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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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drückte.
    »Gut«, sagte der Polizist. »Dann hoffe ich, dass ich nicht mehr von Ihnen höre. Alles Gute.«
    Mike legte mit dem Gefühl auf, das Richtige getan zu haben. Er hatte Nour angerufen, und die wiederum hatte ihre Freundinnen und diesen schmierigen Restaurantbesitzer gefragt. Er hatte beim Krankenhaus und jetzt auch bei der Polizei angerufen. Er konnte nichts weiter tun.
    Mike ging zu seiner Tochter ins Wohnzimmer. Sie sah ihn an.
    »Wann kommt Mama?«
    »Sie kommt bestimmt bald. Jeden Augenblick, kann ich mir denken.«
    »Glaubst du, sie hat was gekauft?«
    »Was? Nein, das glaube ich nicht.«
    Mike schaute auf den Fernseher und hoffte, dass Sanna das auch tun würde. Er wollte nicht, dass sie ihn so schwach erlebte.

    Im nächsten Augenblick überkam ihn ein Gefühl der Schuld. Das Gefühl, bislang alles richtig gemacht zu haben, wurde von einem Gefühl der Reue abgelöst. Wie ein Erstklässler war er zur Lehrerin gelaufen und hatte gepetzt. Er sah Ylvas vorwurfsvollen Blick vor sich.
    Eine einzige, verdammte Nacht, konnte sie keine einzige verdammte Nacht für sich haben?! Ohne dass er hysterisch wurde und sich wie ein Idiot benahm.
    »Wollen wir einen Turm bauen?«
    »Lego«, gab Sanna zurück.
    »Okay, Lego.«

20. KAPITEL
    Gewalt/Androhung von Gewalt
     
    Gewalt und Androhung von Gewalt sind im Leben des Opfers allgegenwärtig. Das Opfer, das weiter gegen sein Schicksal ankämpft, wird der Gewalt ausgesetzt. In Fällen, in denen sich Opfer weigern nachzugeben, können die Misshandlungen so brutal ausfallen, dass sie zum Tode führen.
     
    Der Mann lächelte, als er die Tür öffnete und Ylva mit einem erhobenen spitzen Stuhlbein bewaffnet sah. Das war nicht die Reaktion, auf die Ylva gehofft hatte.
    »Lassen Sie mich raus«, sagte sie.
    Sie hätte sich gewünscht, dass ihre Stimme mehr Kraft hatte. Der Mann machte die Tür hinter sich zu.
    »Ich habe gesagt: Lassen Sie mich raus!«
    Jetzt klang sie verzweifelt. Der Mann antwortete nicht. Die Tür schnappte zu. Ylva fuchtelte drohend mit dem Stuhlbein vor sich herum.
    »Der Schlüssel! Her mit dem Schlüssel!«
    Der Mann hielt den Schlüsselbund vor sich in die
Höhe. Die Situation amüsierte ihn, und es fiel ihm schwer, das zu verbergen.
    »Fallen lassen.«
    Der Mann tat, was Ylva sagte.
    »Gehen Sie weg.«
    Sie fuchtelte weiter mit dem Stuhlbein.
    »Küche?«, meinte er und deutete fragend auf die Kochnische.
    Ylva sah ein, dass das keine gute Idee war. Der Abstand zur Tür war nicht groß genug.
    »Badezimmer«, befahl Ylva und trat einen Schritt zurück, um ihn vorbeizulassen.
    Er nickte und ging ins Badezimmer.
    »Tür zumachen.«
    Er gehorchte.
    »Und abschließen«, rief Ylva.
    Er verriegelte die Tür. Ylva sah sich hektisch nach etwas um, womit sie von außen die Tür blockieren konnte, aber nur der von ihr zerschlagene Stuhl hätte sich geeignet.
    Sie beugte sich vor und nahm den Schlüsselbund auf, ohne das Stuhlbein loszulassen. Mit zitternden Händen suchte sie nach dem richtigen Schlüssel. Es gab zwei, die passen könnten. Sie steckte den ersten ins Schloss. Er ließ sich nicht herumdrehen. Sie zog ihn heraus, der Schlüsselbund fiel zu Boden, und sie hob ihn auf.
    Der zweite Schlüssel passte gar nicht erst ins Schlüsselloch. Sie versuchte es noch einmal mit dem ersten. Sie hatte ihn gerade wieder ins Schlüsselloch geschoben, als die Badezimmertüre geöffnet wurde.

    »Brauchst du Hilfe?«
    Ylva drehte sich um und hielt das Stuhlbein mit ausgestreckten Armen vor sich hin.
    »Ich schlage zu, ich schwöre, ich schlage zu.«
    Der Mann öffnete die Badezimmertüre und trat auf sie zu. Er steckte die Hand in die Hosentasche und zog einen einzelnen Schlüssel heraus.
    »Ich glaube, du hast den falschen«, meinte er.
    »Her damit!«
    Der Mann trat lächelnd zurück.
    »Du musst ihn mir schon abnehmen.«
    Ylva folgte ihm. Sie hob die Arme über den Kopf und stürzte auf ihn zu. Er stieg mit einem raschen Schritt auf das Bett.
    »Das ist lustig«, sagte er. »Fast wie früher, als man noch ein Kind war.«
    »Lassen Sie mich raus, Sie verdammter Irrer.«
    »Selbstverständlich. Du musst dir nur den Schlüssel holen.«
    Er hielt ihn aufreizend vor sich. Ylva stieg auf das Bett, der Mann blieb stehen.
    »Her damit.«
    »Nimm ihn dir.«
    »Legen Sie ihn hin«, sagte Ylva. »Legen Sie den Schlüssel hin.«
    »Nimm ihn dir.«
    »Ich steche zu.«
    »Komm schon, nimm den Schlüssel.«
    Ylva stieß mit dem Stuhlbein zu und traf den Mann an
der Hand.

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