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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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für halb eins ein Mittagessen mit allen Abteilungsleitern im großen Konferenzsaal festgesetzt, und Phil Blackburn ist auf dem Weg hierher, um mit Ihnen zu reden. Er muß jeden Moment kommen. Tja, und was noch? DHL liefert heute nachmittag Laufwerke aus Kuala Lumpur. Und Gary Bosak möchte sich um halb elf mit Ihnen treffen.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger das Notizblatt hinunter. »Don Cherry hat zweimal angerufen, es geht um den Korridor, und außerdem kam gerade ein dringender Anruf von Eddie aus Austin.«
    »Rufen Sie ihn zurück.« Eddie Larson war der Produktionsleiter der Fabrik in Austin, wo Mobiltelefone produziert wurden. Cindy stellte die Verbindung her; wenige Sekunden später hörte Sanders die vertraute Stimme mit dem texanischen Singsang: »Hi, Tommy-Boy!«
    »Hi, Eddie. Was gibt’s?«
    »Kleines Problem mit den Leuten am Band. Hast du gerade mal eine Minute Zeit?«
    »Ja, klar.«
    »Sind denn Glückwünsche zum neuen Job bereits angebracht?«
    »Ich habe noch nichts gehört«, erwiderte Sanders. »Aha. Aber es bleibt doch dabei, oder?«
    »Ich habe noch nichts gehört, Eddie.«
    »Sag mal, stimmt es, daß sie die Fabrik hier in Austin schließen wollen?«
    Sanders war so verblüfft, daß er laut loslachte. »Was?«
    »Mensch, hier bei uns wird von nichts anderem mehr geredet, Tommy-Boy. Conley-White will das Unternehmen kaufen und uns dann schließen.«
    »Quatsch!« sagte Sanders. »Niemand kauft irgendwas, und niemand verkauft irgendwas, Eddie. Die Anlage in Austin stellt Standardgeräte her und ist außerdem sehr profitabel.« Erst nach einer kurzen Pause sagte Eddie: »Tommy-Boy, du würdest es mir doch sagen, wenn du es wüßtest, oder?«
    »Ja, ganz bestimmt«, versicherte ihm Sanders. »Aber es ist nur ein Gerücht, Eddie. Vergiß es einfach. So, und was für ein Problem habt ihr mit den Leuten am Band?«
    »Ach, es ist total bekloppt. Die Fließbandarbeiterinnen fordern, daß wir die Pin-ups im Umkleideraum der Männer abhängen. Sie finden sie anstößig. Wenn du mich fragst, ist das Ganze völliger Quatsch. Die Frauen gehen nämlich nie in den Umkleideraum der Männer.«
    »Woher wissen sie dann von den Pin-ups?«
    »In der Putzkolonne, die nachts kommt, sind Frauen. Und jetzt wollen die Fließbandfrauen, daß die Pin-ups verschwinden.«
    Sanders seufzte. »Beschwerden darüber, daß wir auf sexuelle Belästigung, auch im weitesten Sinn, nicht reagieren, können wir wirklich nicht brauchen. Reiß die Pin-ups runter.«
    »Obwohl die Frauen in ihrem Umkleideraum selbst Pin-ups aufgehängt haben?«
    »Tu’s einfach, Eddie, ja?«
    »Wenn du mich fragst, gibst du damit diesem feministischen Scheißdreck voll nach.«
    Es klopfte. Sanders hob den Blick und sah Phil Blackburn, den Justitiar des Unternehmens, an der Tür stehen.
    »Ich muß jetzt aufhören, Eddie.«
    »Okay. Aber ich weise dich darauf hin, daß du damit einen Präzedenzfall schaffst: Was immer die Frauen fordern, du tust es –«
    »Entschuldige bitte, Eddie, ich muß jetzt auflegen. Ruf mich an, falls es zu irgendwelchen Veränderungen kommt.«
    Sanders legte den Hörer auf, und Phil Blackburn betrat den Raum. Sanders hatte sofort den Eindruck, daß Blackburn viel zu breit grinste, viel zu aufgesetzt fröhlich war.
    Ein schlechtes Zeichen.

    P hilip Blackburn, der Chefjustitiar von DigiCom, war ein schlanker Mann von 46 Jahren und trug an diesem Tag einen dunkelgrünen Boss-Anzug. Wie Sanders arbeitete Blackburn schon seit über einem Jahrzehnt für DigiCom, gehörte also zu den »alten Jungs«, zu denen, die »von Anfang an dabei waren«. Sanders hatte ihn als einen forschen jungen Bürgerrechtsanwalt kennengelernt, der frisch von Berkeley kam. Mittlerweile aber hatte Blackburn den Protest schon lange gegen den Profit eingetauscht, dem er sich mit Zielstrebigkeit und Eifer widmete, während er gleichzeitig intern sehr auf Mitspracherecht und Chancengleichheit bedacht war. Blackburns Art, sich stets nach der neuesten Mode zu kleiden und zu verhalten, hatte »PC Phil«, wie man ihn in Anspielung auf die derzeit vieldiskutierte political correctness nannte, in den Augen so mancher Mita r beiter der Firma zu einer Witzfigur werden lassen. Einer der Angestellten hatte es einmal so formuliert: »Phils Zeigefinger ist vom vielen Anfeuchten und In-den-Wind-Halten schon ganz aufgesprungen.« Er war der erste mit Birkenstock-Schuhen, der erste mit Schlaghosen, der erste, der sich die Koteletten abr a sierte, und der erste, der es mit dem

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