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Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Titel: Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim Miské
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dieser Sam. Hätte ich nie gedacht.«
    »Okay. Gehen wir?«
    Bei Haqiqi geht es noch schneller. Benamer hat keine Lust mehr auf lange Reden. Er will einfach nur zum Ende kommen. Im Gegensatz zu Sam versteht der Imam beim ersten Blick, was die beiden Bullen von ihm wollen. Er hat kaum Zeit, tief einzuatmen, um einen lauten Schrei ausstoßen zu können, als sein Kopf auch schon an den Haaren zurückgerissen wird und Aïssas Laguiole die dargebotene Kehle durchtrennt. An der Tür steht Enkell und spricht das Epitaph:
    »Lass uns schlafen gehen. In weniger als fünf Stunden haben wir ein Businessmeeting in Charles-de-Gaulle.«

42
    Noch nie ist Rachels kleine Wohnung so voll gewesen. Jean, Bintou, Aïcha, Ruben, Mourad und Alpha. Die jungen Männer haben in Anwesenheit der beiden Lieutenants ihren Bericht über den Abend bei Sam wiederholt. Auf dem Revier werden sie ihn noch einmal wiederholen müssen und dann wieder und wieder beim Untersuchungsrichter. Jean ist mit einem Dienstwagen gekommen, was sich als durchaus sinnvoll herausstellt. Er fährt die drei jungen Männer zur Wache, Rachel wird auf dem Motorroller folgen. Sie nimmt zehn Euro aus der Brieftasche und drückt sie den jungen Frauen für ein Taxi in die Hand. Als Aïcha ablehnt, stopft sie ihr den Schein einfach in ihre Umhängehandtasche. Als schon alle an der Tür stehen, räuspert sich Ruben.
    »Es gibt da noch etwas, das ich Ihnen sagen oder besser zeigen muss.«
    Er öffnet die Faust und präsentiert den beiden Lieutenants eine nachtblaue Tablette.
    »Ich weiß nicht, warum, aber ich bin mir fast sicher, dass Laura deswegen getötet wurde.«
    Jean nimmt die Pille zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Was ist das denn für ein Zeug? Eine Art Ecstasy?«
    »Im Prinzip schon, allerdings viel stärker. Eine ganz neue Art von Droge. Wenn Sie das nehmen, haben Sie den Eindruck, Gott höchstpersönlich zu sein.«
    »Und woher hast du das Ding? Hast du es gekauft, oder dealst du damit?«
    »Vor zwei Monaten hat Rabbi Seror mich und ein paar andere Chassidim mit dem Auftrag losgeschickt, eine Ladung Tefillin, Torarollen und vom Rebbe in Brooklyn geweihte Mesusot abzuholen, und zwar in Niort.«
    Rachel zuckt zusammen.
    »In Niort? Bist du ganz sicher?«
    »Klar. Wer würde sich ein solches Ziel schon aus den Fingern saugen? Die Sache kam mir von Anfang an irgendwie komisch vor. Aber gut. Anordnungen des Rabbis hinterfragt man nun mal nicht. In der Villa, wo wir die Ware abholen sollten, wurden wir von einem ziemlich komischen Kauz erwartet. Er war um die sechzig und offenbar schrecklich nervös. Das ungute Gefühl blieb und wurde sogar noch stärker. Der Typ zeigte uns die Kisten, die wir in den Transporter laden sollten. Neben unserer Ladung standen noch viele andere Kartons. Einer war offen und enthielt ganze Stapel von Erwachet! , der Zeitschrift der Zeugen Jehovas. Der Typ erklärte uns, welche Kisten weniger zugänglich in die Mitte der Ladefläche platziert werden und welche wir näher an die Türen stellen sollten. Als wir auf dem Heimweg auf der Autobahn eine Pause einlegten und ich einen Moment allein im Auto war, öffnete ich eine der schlechter zugänglichen Kisten, wühlte darin herum und fand eine Plastiktüte voll mit diesen Tabletten. Seitdem haben wir die Tour schon dreimal gemacht. Die letzte Ladung befindet sich noch in einem Lagerhaus für koschere Lebensmittel, nicht allzu weit von hier in Richtung Porte de la Villette. Ich kann Sie hinbringen.«
    Jean und Rachel starren ihn entgeistert an. Mit einem Mal bekommt der Mord an Laura eine ganz andere Dimension. Also nichts wie los – erst aufs Revier, die Aussagen aufnehmen. Danach muss Mercator informiert und ein Besuch in diesem Lagerhaus organisiert werden.

43
    Mohamed und Ahmed haben viel geredet und viel geraucht. Jetzt begutachten sie die Glock. An die sind sie auf merkwürdig einfache Weise gekommen. Auf dem Heimweg von seinem Treffen mit Rachel und Jean im MK2 Quai de Seine ist Ahmed noch kurz bei Monsieur Paul vorbeigegangen. Der alte Mann fragte, wie es Ahmed seit dem Morgen ergangen sei. Nach dem Bericht von seinem Besuch bei Sam schwieg der alte Buchhändler eine Weile mit sorgenvoller Miene. Schließlich wühlte er in der untersten Schublade seines Schreibtischs und förderte die Waffe zutage.
    »Nimm sie. Du kannst sie vielleicht brauchen.«
    »Was wollen Sie nur mit diesem Ding?«
    »Oh, ich habe sie von einem serbischen Kunden, der mir noch etwas schuldete. Er hat sie mir als Pfand

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