Entflammte Nacht
frischgebackenen Gespenster fanden es verständlicherweise geschmacklos, so bezeichnet zu werden. Auf ganz ähnliche Weise wie Alexia etwas dagegen hatte, wenn die Vampire sie als Seelensauger bezeichneten. Es war schlicht und ergreifend vulgär.
»Das ist ein ziemlich unfeines Wort, Mr. Lange-Wilsdorf, meinen Sie nicht auch?«
»Ist es das? Ach, die Engländer mit ihren semantischen Feinheiten.«
»Aber ›untot‹ ist doch zweifellos unpassend.«
Der Blick des Mannes wurde hart und kalt. »Ich vermute, das hängt davon ab, wie Sie ›lebendig‹ definieren. In Anbetracht meiner gegenwärtigen Studien trifft es ›untot‹ sehr gut.«
Die französische Erfinderin grinste, und ihre Grübchen zeigten sich. Alexia war sich nicht sicher, wie sie es machten, aber diese Grübchen gaben ihr ein ziemlich gewitztes Aussehen. »Aber nicht mehr lange.«
Neugierig wandte Herr Lange-Wilsdorf den Kopf. »Sie wissen etwas, das für meine Forschung von Bedeutung ist, nicht wahr, Madame Lefoux?«
»Ihnen ist doch bekannt, dass Lady Maccon hier einen Werwolf geheiratet hat, oder?«
Ein Nicken.
»Ich denke, Sie sollten ihm sagen, was geschehen ist, Alexia.«
Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Könnte er denn helfen?«
»Er ist der beste Experte für Außernatürliche, den der Orden des Messing-Oktopus zu bieten hat. Villeicht wissen die Templer mehr, aber das ist schwer zu sagen.«
Alexia nickte. Sie wog die Möglichkeiten ab und entschied schließlich, dass es das Risiko wert war. »Ich bin schwanger, Mr. Lange-Wilsdorf.«
Der Deutsche sah Alexia mit einem deutlichen Ausdruck der Begehrlichkeit an. »Glückwunsch und Beileid. Sie werden natürlich nicht in der Lage sein, das Kind – wie sagt man? – auszutragen. Keine weibliche Außernatürliche in der uns bekannten Geschichte konnte das. Sehr traurig für die Templer und ihr Zuchtprogramm, natürlich, aber …« Er verstummte, als er sah, dass Madame Lefoux immer noch grinste. »Wollen Sie damit andeuten …? Nein, das kann nicht sein! Sie ist schwanger von dem Werwolf?«
Alexia und Madame Lefoux nickten beide.
Der Wissenschaftler kehrte vom Fenster zurück und setzte sich neben Alexia. Sein Blick war hart und gierig. »Sie wollen damit nicht einfach nur eine – wie Sie Engländer sagen würden – kleine Indiskretion vertuschen?«
Alexia war diese Spielchen leid. Sie bedachte ihn mit einem Blick, der besagte, dass den Nächsten, der auch nur andeutete, sie könnte untreu gewesen sein, das Schlimmste erwartete, was ihr Sonnenschirm zu bieten hatte. Sie hatte gehofft, dass er etwas über ihren Zustand gewusst hätte, doch dann wäre seine Reaktion einen andere gewesen.
»Wie wäre es«, schlug sie in knappem Ton vor, »wenn Sie einfach voraussetzen, dass ich in dieser Angelegenheit die Wahrheit sage, und in Ruhe Ihre Theorien zu diesem Thema aufstellen, während wir uns von den Strapazen der Reise erholen?«
»Natürlich, natürlich! Sie sind guter Hoffnung, Sie brauchen Schlaf. Man stelle sich so etwas nur vor: eine Außernatürliche schwanger von einem Übernatürlichen! Ich muss sofort Nachforschungen anstellen. Wurde so etwas je versucht? Die Templer haben sicherlich niemals auch nur in Erwägung gezogen, Werwölfe mit Seelenlosen zu kreuzen. Schon allein die bloße Vorstellung! Erstaunlich, jawoll! Schließlich sind Sie wissenschaftliche Gegensätze, das jeweilige Gegenstück des anderen. Die Seltenheit weiblicher Exemplare bei beiden Spezies könnten der Grund sein, warum es keine entsprechenden Aufzeichnungen gibt. Aber wenn Sie die Wahrheit sagen, was wäre das für ein wundersames Phänomen, was für eine fabelhafte Abscheulichkeit!«
Alexia räusperte sich laut und legte eine Hand auf den Bauch und die andere auf ihren Sonnenschirm. Sie mochte dieses Kind zwar als lästig empfinden, es manchmal sogar verabscheuen, aber ein deutscher Gartenzwerg mit schlechtem Geschmack für Haustiere hatte nicht einmal ansatzweise das Recht, es eine Abscheulichkeit zu nennen. »Ich muss doch sehr bitten!«
Madame Lefoux erkannte diesen gewissen Unterton in Alexias Stimme, sprang auf, nahm Alexia bei der Hand und versuchte, ihre Freundin aus dem Zimmer zu ziehen.
Herr Lange-Wilsdorf hatte ein Notizbuch gezückt und kritzelte, Alexias Zorn völlig ignorierend, munter drauflos, während er unablässig vor sich hin murmelte.
»Wir suchen uns die Gästezimmer selbst, wollen wir?«, schlug die Französin vor, während Alexia wütend nach Luft
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