Entfuehrt
wohl die Rippen gebrochen waren. Es sah aus, als habe man sie getreten. Zwischen zusammengebissenen Zähnen sog er die Luft ein und wünschte, er könnte die Männer finden, die ihr das angetan hatten. Jeden einzelnen.
Sie starrte zu ihm auf, als könne sie seine Gedanken lesen. Er knöpfte die Jacke zu, um ihren Körper notdürftig zu bedecken.
Die Jacke reichte nur bis zur Mitte ihrer Oberschenkel, aber schon das führte bei ihr zu einer deutlichen Entspannung. Jake zog ein sauberes T-Shirt aus seinem Gepäck. Eins der wenigen, die er noch besaß, nachdem sie gezwungen gewesen waren, fast alles außer ihrer Kampfausrüstung zurückzulassen und sich zur Grenze durchzuschlagen.
»Dr. Markham, ich würde Ihnen gern das hier anziehen«, sagte er. Sie blickte ihn leicht verwirrt an. »Ich habe keine Hose für Sie, aber ich kann Ihnen das hier anlegen, damit Sie wenigstens bedeckt sind.«
»Ihr Name?«, fragte sie.
»Ich bin Lieutenant Junior Grade Jake Hansen«, antwortete er. »Und das ist Fähnrich Nick Devane.«
Sie nickte, und Jake schob das T-Shirt zwischen ihre Beine und verknotete es fest um ihre Hüften. Sie ließ ihn nicht eine Sekunde lang aus den Augen, und er nahm so oft wie möglich Blickkontakt mit ihr auf.
»Sie müssen was trinken«, erklärte er ihr, sobald er die Jacke wieder nach unten geschoben hatte.
»Ja«, antwortete sie.
Er half ihr auf die rechte Seite, und sie stützte sich auf ihren Arm. Dann bot er ihr Wasser aus seiner Feldflasche an, das sie in kleinen Schlucken trank. Sie atmete schneller, während sie versuchte, die Flüssigkeit aufzunehmen. Er würde ihr eine Infusion legen müssen. Er konnte ihr auch eine geringe Dosis Morphium gegen die Schmerzen verabreichen, wenn sie ihm vorher half, Verletzungen im Bauchraum auszuschließen. Sie brauchte etwas gegen die Schmerzen, wenn sie gezwungen waren, sie auch nur über eine kurze Distanz zu transportieren, denn es bestand wohl kaum die Möglichkeit, dass sie selbst laufen konnte.
»Dr. Markham, wir müssen Sie auf jeden Fall von hier wegbringen«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. Verdammt.
Nick war inzwischen zur Tür gegangen und versuchte, mit dem Team Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, wie viel Zeit – wenn überhaupt – ihnen blieb, um außer Reichweite der immer wieder aufflammenden Gefechte zu kommen. Im Moment war alles ruhig, und das beunruhigte Jake mehr, als wenn sie Beschuss ausgesetzt gewesen wären. Wenn es zu ruhig war, deutete das immer auf baldige Probleme hin.
Nick winkte Jake zu sich heran.
»Ich bin sofort wieder da«, beruhigte Jake Isabelle. Sie griff nach seinem Handgelenk. »Ich gehe nicht fort – ich gehe nur dort rüber. Sie können mich die ganze Zeit sehen«, versicherte er ihr. Sie ließ ihn nicht aus den Augen.
»Was ist los?«
»Kein Empfang«, sagte Nick. »Einer von uns muss sich auf den Weg machen und Hilfe holen. Es sei denn, du willst eine Trage bauen.«
Das war eine Möglichkeit – vermutlich auch die einfachere. Aber für Isabelle war es nicht die beste Lösung. Sie müssten stets in ihrer Nähe bleiben, und wenn sie unterwegs überrascht wurden, würde es sich als schwierig erweisen, sie zu beschützen.
»Ich bleibe«, erklärte Jake, und Nick, der sein bester Freund und Bruder war, schaute ihn an. »Komm schon, Alter, das ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um den großen Bruder raushängen zu lassen. Im Übrigen stehe ich im Rang höher als du.«
»Arschloch«, murmelte Nick, aber er widersetzte sich nicht. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Das Rendezvous mit dem Heli war um 0500. Nur noch drei kurze Stunden. Isabelle hierzubehalten, war der einfachste Weg. Hier war sie am sichersten, zumal die Rebellen glaubten, dass sie bereits tot war.
»Schaff sie wenigstens dort an die Seite, damit sie nicht durch die Tür zu sehen ist«, sagte Nick.
»Ich mach das schon. Jetzt geh, sonst verlierst du den Schutz der Dunkelheit«, erwiderte Jake. Eine Sekunde lang pressten die beiden Männer ihre Hände ineinander, Faust an Faust in jener vertrauten Geste, die sie machten, seit sie acht Jahre alt waren. Dann schlich Nick durch die Tür, und innerhalb weniger Sekunden verlor Jake ihn aus den Augen.
Sofort wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Isabelle zu.
»Ich lege Ihnen jetzt eine Infusion und gebe Ihnen etwas Morphium. Dann trage ich Sie da drüben in die Ecke«, erklärte er, als er sich wieder neben sie hockte.
Sie nickte und beobachtete ihn, während er die Infusion vorbereitete
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