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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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richtige Angst hatte, aber mein Herz schlug wie das eines Vogels: ganz leise und zugleich sehr schnell. Vor meinen Augen war so etwas wie ein Schleier, den ich immerzu fortreißen mußte, doch im nächsten Augenblick war er wieder da. Ich hatte nicht die geringste Hoffnung; im Gegenteil, finstere Verzweiflung erfüllte mich und ein Zorn auf die ganze Welt, der in mir den Wunsch weckte, mein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Ich erinnere mich auch, daß ich zu beten versuchte, aber keinen klaren Gedanken fassen konnte. Mir war zumute wie einem hastig Flüchtenden, und kein Wort wollte sich einstellen. Nur das eine wünschte ich: Es sollte losgehen und bald vorüber sein.
    Und plötzlich begann es, mit dem lauten Gestampfe vieler Füße und mit schrillem Gebrüll. Dann hörte ich Alans Stimme, Schläge klatschten, und jemand schrie vor Schmerz auf. Über meine Schulter weg sah ich, wie Mr. Shuan und Mr. Alan auf der Türschwelle die Klingen kreuzten.
    »Der da hat den Schiffsjungen umgebracht!« rief ich Alan zu.
    »Paß auf dein Fenster auf!« schrie Alan zurück.
    Während ich ihm gehorchte und mich umwandte, sah ich gerade noch, wie Alans Degen den Ersten Offizier durchbohrte.
    Es war höchste Zeit, mich um meine Aufgaben zu kümmern, denn kaum hatte ich mich umgedreht, da bemerkte ich, wie fünf Männer mit einer Rahe als Rammbock an dem Fenster vorbeiliefen in der Absicht, die Tür zu zertrümmern. Ich hatte bis dahin noch nie in meinem Leben eine Pistole abgefeuert und nur ganz selten eine Büchse, noch nie hatte ich auf einen Mitmenschen geschossen, aber jetzt mußte es sein. Als sie die Rahe hochhoben, um damit loszuschlagen, feuerte ich in die Gruppe hinein und schrie: »Da, nehmt das!«
    Ich mußte einen der Männer getroffen haben, denn er schrie laut auf und taumelte. Die anderen, aus dem Konzept gebracht, hielten verwirrt inne. Ehe sie Zeit hatten, wieder zu sich zu kommen, flog meine zweite Kugel über ihre Köpfe hinweg, und nach meinem dritten Schuß, der ebensowenig getroffen hatte wie der vorhergehende, ließ die ganze Bande den Balken fallen und rannte davon.
    Nun schaute ich mich wieder um. Von meiner Schießerei war die Kajüte voller Rauch, und in meinen Ohren dröhnte noch das Krachen der Schüsse; das Trommelfell war mir beinah geplatzt. Aber Alan stand aufrecht wie zuvor, nur war sein Degen vom Schaft bis zur Spitze blutbeschmiert. Er stand triumphierend in so wunderbarer Haltung da, daß er mir unbesiegbar vorkam. Dicht vor ihm kauerte Mr. Shuan, dem das Blut aus dem Munde schoß. Mit kalkweißem Gesicht sackte er zusammen, und noch während ich hinsah, zerrte ihn von draußen jemand aus der Kajüte. Während das geschah, starb er wohl.
    »Da habt Ihr einen von Euren Whigs!« schrie Alan. Dann wandte er sich mir zu und wollte wissen, ob ich viele erledigt hätte.
    Ich sagte ihm, daß wohl einer getroffen sei, wahrscheinlich der Kapitän.
    »Und ich habe zwei zum Schweigen gebracht«, sagte er. »Es ist aber noch nicht genug Blut geflossen, sie werden bald wieder hier sein. Marsch, auf deinen Posten, David; das war nur die Vorspeise.«
    Ich setzte mich wieder in Positur, lud die drei Pistolen, die ich abgefeuert hatte, neu und sperrte Augen und Ohren auf.
    Nicht weit von uns entfernt stritten unsere Gegner an Deck miteinander, und zwar so laut, daß ich in dem Meeresrauschen einige Worte auffing. Ich hörte sagen: »Shuan war es, der die Sache verpfuscht hat.«
    Darauf antwortete jemand: »Sei still, Mensch, den hat’s erwischt!«
    Dann wurde wieder geflüstert wie zuvor. Jetzt sprach nur einer; er schien einen neuen Schlachtplan zu entwickeln. Es antwortete erst einer und dann ein anderer, ganz kurz, wie auf einen Befehl. Daraus schloß ich, daß sie bald wieder dasein würden.
    Als ich Alan das sagte, rief er: »Gott gebe es; wenn wir ihnen jetzt nicht ein für allemal eine Lektion erteilen, wird in dieser Nacht keiner von uns beiden zum Schlafen kommen. Mach dich darauf gefaßt, David, diesmal wird es Ernst.«
    Indessen hatte ich meine Pistolen neu geladen und konnte nun nur noch abwarten und lauschen. Während des Angriffs hatte ich keine Zeit gehabt, darüber nachzusinnen, ob ich mich fürchtete. Jetzt aber, da alles ruhig war, dachte ich an nichts anderes. Als ich dann gleich darauf Schritte hörte und vernahm, wie die Kleider der Männer raschelnd die Wände der Kajüte streiften, wußte ich, daß sie da draußen im Dunkeln ihre Plätze wieder einnahmen, und hätte laut

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