Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)
außerdem sähe ich schön aus, wenn ich mit einer schottischen Kappe auf dem Kopfe nach Frankreich käme.«
Dieses Gespräch brachte mich auf einen neuen Gedanken. Wenn ich mich von Alan in seiner verräterischen Kleidung trennte, wäre ich gegen eine Verhaftung gefeit und könnte mich ruhig überall sehen lassen. Und das war noch nicht alles; denn ich nahm überdies an, wenn ich allein aufgegriffen würde, könnte man wenig gegen mich vorbringen; sollte ich aber gemeinsam mit einem berüchtigten Mörder ergriffen werden, so konnte es schlimm für mich ausgehen. Anstandshalber wagte ich nicht, diese Überlegungen laut zu äußern, aber in Gedanken beschäftigten sie mich sehr.
Ich dachte um so mehr an diese Möglichkeit, als John Breck eine grüne Börse mit vier goldenen Guineen zum Vorschein brachte und noch ein weiteres Pfund in kleinerer Münze.
Gewiß, es war mehr, als ich bei mir trug, aber Alan mußte mit knapp fünf Guineen bis Frankreich kommen und ich mit meinen ungefähr zwei Pfund nur bis Queensferry, so daß, wenn man eines gegen das andere abwog, durch das Zusammensein mit Alan nicht nur mein Leben gefährdet, sondern auch mein Geldbeutel geschmälert würde.
Meinem wackeren Freunde kamen derartige Erwägungen nicht in den Sinn. Er war fest davon überzeugt, daß er mir nützlich sei, mir helfe und mich beschütze. Was blieb mir anderes übrig, als zu schweigen und trotz meiner Bedenken ingrimmig das Risiko auf mich zu nehmen.
»Es ist wenig genug«, sagte Alan und steckte die Börse in die Tasche, »aber es wird schon reichen; und nun, John Breck, wenn du so gut sein würdest, mir meinen silbernen Knopf zurückzugeben, dann werden dieser junge Mann und ich machen, daß wir weiterkommen.«
Aber der Gefragte kramte vergeblich in seinem Felleisen, das ihm nach der Art der Hochländer vor der Brust hing; im übrigen trug er, wie die Leute an der Küste, Seemannshosen.
Er verdrehte auf seltsame Weise die Augen und sagte schließlich: »Sie werd’ ich wohl verloren haben.«
Womit er anscheinend sagen wollte, der Knopf sei ihm abhanden gekommen.
»Was«, schrie Alan, »du hast den Knopf verloren, der von meinem Vater stammt? Ich will dir sagen, was ich davon halte: John Breck, ich glaube, das ist das schlechteste Tagewerk, das du seit deiner Geburt vollbracht hast!«
Alan hatte, während er sprach, die Hände auf die Knie gestützt und sah den Bauern mit einem Lächeln und einem Augenausdruck an, der für den Betroffenen, besonders aber für seine Gegner, niemals etwas Gutes ahnen ließ.
Vielleicht meinte der Mann es aufrichtig, vielleicht hatte er aber auch einen kleinen Betrug beabsichtigt. Als er uns beiden nun allein in dieser Einöde gegenüberstand, hielt er es wohl für besser, ehrlich zu sein, jedenfalls fand er plötzlich den silbernen Knopf und gab ihn Alan.
»Je nun, das ist eine Ehrenrettung für die Sippe der Maccolls«, sagte Alan, zu mir gewandt. »Hier ist ja mein Knopf glücklich wieder, und ich danke dir, daß du dich davon getrennt hast, David, denn er hat unsere Freundschaft besiegelt.«
Von John Breck verabschiedete Alan sich aufs herzlichste.
»Du hast mir sehr geholfen«, rief er, »und hast dein Leben für mich eingesetzt. Ich werde von dir immer als von einem braven Manne sprechen!«
Schließlich entfernte sich der Hochländer nach der einen Richtung, während Alan und ich, nachdem wir unseren Kram zusammengesucht hatten, in eine andere aufbrachen, um die Flucht fortzusetzen.
XXII. Flucht durch die Heide
Im Moor
Sieben Stunden pausenloser mühevoller Wanderung brachten uns am frühen Morgen zu den Ausläufern einer Gebirgskette.
Zu unseren Füßen lag ein zerklüftetes flaches verlassenes Gebiet, das wir jetzt durchqueren mußten. Die Sonne war eben erst aufgegangen und schien uns direkt in die Augen. Aus dem Moor stieg dünner Nebel wie Rauch auf, was Alan veranlaßte zu sagen: »Da unten könnten sich zwanzig Schwadronen aufhalten, ohne daß wir es merken würden.«
Wir setzten uns daher am Berghang in einem Felsspalt nieder, kochten einen Mehlbrei und hielten erst einmal Kriegsrat.
»David«, meinte Alan, »wir sind in einer kitzligen Lage. Wollen wir hier bleiben, bis es dunkel wird, oder sollten wir es wagen, sogleich weiterzuwandern?«
»Je nun«, erwiderte ich, »ich bin zwar müde, aber wenn es darauf ankäme, könnte ich noch einmal so weit laufen wie heute nacht.«
Das sei nicht nötig, meinte Alan, nicht einmal die Hälfte des Weges sei
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