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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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diese idiotische Frage sofort. Übertriebene Unruhe der Eltern pflegte in Erfüllung zu gehen. Glücklicherweise schien Sanna an etwas anderes zu denken. Ausnahmsweise kaute sie recht schnell und rutschte rastlos auf ihrem Stuhl hin und her.

    »Fertig«, teilte sie mit und erhob sich.
    Sie stellte ihren Teller auf die Spüle und kehrte zu ihrem Video zurück.
    Mike räumte die Küche auf, und das schlechte Gewissen von Eltern, die ihre Kinder vor dem Fernseher parken, überfiel ihn. Er ging ins Wohnzimmer und setzte sich neben seine Tochter aufs Sofa. Ein Zeichentrickfilm. Sanna hatte ihn schon oft gesehen und konnte ihn auswendig. Aus irgendeinem Grund sah sie am liebsten Filme, die sie bereits kannte. Als ob die größte Freude darin bestünde, zu wissen, was sie erwartete.
    »Was gleich kommt, ist so super«, teilte sie mit, schmiegte sich an Mike und lachte über die lustige Szene, die gleich kommen würde. Mike seinerseits freute sich über den Luxus, neben seiner Tochter zu sitzen und sich diesen idiotischen Film anzusehen, der sonst spurlos an ihm vorübergegangen wäre.
    »Spielen wir was?«, fragte Sanna beim Nachspann.
    »Klar.«
    Sanna holte einen Stapel Spiele, die sich alle auf verschiedene Zeichentrickfilme bezogen. Die Regeln waren kompliziert und der Unterhaltungswert gleich null.
    »Wollen wir nicht lieber einen Turm bauen?«
    »Du willst immer einen Turm bauen.«
    »Ich mag Türme.«
    »Meinetwegen.«
    Sanna seufzte, legte die Schachteln mit den Spielen an ihren Platz zurück und kam mit einem großen Kasten mit Bauklötzen in verschiedenen Größen zurück.

    Es ging darum, einen so hohen Turm wie möglich zu bauen. Man legte abwechselnd einen Klotz, und wer den Turm zum Einsturz brachte, hatte verloren. Mike achtete darauf, glaubwürdig zu verlieren. Für Eltern, die ihre Kinder verlieren ließen, hatte er nichts übrig.
    Er hatte diese Frage mit einigen seiner Kollegen diskutiert. Einer von ihnen weigerte sich, seine Kinder gewinnen zu lassen. Das sei das einzig Richtige, meinte er, denn einer seiner Söhne sei kürzlich in die Nationalmannschaft der Handballjunioren aufgenommen worden.
    Mike verstand diese Argumentation nicht. Außerdem begriff er nicht, was an der Juniornationalmannschaft so erstrebenswert war.
    Sanna und er bauten Türme, bis es Zeit zum Zubettgehen war.
    »Wann kommt Mama?«, fragte Sanna und kuschelte sich unter der Decke zurecht.
    »Bald«, erwiderte Mike.
    »Wie bald?«
    »Sehr bald.«
    »Ich will wach bleiben, bis sie kommt.«
    »Das geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich nicht genau weiß, wann sie kommt. Aber wenn du morgen früh aufwachst, dann liegt sie in ihrem Bett, versprochen. Aber dann musst du leise sein, denn Mama ist sicher müde.«

    Ylva blieb im Bett liegen. Sie hatte nicht die Kraft aufzustehen. Vor ein paar Stunden hatte sie ihren Arbeitskollegen ein schönes Wochenende gewünscht und war zum Bus gegangen, um nach Hause zu fahren. Der Mann und die Frau hatten auf sie gewartet und ihr angeboten, sie mitzunehmen. Sie hatte nicht ablehnen können. Das tat man nicht, wenn einem neue Nachbarn eine Mitfahrgelegenheit anboten.
    Alles war geplant gewesen, auch die Vergewaltigung. Der Keller, in dem sie sich befand, war extra für sie umgebaut worden.
    Ylva war nur hundert Meter von ihrem eigenen Haus entfernt, in dem ihr Mann und ihre Tochter darauf warteten, dass sie nach Hause kam.
    Falls sie überhaupt warteten. Sie hatte gesagt, dass sie nach der Arbeit eventuell noch rasch ein Glas Wein mit ihren Kollegen trinken würde. Ob Mike sich traute, sie anzurufen? Vermutlich nicht. Um ja keine Schwäche zu zeigen. Wann würde er ahnen, dass etwas nicht in Ordnung war?
    Ylva drehte sich mit Mühe auf die Seite. Ihr tat alles weh, und es fiel ihr schwer, sich zu rühren. Jede Bewegung war eine Kraftanstrengung. Sie lag da und versuchte, ruhig durchzuatmen.
    Der Monitor war eingeschaltet.
    Draußen war es dunkel, die Straßenlaterne sah aus wie ein weißer Kreis, der Rest des Bildes war grauschwarz. Es fiel ihr schwer, die Konturen des Hauses zu erkennen. In Sannas Zimmer brannte noch Licht.

    Wie lange es wohl dauerte, bis Mike die Polizei anrief? Ob sie sie vorher laufen ließen? Sie konnten sie schließlich nicht ewig festhalten.
    Oder doch?
    Dieser Gedanke war zu unerhört, um ihn begreifen zu können. Natürlich würde sie ihn anzeigen. Alle beide würde sie anzeigen. Was vor fünfundzwanzig Jahren geschehen war, spielte keine Rolle.
    Sie schienen nicht zu

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