefen seines beengten und schmutzigen Heims. Madame Lefoux und Floote schienen der Überzeugung zu sein, dass ihre Anwesenheit bei diesem Ausflug nicht vonnöten sei, und blieben oben im Salon, schlürften den widerlichen Tee und verzehrten sehr wahrscheinlich all die ausgezeichneten Croissants. Verräter.
Der Keller war in jederlei Hinsicht so düster, wie Keller nun einmal sein sollten, und beherbergte, genau wie der Mann gesagt hatte, einen Geist in den letzten Zügen des Poltergeist-Daseins.
Über dem Kläffen des kleinen Hundes war das unregelmäßige klagende Heulen des Wiedergängers zu
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