Enthuellungen eines Familienvaters
durchschnittlich.“
»Wissen Sie, ob er in Abwesenheit seiner Frau Damenbesuch empfängt oder nachts offensichtlich berauscht aus Lasterhöhlen heimkommt?“
„Davon ist mir nichts bekannt; er geht immer mit den Hühnern zu Bett und steht mit der Sonne auf, ganz in Anspruch genommen von seiner täglichen Arbeit und von der zusätzlichen, die er zu Hause erledigt, wie es sich für das Muster eines Angestellten gehört.“
„Also ein armer Teufel“, schloß der fremde Herr.
„Ein armer Teufel!“ bestätigte ich.
Der Herr dankte mir vielmals und ging; auch ich entfernte mich, befriedigt, daß ich wenigstens dieses eine Mal selbst Auskünfte über mich hatte geben können.
Ich habe mir also zu den meiner Hausbesorgerin bestens bekannten Bedingungen ein Auto gekauft. Ich bin besonders froh darüber, weil ich nun einen Abstecher in meine Heimatstadt machen und den dortigen Freunden imponieren kann.
Kaum hatte ich die Türme meiner alten Stadt erblickt, hörte ich mein Herz stärker pochen als den Motor. Vor dem Café, in dem sich meine Freunde treffen, bremste ich mit der Unbefangenheit des Mailänders, stieg aus und schlug mit ungeheurer Verachtung den Wagenschlag zu. Fast alle waren da. Sie saßen rings um die kleinen Tischchen auf dem Gehsteig.
„Hallo!“ rief ich freundlich.
„Oh, schau, wen man da sieht!“ sagte der mir zunächst sitzende Freund. Und fügte hinzu; „Na, hast du deinen Militärdienst hinter dir?“
Ich erklärte ihm, daß es schon sieben Jahre her sei, seit ich nach Mailand übergesiedelt war.
„Ach ja, richtig“, sagte der Freund, „das habe ich irgendwo einmal gehört.“
Die anderen Freunde begrüßten mich herzlich.
„Entsetzlich überfüllt sind die Züge jetzt“, meinte einer, dem ich mit dem Auto fast einen Fuß zerquetscht hätte.
„Nein, nein“, erwiderte ich unbefangen, während ich mir eine Zigarette drehte, „ich bin im Auto gekommen.“
„Die Automiete in Mailand muß sündhaft teuer sein“, bemerkte besorgt ein dritter Freund.
„Nein, nein, es ist mein eigenes“, erklärte ich nun deutlicher, wenn auch mit überlegener Gleichgültigkeit.
„Es geht nichts über Mailand!“ rief ein anderer bewundernd. „Wie schön sie die Autos herrichten! Sieht es nicht aus wie neu?“
„Es ist nagelneu“, betonte ich, während ich Zucker in meinen Kaffee tat. „Achthundertfünfzig...“
„Achthundertfünfzig Lire?“ unterbrach einer. „Das ist wirklich nicht teuer. Ja, ja, Mailand. Hier hättest du mindestens tausend gezahlt!“
„Achthundertfünfzig Kilometer hat es erst gemacht“, berichtigte ich. Der Wagen hat mich zwanzigtausend gekostet.“
„Bei den heutigen bequemen Ratenzahlungen kann man ja ein Auto in zehn oder fünfzehn Jahren abzahlen; man merkt es gar nicht!“ kommentierte ein anderer. „In Mailand ist das gang und gäbe.“
„Nein, nein, ich habe es bar bezahlt!“
Nach einigen Minuten allgemeinen Schweigens fragte mich einer: „Na und? Hast du den Doktor gemacht?“
„Nein“, antwortete ich.
„Schade!“ riefen sie zu dritt oder zu viert im Chor. „Der Doktor ist alles, lieber Giovannino!“ Und einer fügte hinzu: „Entschuldige — nicht, daß ich indiskret sein möchte —, aber was treibst du eigentlich jetzt?“
„Ich bin Angestellter. Außerdem arbeite ich auch für die Zeitungen
„Ja, schön, aber eines Tages wirst du doch etwas Sicheres finden müssen. Die Eltern leben ja nicht ewig…“
„Ich lebe seit acht Jahren vollkommen unabhängig! Ich...“
Aber sie unterbrachen mich: „Gut und schön. Aber jetzt bist du über dreißig, und du mußt doch bedenken, daß man nicht immer unabhängig bleiben kann! Du wirst dich nach einem eigenen Heim sehnen...“
„Ich habe ja schon ein Heim...“, versuchte ich es noch einmal. Doch sie ließen mich nicht zu Wort kommen.
„Uns geht das ja schließlich nichts an, lieber Giovannino. Wir meinen nur...! Du bist doch’ nicht beleidigt, nicht? Wir sind so lange befreundet...“
„Weiß Gott“, sagte ich und bat um Auskünfte über einige, die ich nicht sah.
„Glücklicher Gatte und Vater“, antworteten sie. „Und du? Gehst du noch mit dieser kleinen Blonden vom Borgo Pipa?“
Mit dieser kleinen Blonden vom Borgo Pipa war ich „gegangen“, als ich sechzehn Jahre alt war. Seit gut fünfzehn Jahren wußte ich nicht, ob sie überhaupt noch lebte. Ich erwiderte gereizt: „Keine Spur!“
„Um so besser“, sagten sie. „Denn sie hält’s jetzt mit einem
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