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Entflammte Nacht

Entflammte Nacht

Titel: Entflammte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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zu. Ein Templer, doch dieser schien sehr wohl in der Lage zu sein, Alexia ins Gesicht zu sehen.
    Der Mann trug praktische bürgerliche Kleidung, die durch ein weißes, ärmelloses Überhemd, auf das vorn ein rotes Kreuz gestickt war, ins Absurde verzerrt wurde. Diese Absurdität wurde durch die unheilvolle Präsenz eines besonders langen Schwertes etwas abgeschwächt.
    Als er näher kam, erhoben sich Alexia und Madame Lefoux von ihren Bänken. Dabei verfingen sich die Rüschen von Alexias Nachthemd ärgerlicherweise an dem rauen Holz. Sie riss sie los und zog den Morgenmantel enger um sich.
    Mit einem Blick an ihrer Aufmachung hinunter und dann wieder zurück zu dem näher kommenden Mann musste Alexia unwillkürlich grinsen. Wir sind ja alle im Nachtgewand!
    Dieser Templer trug außerdem noch einen so unansehnlichen Hut, dass er Ivys bevorzugtesten Errungenschaften Konkurrenz hätte machen können. Er war weiß und spitz, an der Vorderseite mit einem weiteren roten Kreuz geschmückt und an den Rändern mit Goldbrokat eingefasst.
    Floote trat an Alexias Seite, neigte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: »Was immer Sie auch tun, Madam, bitte erzählen Sie ihm nichts von dem Kind!« Dann straffte er sich und nahm seine steifste und butlerhafteste Haltung an.
    Als der Mann sie erreichte, verbeugte er sich leicht und zeigte seine Zähne. Das konnte doch unmöglich ein Lächeln sein, oder etwa doch? Er hatte sehr gerade weiße Zähne, und davon eine ganze Menge. »Willkommen in Italien, Tochter der Tarabotti-Linie.«
    »Sie sprechen mit mir?«, stieß Alexia dümmlich hervor.
    »Ich bin Präzeptor dieses Tempels hier in Florenz. Für meine unsterbliche Seele stellen Sie nur ein geringes Risiko dar. Natürlich werden fünf Tage der Reinigung und eine Beichte vonnöten sein, nachdem ich den Kontakt mit Ihnen beendet habe, aber … ja, bis dahin kann ich mit Ihnen sprechen.«
    Sein Englisch war einfach zu perfekt. »Sie sind kein Italiener, nicht wahr?«
    »Ich bin Templer.«
    Da sie nicht wusste, wie sie sich weiterhin zu verhalten hatte, griff Alexia auf Höflichkeit und Etikette zurück. Sie knickste, wobei sie versuchte, die flauschigen Pantoffeln unter dem Rüschensaum ihres Nachthemds zu verstecken. »Guten Tag. Erlauben Sie mir, Ihnen meine Begleiter vorzustellen: Madame Lefoux und Mr. Floote.«
    Der Präzeptor verbeugte sich ein zweites Mal. »Madame Lefoux, ich bin selbstverständlich mit Ihrer Arbeit vertraut. Ich fand Ihre jüngste Abhandlung über die notwendigen aerodynamischen Anpassungen zur Kompensation von Ätherströmungen sehr faszinierend.«
    Madame Lefoux wirkte weder geschmeichelt noch zu einem Plausch aufgelegt. »Sind Sie ein Mann Gottes oder ein Mann der Wissenschaft?«
    »Manchmal bin ich beides. Und Mr. Floote, sehr erfreut. Ich glaube, Ihr Name ist mir ebenfalls vertraut. Er wird in unseren Aufzeichnungen erwähnt, nicht wahr? Sie pflegen eine unerschütterliche Verbindung zur Tarabotti-Linie. Eine bemerkenswerte Loyalität, in deren Genuss Außernatürliche normalerweise nicht kommen.«
    Floote antwortete nichts darauf.
    »Wenn Sie mir nun bitte alle folgen würden?«
    Alexia sah ihre Begleiter an. Madame Lefoux zuckte mit den Schultern, und Floote wirkte nur ein wenig steifer als gewöhnlich, blinzelte allerdings beunruhigt.
    Dennoch blieb ihnen Alexias Meinung nach nichts anderes übrig, als einfach mitzuspielen.
    »Mit Vergnügen«, antwortete sie deshalb.
    Der Präzeptor führte sie durch den Tempel, wobei er unablässig mit sanfter, seidenweicher Stimme auf Alexia einredete.
    »Und wie gefällt Ihnen Italien, meine Seelenlose?«
    Alexia gefiel das besitzanzeigende Pronomen nicht, das er gebrauchte, dennoch entschied sie, seine Frage zu beantworten. Da sie bisher jedoch nicht allzu viel von dem Land gesehen hatte, gestaltete sich das schwierig. Sich daran erinnernd, was sie an diesem Morgen beim Blick aus dem Fenster erspäht hatte, sagte sie: »Es ist sehr orange, nicht wahr?«
    Der Präzeptor kicherte leise. »Ich hatte vergessen, wie außerordentlich nüchtern Seelenlose sind. Da befinden wir uns in Florenz, der romantischsten Stadt auf Gottes Erde, der Königin in der Welt der Künste, und sie findet sie orange!«
    »Nun ja, so ist es doch!« Alexia musterte ihn mit einem forschenden Blick. Sie wollte nicht die Einzige sein, die sich in der Defensive befand, deshalb sagte sie: »Irgendwo habe ich gelesen, dass die Templer ein Initiationsritual durchführen, für das eine tote Katze

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