Entfuehrung nach Gretna Green
nicht heiraten wollte, gefiel es ihm auch nicht, zurückgewiesen zu werden. Für einen Augenblick hatte er das Gefühl, etwas Kostbares verloren zu haben, an das er nun voller Sehnsucht zurückdachte.
Mehr als alles andere wollte er diese Frau an sich reißen, sie auf das Sofa werfen, ihre Röcke hochschieben und sich in ihrem weichen Körper vergraben. Sie war bereit für ihn gewesen, und noch jetzt schwirrte die Luft von ihrem gegenseitigen Begehren.
Innerlich verfluchte er den Grog, den Schneesturm und die Enge im Gasthaus, die Venetia und ihm auf gezwungen worden war. Er wünschte sich, die Wahl zu haben, doch er hatte sie nicht. Wenn er zugelassen hätte, dass die Verlockung zwischen ihnen sich in besinnungslose Leidenschaft verwandelte, hätte sie das auf einen Weg gebracht, auf dem ihre Freundschaft für immer zerstört worden wäre.
Dennoch war es furchtbar schwierig gewesen, sie loszulassen. Venetia hätte sich nicht gegen die Leidenschaft gewehrt, die drohte, sie beide völlig zu verschlingen. Doch was wäre danach gewesen? Nachdem er tief durchgeatmet hatte, verdrängte Gregor seine lüsternen Gedanken und wandte sich von Venetia ab, um wieder zu sich selbst zu finden.
Die Kälte, die plötzlich im Zimmer herrschte, drang durch seine Kleider, während er zum Fenster ging und die Vorhänge zurückzog. Erleichtert stellte er fest, dass Chambers und Ravenscroft draußen nicht mehr zu sehen waren. Er stützte eine Hand auf das Fensterbrett und lehnte seine Stirn gegen das kühle Glas, während sein ganzer Körper immer noch bebte, weil er sich der Anwesenheit der Frau, die still hinter ihm stand, nur allzu bewusst war.
Als schließlich Gregors Hände aufgehört hatten zu zittern, und seine Lenden seinem Gehirn wieder erlaubten zu arbeiten, richtete er sich auf und wandte sich um. „Venetia, ich ..."
Die Tür wurde aufgestoßen, und Ravenscroft stand wankend im Türrahmen, von Kopf bis Fuß mit Schnee bedeckt. Hinter ihm drückte sich ängstlich Chambers herum.
„Was wollen Sie?“, fragte Venetia stirnrunzelnd.
Mit wutverzerrtem Gesicht trat Ravenscroft ins Zimmer. Als sich sein Fuß in etwas verfing, blieb er stehen und schaute hinunter zum Boden. Sein Stiefel stand auf Gregors Weste.
Gregor trat hastig auf ihn zu. „Es ist nicht so ... “
Doch Ravenscroft unterbrach ihn mit einem wütenden Aufschrei, der durchs ganze Gasthaus hallte. „MacLean, Sie Unhold! Sie haben sie verführt! Ich verlange Satisfaktion!“
Viel weiter südlich tauchte London langsam wieder unter der dicken Schneedecke auf, die das Unwetter hinterlassen hatte. Nach fast vier Tagen zeigten sich die Einwohner der Stadt allmählich wieder auf den Straßen. Pferde, Kutschen und Karren holperten und rutschten die Fahrbahnen entlang, vorbei an Schneebergen, über festgetretenes Eis und durch Schlammpfützen.
Exakt um halb sechs Uhr nachmittags fuhr eine prachtvolle, sechsspännige Kutsche bei White's vor. Auf ihrem Schlag glitzerte eine mit Goldfarbe gemalte Krone in den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Der Butler des Herrenclubs, Mr. Brown, der die Ankunft der Kutsche durchs Fenster beobachtet hatte, klatschte in die Hände und schickte einen Diener los, um den Koch darüber zu informieren, dass der letzte Gast zu der privaten Party im Speisesaal eingetroffen war. Dann strich Mr. Brown seine Jacke glatt und riss die riesigen Türen aus Eichenholz auf.
Lord Dougal MacLean blieb unter dem Vordach stehen und schnipste eine winzige Fluse von seinem Ärmel. Inzwischen wartete Mr. Brown geduldig. MacLean gehörte zu den anerkannten Vorbildern, was die Mode der höheren Gesellschaft Londons anging, und es war leicht zu erkennen, warum das so war. Seine Weste war aus tiefrotem Damast, durchwirkt mit Silberfäden und verziert mit kunstvoll gefertigten Silberknöpfen. Seine Krawatte war zu einem komplizierten Knoten gebunden, dessen Geheimnis Lord MacLean sich weigerte zu lüften, sehr zum Kummer derjenigen, die ihn nachahmen wollten. Enge schwarze Hosen betonten seine muskulösen Beine, und ein einzelner Smaragd, der exakt dasselbe Grün hatte wie seine Augen, glitzerte an seiner Hand.
Jede Einzelheit seiner Kleidung unterstrich perfekt seinen durchtrainierten Körper und sein blondes Haar. Es gab nicht wenige Damen in London, die jedes Mal sehnsüchtig seufzten, sobald Dougal MacLean ihren Weg kreuzte.
„Guten Abend, Brown“, begrüßte der ehrenwerte junge Mann den Butler, während er seine Handschuhe abstreifte. „Sind meine
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