Enthüllung
als er mit Fernandez zu seinem Büro zurückging.
»Wie ist bloß das Fernsehen an die Story gekommen?«
»Die wurden wahrscheinlich von Walsh informiert«, sagte Fernandez. »Vielleicht haben sie es auch von jemand anderem. Im Grunde leben wir hier in einem Dorf. Aber machen Sie sich wegen des Fernsehens keine Sorgen, das ist nicht wichtig. Sie müssen sich jetzt auf die Sitzung morgen vorbereiten.«
»Genau daran habe ich den ganzen Abend versucht nicht zu denken.«
»Tja, Sie sollten aber daran denken.«
Vor ihnen lag der Pioneer Square. Die Fenster in den umli e genden Gebäuden waren noch hell erleuchtet. Viele der hier ansässigen Firmen unterhielten geschäftliche Beziehungen zu Japan und richteten sich auf späte Arbeitszeiten ein, um auch während der ersten Morgenstunden in Tokio Geschäfte tätigen zu können.
»Wissen Sie«, sagte Fernandez plötzlich, »als ich sie be o bachtete, wie sie sich diesen Männern gegenüber verhielt, fiel mir auf, wie cool sie wirkte.«
»Ja. Meredith ist cool.«
»Sie verfügt über eine unglaubliche Selbstbeherrschung.«
»Ja, das stimmt.«
»Warum hat sie sich dann so offen an Sie herangemacht, noch dazu an ihrem ersten Arbeitstag? Warum diese Eile?«
Welches Problem versucht sie zu lösen? hatte Max ihn gefragt. Jetzt fragte ihn Fernandez das gleiche. Offenbar kapierten alle, worum es ging, nur er nicht.
Sie sind kein Opfer.
Also muß ich das Rätsel lösen, dachte er.
Mach dich an die Arbeit!
Er dachte wieder an das Gespräch, das Meredith und Blac k burn beim Verlassen des Konferenzsaales geführt hatten.
Es wird ganz ruhig und sachlich ablaufen. Schließlich spr e chen die Tatsachen für Sie. Er ist eindeutig inkompetent.
In die Datenbank kommt er immer noch nicht?
Nein. Er ist vom System ausgeschlossen.
Und er hat keine Möglichkeit, in das System von Conley-White zu gelangen?
Völlig ausgeschlossen, Meredith!
Damit hatten sie natürlich recht. Er kam nicht in das System. Aber welchen Vorteil hätte er gehabt, wenn es ihm möglich gewesen wäre?
Lösen Sie das Problem! hatte Max gesagt. Tun Sie das, was Sie am besten können.
Das Problem lösen.
»Zum Teufel!« sagte Sanders.
»Wir sind schon unterwegs«, bemerkte Fernandez trocken.
E s war halb zehn. Im vierten Stock machten sich die Rein i gungstrupps gerade im mittleren Areal, in den abgeteilten Arbeitsnischen, zu schaffen. Sanders betrat mit Fernandez sein Büro. Eigentlich wußte er gar nicht, warum sie hierhergegangen waren. Hier gab es doch im Augenblick nichts zu tun.
Fernandez sagte: »Ich rufe mal Alan an. Vielleicht hat er etwas.« Sie setzte sich und begann zu wählen.
Sanders nahm an seinem Schreibtisch Platz und blickte auf den Bildschirm seines Computers. Die neueste E-Mail-Information lautete:
SIE ÜBERPRÜFEN NOCH IMMER DIE FALSCHE FIRMA.
A. FRIEND
»Aber wieso denn?« fragte er laut, die Mitteilung unverwandt anstarrend. Er war gereizt; es ärgerte ihn, daß er es mit einem Puzzle zu tun hatte, das offensichtlich jeder außer ihm zusa m mensetzen konnte.
»Alan?« sagte Fernandez in die Sprechmuschel hinein. »Hier ist Louise. Haben Sie etwas? Aha, aha. Aha. Ist das … Na ja, das ist ja ziemlich enttäuschend, Alan. Nein, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ja, klar, wenn das möglich ist. Wann könnten Sie sich mit ihr treffen? In Ordnung. Sehen Sie zu, was sich machen läßt!« Sie legte den Hörer auf. »Wir haben kein Glück heute abend.«
»Aber wir haben nur noch heute abend.«
»Ja.«
Sanders stierte weiter auf den Computerbildschirm. Irgend jemand innerhalb der Firma versuchte ihm zu helfen, wollte ihn daraufhinweisen, daß er die falsche Firma überprüfte. Im Umkehrschluß besagte die Mitteilung, daß es für ihn eine Möglichkeit gab, die richtige Firma zu überprüfen. Und wer genug wußte, um ihm diese Nachrichten senden zu können, wußte wohl auch, daß man ihn aus dem DigiCom-System ausgeschlossen und ihm seine Zugriffsrechte entzogen hatte. Was konnte er tun?
Nichts.
»Wer, glauben Sie, ist dieser ›A. Friend‹?« fragte Fernandez.
»Ich weiß es nicht.«
»Raten Sie einfach mal.«
»Ich weiß es nicht.«
»Wer fällt Ihnen spontan ein?«
Er überlegte, ob sich hinter »A. Friend« möglicherweise Mary Anne Hunter verstecken könnte. Aber Mary Anne hatte im Grunde nichts mit Technik zu tun; ihre Stärke war das Mark e ting. Es paßte einfach nicht zu ihr, Botschaften über Internet zu versenden. Wahrscheinlich wußte sie nicht einmal,
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