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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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aufschreien mögen.
    Das alles spielte sich an der Seite ab, wo Alan lauerte, und ich glaubte schon, mein Anteil am Kampf sei überstanden, als ich bemerkte, daß jemand leise auf das Kajütendach kletterte.
    Ein kurzer Pfiff aus der Seemannspfeife war dann das Signal zum Angriff. Eine Gruppe stürzte, mit Dolchmessern bewaffnet, auf die Tür los, im gleichen Augenblick zerbarst das Oberlichtfenster in tausend Scherben. Ein Mann sprang herunter in die Kajüte und landete auf dem Fußboden. Ehe er auf die Beine kommen konnte, saß ihm mein Pistolenlauf im Rücken, und ich hätte ihn erschießen können, aber bei der Berührung dieses lebenden Körpers erwachte in mir ein solcher Widerwille, daß ich ebensowenig losdrücken wie entfliehen konnte. Er hatte beim Stürzen sein Dolchmesser fallen lassen. Als er die Pistole im Rücken fühlte, fuhr er mit einem Fluch herum und packte mich. Das entfachte entweder meinen Mut von neuem, oder aber ich bekam so schreckliche Angst – was auf das gleiche hinauskam –, daß ich ihm eine Kugel mitten durch den Leib jagte. Er stöhnte entsetzlich auf und sank zusammen. Wenige Sekunden später trat mir ein zweiter Eindringling, dessen Beine durch das Oberlicht herunterhingen, auf den Kopf. Ich riß eine andere Pistole an mich und traf diesen Angreifer in die Hüfte. Er glitt herab und fiel wie ein Sack auf seinen am Boden liegenden Gefährten. Mir war es ganz gleich, was jetzt wurde, ich hatte keine Zeit zum Zielen, bohrte ihm den Lauf in die Seite und schoß wieder, ohne zu zögern.
    Ich hätte wohl lange Zeit dagestanden und die beiden angestarrt, aber Alan schrie um Hilfe, und das brachte mich wieder zur Besinnung.
    Alan hatte die Tür ständig verteidigt. Doch während er die Angreifer abwehrte, war einer von ihnen durchgeschlüpft und hatte ihn von hinten gepackt. Alan hämmerte mit der Linken auf den Kerl ein, aber der hing wie ein Blutegel an ihm. Ein zweiter war eingedrungen und schwang sein Dolchmesser. In der Tür tauchten gleichzeitig mehrere Gesichter auf. Nun hielt ich uns für verloren, packte aber mein Messer fester und griff in der Flanke an.
    Doch kam ich nicht mehr dazu, Alan wirklich zu helfen, denn der, welcher sich an ihn geklammert hatte, ließ ihn endlich los. Alan sprang mit einem großen Satz zurück, nahm einen Anlauf und stürzte sich wie ein wütender Stier mit lautem Gebrüll auf die Angreifer. Sie zerstoben bei diesem Anprall wie aufspritzendes Wasser, kugelten in der Hast, lebend davonzukommen, einer über den anderen, während der Degen in Alans Hand, wie Quecksilber aufblitzend, bald hier, bald dort auf den Haufen der fliehenden Gegner einschlug. Jedesmal, wenn der Degen funkelnd durch die Luft fuhr, gellte der Aufschrei eines Getroffenen. Ich dachte noch immer, wir seien verloren. Aber siehe da, alle waren weg, und Alan trieb sie über das Deck vor sich her wie der Schäferhund die Schafherde.
    Er war so schnell wieder drinnen, wie er draußen gewesen war, denn seine Vorsicht war ebenso groß wie seine Tapferkeit, aber die Matrosen liefen weiter, als sei ihnen Alan immer noch auf den Fersen. Wir hörten, wie sie holterdiepolter ins Vorderkastell hinuntertaumelten und die Falltür knallend hinter dem letzten zufiel.
    In der Kajüte sah es aus wie im Schlachthaus. Drei Tote lagen drinnen und ein Sterbender auf der Türschwelle. Aber Alan und ich waren siegreich und unverletzt. Mit weitgeöffneten Armen kam Alan auf mich zu.
    »Komm an mein Herz!« rief er und umarmte mich stürmisch.
    »David«, sagte er, »ich liebe dich wie einen Bruder. Und sag mir, Junge«, rief er im Überschwang seiner Freude, »bin ich nicht ein großartiger Fechter?«
    Dann wandte er sich den vier Toten zu und schleuderte sie nacheinander zur Kajüte hinaus. Dabei summte er ein Liedchen vor sich hin oder, richtiger, er pfiff und sang einzelne Takte und war, wie mir schien, bemüht, sich eine Weise ins Gedächtnis zu rufen. In Wirklichkeit ersann er, wie ich später erfuhr, eine völlig neue Melodie. Dabei war sein Gesicht die ganze Zeit gerötet wie im Fieber, und seine Augen strahlten wie die eines fünfjährigen Kindes, das eben ein neues Spielzeug bekommen hat. Schließlich nahm er, immer noch den Degen in der Hand, am Tische Platz. Die Melodie, die er zu komponieren versuchte, hatte Gestalt gewonnen und wurde immer deutlicher, bis er plötzlich laut lossang. Es war ein Lied in gälischer Sprache.
    Ich habe es übersetzt und schreibe die Worte hier auf. Zum Reimen fehlt mir

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