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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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erforderlich; dann fuhr er fort: »Die Dinge liegen so: Appin ist für uns der sichere Tod. Im Süden herrschen überall Campbells, also kommt der auch nicht in Frage. Und der Norden? Wir gewinnen beide nichts dabei, weder du noch ich, wenn wir nach Norden ziehen, denn du willst nach Queensferry und ich nach Frankreich. Also müssen wir uns für den Osten entscheiden.«
    »Na also«, rief ich munter, »gehen wir nach Osten«, dachte aber bei mir: Guter Mann, wenn du nur in die eine Kompaßrichtung ziehen und mich in die andere wandern lassen wolltest, dann wäre uns beiden geholfen.
    »Schön«, erwiderte Alan, »aber siehst du, im Osten geraten wir in das Moor, und wenn wir erst da drin sind, dann ist es das reine Glücksspiel. Wo sollen wir uns auf der kahlen Ebene verstecken? Wohin sollen wir uns im Falle der Gefahr wenden? Laß die Rotröcke einen Bergrücken erklimmen, und sie können uns aus meilenweiter Entfernung sehen. Am schlimmsten aber ist, daß sie uns auf ihren flinken Pferden bald umkreisen würden. Das Moorgebiet ist keine gute Gegend für uns, David, und am Tage ist es noch gefährlicher als bei Nacht.«
    »Alan, hört Euch mal meine Meinung an«, sagte ich. »Appin bedeutet den Tod für uns; wir haben wenig Geld und nicht allzuviel Hafermehl. Je länger sie nach uns suchen, desto eher werden sie erraten können, wo wir sind. Gefahren drohen uns überall. Ich bin dafür, weiterzulaufen, bis wir umfallen.«
    Alan war begeistert.
    »Es gibt Zeiten«, meinte er, »da bist du zu vorsichtig und zu ›whigisch‹, möchte ich sagen, als daß du für einen Mann von meiner Art der richtige Umgang sein könntest. Aber zu anderen Zeiten, wenn du dich als ein ganzer Kerl erweist, liebe ich dich wie einen Bruder, David.«
    Der Nebel stieg und verschwand allmählich, und wir sahen jetzt, daß die Ebene verlassen wie das Meer vor uns lag. Nur Moorvögel und Lachmöwen flogen kreischend darüber hin. Im Osten bewegten sich ein paar verstreute Punkte; es war eine Herde Rotwild. Weite Strecken waren mit blühendem Heidekraut bedeckt, der übrige Teil mit Morast, Moorsümpfen und leuchtenden Lachen. Stellenweise war das Heidekraut von einem Brand schwarz verkohlt. An anderen Stellen ragten dürre Tannen wie Skelette empor. Man konnte sich keine trostlosere Einöde vorstellen; doch wenigstens war sie frei von Soldaten, und das war für uns die Hauptsache.
    So stiegen wir, wie vereinbart, in die Ebene hinunter und begannen unsere mühselige, schwierige und an Umwegen reiche Wanderung in östlicher Richtung.
    Wir waren, wie der Leser sich erinnern wird, rings von Berggipfeln umgeben, von wo aus wir jederzeit erspäht werden konnten. Daher galt es, in den tiefer gelegenen Mulden des Moorgebietes zu bleiben und, wenn diese Stellen uns zu weit von unserem Wege abbrachten, mit unendlicher Vorsicht über die kahlen erhöhten Strecken wegzukommen. Manchmal mußten wir wie Jäger, die einem scheuen Wild auf der Spur sind, eine halbe Stunde lang von einem Heidegestrüpp zum anderen kriechen. Es war wieder ein klarer Tag, und die Sonne brannte. Das Wasser aus unserer Schnapsflasche war bald ausgetrunken. Hätte ich vorher gewußt, was es bedeutet, die Hälfte der Zeit auf dem Bauch zu rutschen und die andere Hälfte gebückt in halb kniender Stellung vorwärts zu kriechen, hätte ich mich bestimmt nicht auf dieses mörderische Unternehmen eingelassen.
    Der ganze Vormittag verging, indem wir uns weiterquälten, rasteten und weiterquälten. Gegen Mittag streckten wir uns im dichten Heidekraut aus, um zu schlafen. Alan übernahm als erster die Wache. Als ich aufgerüttelt wurde, um die zweite Runde zu übernehmen, schien es mir, als hätte ich die Augen eben erst zugemacht.
    Eine Uhr hatten wir nicht; statt dessen steckte Alan einen Heidekrautzweig in den Erdboden; sobald er in einem bestimmten östlichen Winkel einen Schatten bilde, sei es Zeit für mich, ihn zu wecken, sagte er.
    Ich war allmählich so müde geworden, daß ich zwölf Stunden hintereinander hätte schlafen können. Mein Kopf war wie benommen. Die einzelnen Glieder schliefen schon, obwohl mein Geist noch wach war. Der Duft des sonnendurchwärmten Heidekrautes, das Summen der wilden Bienen – alles wirkte betäubend auf mich. Immer wieder schreckte ich auf und merkte, daß ich dem Einschlafen nahe war.
    Als ich wieder einmal wie aus tiefer Bewußtlosigkeit hochfuhr, schien ich von sehr weit her zu kommen. Die Sonne hatte indessen, wie ich voller Entsetzen

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