Enthüllung
unterkriegen!« Schon war er wieder im Konferenzraum ve r schwunden.
Die Leute von Conley-White hatten Sanders die ganze Zeit durch die Glasscheibe angestarrt. Er wandte sich ab und ging mit raschen Schritten auf sein Büro zu. Das Unbehagen in ihm wurde immer stärker. Lewyn war berüchtigt für seinen Hang zur Übertreibung, aber trotzdem –Was die da machen, ist einfach nicht richtig.
Was das zu bedeuten hatte, war nicht allzu schwer zu erraten. Sanders würde nicht befördert werden. Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach, und plötzlich wurde ihm, während er den Gang hinuntereilte, schwindlig. Er lehnte sich kurz an die Wand, wischte sich über die Stirn und blinzelte angestrengt. Dann holte er tief Atem und schüttelte den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
Keine Beförderung. Verdammt! Er atmete noch einmal tief durch und ging weiter.
Die technischen Abteilungen waren erst neun Monate zuvor durchgreifend umgestaltet worden, was eine Neuordnung der gesamten Hierarchie mit sich gebracht und alle Mitarbeiter in Seattle zutiefst verärgert hatte. Die Angestellten wußten nicht, an wen sie sich wenden sollten, wenn sie Papier für ihre Lase r drucker brauchten oder einen Monitor entmagnetisieren lassen mußten. Nach monatelanger Aufregung hatten sich die Tec h nikteams endlich wieder wenigstens ansatzweise eine gute Arbeitsatmosphäre geschaffen. Und jetzt – noch eine Um strukturierung? Welchen Sinn sollte das haben?
Denn eben diese Umstrukturierung im vergangenen Jahr hatte Sanders zum Anwärter auf die Stelle als Leiter der Technikabteilung gemacht. Die Advanced Products Group war in vier Unterabteilungen aufgegliedert worden – Produktentwicklung, Programmierung, Datentelekommunikation und Produktion –, alles unter der Führung eines noch zu ernennenden Haupta b teilungsleiters. In den letzten Monaten hatte Tom Sanders jedoch inoffiziell bereits als ebendieser Hauptabteilungsleiter fungiert, vor allem deshalb, weil er als Leiter der Produktion derjenige war, der sich am meisten um die Koordination mit allen anderen Abteilungen kümmern mußte.
Aber was würde sich alles ändern, wenn jetzt eine weitere Umstrukturierung erfolgt war? Möglicherweise beauftragte man Sanders wieder mit der Aufsicht über die Fabriken von DigiCom überall auf der Welt. Oder es kam noch schlimmer: Wochenlang hatte sich nämlich das Gerücht gehalten, die Firmenzentrale im kalifornischen Cupertino würde den Bereich Produktion aus Seattle abziehen und den jeweiligen Produk t managern vor Ort die Leitung übertragen. Sanders hatte diesen Gerüchten keine Beachtung geschenkt, einfach deswegen, weil sie ziemlich unsinnig waren; die Produktmanager hatten schon genug damit zu tun, die Produkte an den Mann zu bringen, da mußten sie nicht auch noch deren Herstellung übernehmen.
Jetzt aber sah er sich zu der Erwägung gezwungen, daß diese Gerüchte wahr sein könnten. Denn wenn sie wahr waren, hatte Sanders es unter Umständen mit mehr als nur einer Zurücksetzung zu tun. Dann verlor er vielleicht seinen Job. Mein Gott! dachte er. Den Job verlieren?
Manches von dem, was Dave Benedict heute morgen auf der Fähre zu ihm gesagt hatte, schoß ihm durch den Kopf. Benedict ging ständig allen möglichen Gerüchten nach, und es hatte sich so angehört, als wüßte er eine ganze Menge. Möglicherweise sogar mehr, als er erzählt hatte.
Stimmt es denn, daß Sie der einzige Abteilungsleiter sind, der eigentlich kein Techniker ist?
Und dann hatte er ganz höflich hinzugefügt:
Ist das nicht ziemlich ungewöhnlich?
Mein Gott! dachte Sanders. Er begann wieder zu schwitzen, zwang sich zu einem weiteren tiefen Atemzug.
Laß dich nicht unterkriegen!
Er hatte jetzt das Ende des Gangs im vierten Stock erreicht und betrat sein Büro, wo Stephanie Kaplan, die Leiterin der Finanzabteilung, wohl schon seit einiger Zeit auf ihn wartete. Sie würde ihm erklären können, was da vor sich ging. Aber sein Büro war leer. Er wandte sich an Cindy, seine Sekretärin, die sich gerade an den Aktenschränken zu schaffen machte. »Wo ist Stephanie?«
»Sie kommt nicht.«
»Warum nicht?«
»Ihre Besprechung um halb zehn wurde aufgrund der Personaländerungen gestrichen.«
»Welche Änderungen?« fragte Sanders. »Was geht hier vor?«
»Es hat so eine Art Umstrukturierung stattgefunden«, erklärte Cindy. Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen, und hielt den Blick auf die Liste der notierten Anrufe gesenkt. »Gerade wurde
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