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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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ist. Keine Stunde. Ich wünsche mir nur, dass es schnell ging und dass sie nicht leiden musste. Und ihr habt die Stirn, hier rumzusitzen und Mutmaßungen anzustellen. Mutmaßungen! Ihr solltet euch schämen, alle beide.«
    Mike wandte sich an Lennart und schaute ihn voller Verachtung an.
    »Harley Davidson ohne Schalldämpfer. Ist dir denn nicht klar, dass dich alle auslachen? Ein erwachsener Mann mit einem Motorrad. Was ist das Nächste? Eine elektrische Gitarre? Wenn ihr euch auch nur ansatzweise vorstellen könntet, was ich in den letzten Monaten durchgemacht habe, was Sanna und ich jeden Tag aushalten
müssen, dann würdet ihr mich nicht mit so einem Scheiß behelligen.«
    Virginia schwieg immer noch und starrte auf die Tischplatte. Lennart unternahm einen Versuch, die Initiative zurückzugewinnen.
    »Mike, hör schon auf.«
    »Halt die Schnauze, du Memme.«
    Mike knallte die Tür hinter sich zu. Er stieg die Stufen zum Ankarliden hoch und setzte seinen Weg Richtung Bäckavägen fort. Der Steigung zum Trotz ging er schnell und mit energischen Schritten. Er fühlte sich ruhiger als seit Langem.
    Als er nach Hause kam, waren seine Mutter und Sanna auf, und der Frühstückstisch war gedeckt.
    Seine Tochter sah ihn an.
    »Wo warst du?«
    »Unten bei Virginia und Lennart. Ich musste ihnen noch was sagen.«
    »War der Maskenball lustig?«
    Mike streckte die Arme aus und hob Sanna hoch.
    »Wahnsinnig lustig«, sagte er, machte ein paar Tanzschritte und schwang sie im Kreis.
    Er drückte Sanna an sich und lächelte seine Mutter an.

    Mike brachte Sanna zur Schule und fuhr direkt ins Krankenhaus. Er löste einen Parkschein für einen ganzen Tag.
Er hatte keine Ahnung, wie lange es dauern würde, ging aber davon aus, dass die Angelegenheit sich in die Länge ziehen könnte.
    Er ging zu den Fahrstühlen und las den Wegweiser. Fünfter Stock.
    Die Glastür zum Krankenhausflur war verschlossen. Mike klingelte. Eine Krankenschwester kam ihm mit fragender Miene entgegen. Offenbar, weil er mit seinem teuren Anzug nicht aussah wie ein Patient.
    Sie öffnete die Tür.
    »Ja?«
    »Meine Frau ist verschwunden, wahrscheinlich ist sie tot. Meine Nachbarn glauben, ich hätte sie auf dem Gewissen. Ich habe eine achtjährige Tochter. Ich brauche Hilfe, jemanden, mit dem ich reden kann.«
    Die Krankenschwester zögerte, als hielte sie das Ganze für einen schlechten Scherz. Dann nickte sie.
    »Waren Sie schon mal hier?«
    Mike schüttelte den Kopf.
    »Folgen Sie mir«, sagte die Krankenschwester.
    Sie zeigte ihm das Wartezimmer und versprach, so schnell wie möglich wiederzukommen.
    Nach ein paar Minuten kehrte sie mit dem Arzt zurück, einem Mann Anfang sechzig. Er kam Mike bekannt vor. Vielleicht der Vater eines Freundes?
    Der Mann gab ihm die Hand, und Mike schüttelte sie dankbar.
    »Hallo, ich heiße Gösta Lundin. Sie wollen reden?«
    Mike nickte.

    Sie gingen in ein Büro. Der Arzt schloss die Türe hinter ihnen.
    »Nehmen Sie bitte Platz.«
    »Danke.«
    Gösta Lundin nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
    »Entschuldigen Sie, aber wie war Ihr Name?«
    »Mike, Mike Zetterberg.«
    Der Arzt merkte auf, warf ihm einen kurzen Blick zu und notierte sich dann seinen Namen.
    »Personenkennziffer?«
    Mike leierte die Zahlen herunter.
    Der Mann legte den Kugelschreiber hin und lächelte Mike an.
    »Okay«, sagte er. »Sie sind also einfach hierhergekommen?«
    »Ja.«
    »Und aus welchem Grund?«
    Mike erzählte.
    » … sie ist einfach nicht nach Hause gekommen«, fasste er seinen Bericht noch einmal zusammen. »Mehr war nicht. Ich habe keine Ahnung, was ihr zugestoßen sein könnte. Ob sie einen Unfall hatte oder ob sie ermordet worden ist.«
    »Aber Sie glauben, dass sie tot ist?«
    Es dauerte einen Augenblick, bis Mike antwortete. Er suchte nach den richtigen Worten.
    »Ich kann mir nur schwerlich etwas anderes vorstellen.«
    »Sie sagten, Ihre Freunde hegten den Verdacht, Sie hätten
etwas mit dem Verschwinden Ihrer Frau zu tun. Ist die Polizei auch dieser Meinung?«
    »Meine Frau hatte etwa ein Jahr vor ihrem Verschwinden eine Affäre. Vielleicht auch nicht nur eine. Was weiß ich. Als ich das erwähnte, haben sich die Polizisten zurückgelehnt und sich angesehen, als warteten sie nur darauf, mich endlich fragen zu können, wo ich die Leiche versteckt hätte.«
    »Aber das hat Ihnen weniger ausgemacht?«
    »Das war in jeder Beziehung ärgerlich und kränkend, aber damals, in dem ganzen Chaos nach dem Verschwinden meiner Frau, war es

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