Entfuhrt
er?«
»Er war ein Schwein.«
»Mir ist die Bezeichnung Tagungsficker zugetragen worden«, meinte Bergman.
»Das war er vermutlich auch«, meinte Calle. »Der Ehrlichkeit halber muss ich jedoch sagen, dass ich ihm in erwachsenem Alter nie mehr begegnet bin. Vielleicht hat er sich ja verändert.«
Erik Bergman sah ihn skeptisch an.
»Und ist ein guter Mensch geworden«, meinte Calle. »Ich kann es mir nicht so recht vorstellen.«
»Was möchten Sie wissen?«, fragte Bergman.
»Ich habe Ihre Artikel im Internet gelesen«, meinte Calle, »und möglicherweise habe ich etwas missverstanden,
aber ich hatte das Gefühl, dass Sie mehr wissen, als Sie verlauten lassen haben.«
»Warum interessiert Sie das alles?«
Calle zuckte mit den Achseln und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
»Neugier. Es klang so theatralisch. Hammermord. Bestialisch.«
»In diesem Fall war es eine zutreffende Bezeichnung. Wir hatten Probleme, unter welcher Rubrik wir den Fall laufen lassen sollten. Wir erwogen erst ›Mord in der Fjällgatan‹ oder ›Treppenmord‹. Hammermorde gab es schließlich schon einige. Aber dieser war wirklich spektakulär. Wie gesagt: Anders Egerbladh war ein richtiger Stecher. Er selbst war geschieden, aber die meisten Frauen, die er im Internet kennenlernte, waren verheiratet. Ich weiß nicht, ob ihm das einen zusätzlichen Kick gab oder ob verheiratete Frauen im Internet überrepräsentiert sind. Jedenfalls musste die Polizei eine halbe Kompanie abstellen, um alle betrogenen Ehemänner zu verhören.«
»Und?«
»Nichts. Kein Treffer. Die Auswertung seines Handys und seines Mailkontos ergab, dass er sich mit einer Frau im Gondolen verabredet hatte. Die rief auf den letzten Drücker bei ihm an, wahrscheinlich um ihn zu bitten, zu ihr nach Hause zu kommen. Nach dem Telefonat verließ er das Restaurant, kaufte unten am Slussen einen Strauß Blumen und begab sich in die Fjällgatan.«
»Es war also eine Falle?«
»Zweifellos. Die Frau gab es nicht wirklich. Sie hatte
ihn von einem Prepaidhandy aus angerufen, und die Mails waren von öffentlich zugänglichen Computern in der Stadt geschickt worden. Das Bild bei der Kontaktbörse war von einem ausländischen Blog runtergeladen worden.«
»Die Artikel haben bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Gewalt eher, wie soll ich mich ausdrücken, männlich gewesen sei.«
Erik Bergman nickte.
»Ich glaube, Sie würden gut in die Nachrichtenredaktion passen. Die Polizei ging davon aus, dass der Mord von einem Mann verübt wurde, aber dass eine Frau Anders Egerbladh an den Tatort gelockt hatte.«
»Und keinerlei Spuren?«
»Nein. Das Einzige, was sie mit Sicherheit sagen konnten, war, dass der Mord mit größter Überzeugung verübt wurde.«
23. KAPITEL
Als Mike das Haus betrat, nachdem er die Pizzakartons weggeworfen hatte, wusste er, was er tun musste.
Vorsichtig schloss er die Tür zwischen Küche und Wohnzimmer und wählte.
»Kristina.«
»Hallo, Mama.«
Mike erzählte, dass Ylva seit über vierundzwanzig Stunden verschwunden war und dass weder Freunde, Polizei noch Krankenhaus wussten, wo sie sich befand.
»Ist ihr etwas zugestoßen?«, fragte sie.
»Wenn ich das wüsste«, erwiderte Mike. »Ich will, dass du dir ein Taxi nimmst und hierherkommst. Ich will, dass du hierbleibst, bis Ylva zurück ist.«
Zwanzig Minuten später traf Kristina mit gehetztem Gesichtsausdruck ein. Sie begrüßte Sanna rasch und mit affektierter Stimme und ging dann zu ihrem Sohn in die Küche. Sie hatte tausend Fragen.
»Ich weiß es nicht, Mama«, antwortete Mike auf jede ihrer Fragen. »Ich weiß es nicht.«
»Könnte sie …?«
Mike hob die Hände und schloss entnervt die Augen.
»Mama, bitte. Ich weiß nichts. Könntest du nicht einfach so nett sein und dich um Sanna kümmern, während ich bei der Polizei anrufe?«
Es war zu spät. Sanna stand bereits in der Tür.
»Warum willst du die Polizei anrufen?«, fragte sie.
Mike trat auf sie zu, beugte sich vor und lächelte, um nicht in Tränen auszubrechen.
»Weil ich nicht weiß, wo Mama ist.«
Sanna verstand ihn nicht und sah ihre Großmutter fragend an, als sei diese eine zuverlässigere Informationsquelle als ihr Vater.
»Ist sie weg?«
Mike beantwortete die Frage für seine Mutter.
»Nein, nein«, sagte er. »Weg ist sie nicht. Irgendwo ist sie natürlich. Aber sie hat nichts von sich hören lassen, und ich will wissen, wo sie steckt. Da ist weiter nichts dabei. Wenn du dir jetzt zusammen mit Oma den Film
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