Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entflammte Nacht

Entflammte Nacht

Titel: Entflammte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
Vom Netzwerk:
noch mehr Kaffee umhereilten, ignorierten Alexia ebenso hartnäckig wie die Männer, die um sie herumsaßen. Also wirklich, allmählich kam es ihr vor, regelrecht unsichtbar zu sein. Verstohlen schnupperte sie an ihrer Achselhöhle. Müffelte sie vielleicht?
    Nur, um eine Theorie zu überprüfen und weil sie niemals etwas stillsitzend hinnahm – selbst wenn sie tatsächlich gerade saß –, rutschte Alexia die Bank entlang auf ihren nächsten italienischen Nachbarn zu und streckte die Hand in seine Richtung aus, als würde sie nach dem Brot greifen. Blitzschnell sprang er von der Bank auf und wich zurück, sah sie dabei allerdings immer noch nicht direkt an, sondern beobachtete ihre Bewegungen argwöhnisch aus den Augenwinkeln. Also ignorierten die Männer sie nicht einfach nur; sie mieden sie regelrecht.
    »Floote, was geht hier eigentlich vor? Halten die mich für ansteckend? Sollte ich ihnen vielleicht versichern, dass ich schon mit einer Nase dieser Größe geboren wurde?«
    Floote runzelte die Stirn. »Templer.« Er fing ein weiteres Tablett ab, das an Alexia vorbeigegangen wäre, und bot ihr etwas gedünstetes Gemüse an.
    »Ich wusste nicht, dass sie auf eine Seelenlose so extrem reagieren«, sagte Madame Lefoux. »Das ist skurril, aber ich nehme an, in Anbetracht ihres Glaubens …« Sie verstummte und betrachtete Alexia nachdenklich.
    »Was? Was habe ich getan?«
    »Etwas höchst Beleidigendes offensichtlich.«
    Floote schnaubte auf äußerst Floote-untypische Weise. »Sie wurden geboren!«
    Alexia beschloss, es den Templern einstweilen gleichzutun und sie ebenfalls zu ignorieren. Genüsslich machte sie sich über ihr Essen her. Das ungeborene Ungemach und sie schienen einen Kompromiss geschlossen zu haben.
    Alexia durfte nun morgens wieder etwas essen, im Gegenzug dafür empfand sie allmählich, wenn auch keine Zuneigung, dann doch zumindest Toleranz für das kleine Geschöpf in ihr.
    Auf ein weiteres Glockenläuten hin erhoben sich alle Männer und verließen ohne ein Wort des Abschieds, wie es die Höflichkeit erfordert hätte, nacheinander den Hof. Sogar der Bibelvorleser verschwand, und Alexia, Floote und Madame Lefoux blieben allein in dem riesigen Hof zurück.
    Obwohl es Alexia gelang, ihr Mahl zu beenden, bevor die Bediensteten alles forträumten, nahm keiner der Diener ihren nun doppelt benützten Teller mit. Ratlos machte sie sich daran, ihr Geschirr selbst abzuräumen, um es in die Küche zu tragen, doch Floote schüttelte ablehnend den Kopf.
    »Wenn Sie erlauben?« Er nahm den Teller, stand auf, tat drei schnelle Schritte und schleuderte ihn über die Hofmauer, wo er klirrend auf der Straße zerschellte. Dann machte er dasselbe mit Alexias Tasse.
    Mit offenem Mund starrte Alexia ihn an. War er auf einmal verrückt geworden? Warum zerstörte er völlig einwandfreie Töpferware?
    »Floote, was machen Sie da? Was hat Ihnen dieses Steingut denn angetan?«
    Floote seufzte. »Für die Templer sind Sie ein Gräuel, Madam. Sozusagen mit einem Fluch behaftet.«
    Madame Lefoux nickte verstehend. »Wie einer dieser Aussätzigen in Indien?«
    »Genau so, Madam. Alles, was mit dem Mund eines Außernatürlichen in Berührung gekommen ist, muss zerstört oder rituell gereinigt werden.«
    »Ach, um Himmels willen! Warum haben sie mich dann überhaupt hierhergebracht?« Nachdenklich runzelte Alexia die Stirn. »Und einer von ihnen muss mich den Alpenpass hinuntergetragen und ins Bett gesteckt haben.«
    »Ein professioneller Heger«, antwortete Floote knapp, als wäre das Erklärung genug.
    Madame Lefoux bedachte Floote mit einem sehr intensiven Blick. »Und wie lange arbeitete Alessandro Tarabotti für die Templer?«
    »Lange genug.«
    Auch Alexia musterte Floote streng. »Und wie lange taten Sie es?«
    Daraufhin wurde Flootes Miene unergründlich. Alexia kannte diese Haltung gut. Er nahm sie ein, wenn er sich verschloss wie eine Auster und noch zugeknöpfter als sonst wurde. Vage erinnerte sie sich daran, dass irgendeiner der Wissenschaftler während ihrer albtraumhaften Gefangenschaft im Hypocras Club etwas davon gesagt hatte, dass Seelenlose von den Templern als Agenten benutzt worden waren. Hatte ihr Vater wirklich so viel Schlechtigkeit besessen? Für ein Volk zu arbeiten, das ihn als nicht menschlich betrachtete? Konnte er das tatsächlich getan haben?
    Doch Alexia bekam nicht die Gelegenheit, Flootes harte, griesgrämige Schale zu knacken, denn jemand trat in den Hof und marschierte zielstrebig auf sie

Weitere Kostenlose Bücher