Enthuellung
brauche.«
Einige Minuten später verlasse ich den Aufzug, betrete Chris’ Apartment und nehme die funkelnde Skyline in mich auf. Ich spüre meine Erschöpfung bis in die Knochen und gehe ins Schlafzimmer, halte in der Tür inne, verzückt von dem riesigen ungemachten Bett.
Baby, ich werde dich auf unzählige Arten ficken, aber nicht heute Nacht. Heute Nacht werde ich mit dir Liebe machen.
Und das hatte er getan. Ich habe keine Ahnung, ob das bedeutet, dass er sich in mich verliebt, aber ich verliebe mich in ihn. Ich habe mich bereits in ihn verliebt.
Ich befeuchte meine Lippen, die sich plötzlich ganz ausgedörrt anfühlen, und schleudere die Schuhe von den Füßen, bevor ich ins Bad gehe und Chris’ Hemd finde, das ich aufgehoben habe, um darin zu schlafen. Nachdem ich mich ausgezogen habe, schlüpfe ich hinein und atme tief ein. Der Duft von Chris ist ein kleines Stück Himmel. Ich gehe in die Küche und verbringe einige Zeit damit, sie zu erkunden. Ich entdecke eine Schachtel Makkaroni und Käse, die ich schnell zu einem Abendessen verarbeite. Sobald es fertig ist, gebe ich meiner Neugier nach und lande an der Tür zu Chris’ Atelier, mit meinem Abendessen, dem Laptop und meinem Handy in der Hand.
Ich knipse das Licht an und habe kein Auge für die zauberhafte Stadt, die mich umgibt, sondern starre auf die Leinwand, die neben dem Hocker auf der Staffelei steht. Ich presse die Augen fest zu und kann beinahe fühlen, wie ich auf diesem Hocker sitze, mit Chris’ Mund und Händen auf meinem Körper.
Ich lege meine Sachen auf dem Fußboden vor der Wand ab, an der ich es mir gemütlich machen will, aber ich setze mich nicht hin. Erst jetzt erlaube ich mir, an das zu denken, was mir heute willkürlich durch den Kopf gegangen ist und was ich verdrängt habe.
Das Bild.
Langsam trete ich vor, und mein Puls beschleunigt sich, als ich mich Chris’ Darstellung vor mir nähere, gefesselt an Knöcheln und Handgelenken in der Mitte des Ateliers. Als ich das Bild nun betrachte, wird meine Kehle sofort trocken, Hitze wallt durch meinen Leib. Es ist ein Schwarz-Weiß-Bild und gut ausgearbeitet mit feinen Details, zu gut ausgearbeitet, um lediglich eine Skizze zu sein. Er hat eine ganze Weile daran gearbeitet, und er hat es offen stehen lassen, damit ich es sehe, heute Morgen und jetzt. Chris tut nichts ohne Absicht. Dies ist eine Botschaft oder eine Herausforderung. Ich bin mir nicht sicher – vielleicht ist es auch beides. Darüber bin ich mir nicht im Klaren. Und wenn man bedenkt, dass ich mich gleichzeitig erregt und unbehaglich fühle, bin ich mir nicht einmal klar darüber, was ich empfinde. Dies ist Chris’ Zuflucht. Was bedeutet es, dass er mich im realen Leben und auf der Leinwand gefesselt hat?
9
Ich reiße den Blick von dem Bild los und gehe zu meinen Sachen. Mit wackligen Knien rutsche ich an der Wand zu Boden, bleibe einen Moment sitzen und versuche, meinen Gefühlen einen Sinn abzuringen. Dann kommt mir ein Gedanke. Nachdem ich meinen Computer hochgefahren habe, google ich »Schmerz und Wonne« und stoße auf lauter gefesselte, nackte Leiber und kerkerähnliche Spielzimmer. Peitschen und Ketten scheinen das dominierende Thema zu sein, und die Idee, mich kundig zu machen, funktioniert nicht. Ich mache mir schlicht und einfach selbst Angst. Ich versuche es mit »Fessel« und BDSM , und es kommt fast das Gleiche dabei heraus.
Schließlich lande ich auf einer Seite, die Geschichten wie »Spiele mit deinem Geliebten« enthält und Links zu Produkten bietet wie weiche, rosafarbene Schlagstöcke und Nippelklammern im Schmetterlingsdesign. Sich vorzustellen, dass Chris mit irgendetwas zu tun hat, das sich um die Worte
weich, rosa
und
Schmetterling
dreht, ist beinahe komisch.
Mein Handy klingelt, und mit seinem üblichen perfekten Timing ist es Chris. »Hi.«
»Hi.«
Sobald ich seine Stimme höre, löst sich das Unbehagen der vergangenen Minuten auf, einfach weil er Chris ist. Es ist die einzige Erklärung, die ich noch brauche. Ich lächle und kann spüren, dass er ebenfalls lächelt, und leider reißt dieses Wissen jede Mauer nieder, die mein Unbehagen wegen meiner Internetsuche errichtet haben könnte.
»Was machst du gerade?«, fragt er.
Mein Zögern dauert ganze zwei Sekunden, und wenn man bedenkt, wie unbehaglich ich mich noch Minuten zuvor gefühlt habe, kommt mir mein Geständnis ziemlich mühelos über die Lippen. »Ich esse Makkaroni und Käse und suche auf einer Website namens Adam und Eva
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