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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Friseur aus der Vorstadt.“
    „Und Mario? Siehst du ihn nie in Mailand?“ fragte mich in diesem Augenblick einer, als wollte er der Unterhaltung eine andere Richtung geben.
    „Nein“, sagte ich wahrheitsgemäß.
    „Natürlich“, der Freund nickte vielsagend, „wie solltest du ihn auch sehen? Er hat sich durchgesetzt, besucht die besseren Lokale, geht ins Kino, ins Kabarett, ins Café. Der hat wirklich Karriere gemacht; weißt du, daß er mehr als zweihundertfünfzig Lire im Monat verdient?“
    Ich erhob mich. „Zu dumm, ich habe eine Verabredung für vier Uhr zwanzig!“ rief ich. „Ich muß fort!“
    Schnell drückte ich ein Dutzend Hände und glitt in den Wagen, Wobei ich mit dem Kopf heftig gegen die Karosserie stieß.
    Entschlossen stellte ich den Motor an und schaltete den Gang ein. Das Auto machte einen Sprung von fünf oder sechs Metern, dann blieb es stehen. Ich wiederholte die Operation. Das Auto setzte sich mit kurzen, schnellen Sprüngen in Bewegung. Ich kam mir vor wie in einem Boot, das in einen Strudel geraten ist. Es war die Stunde des Korsos. Tausende verfolgten mit Interesse meine Manöver, darunter sechs oder sieben Mädchen, die mir, als ich ihnen vor etlichen Jahren mitgeteilt hatte, daß ich nachts von ihnen träumte, ins Gesicht gelacht hatten und dann dreimal täglich Arm in Arm mit irgendwelchen Friseurlehrlingen unter meinem Fenster vorüberspaziert waren.
    Nach einem letzten fürchterlichen Sprung setzte sich das Auto endlich mit einiger Regelmäßigkeit und viel Gestank in Bewegung. Nun sah ich ein, daß es sich empfiehlt, die Handbremse zu lösen. Nie zuvor war mir so etwas passiert! Als ich mich endlich außerhalb der Stadt befand, erinnerte ich mich mit Schrecken, daß ich in der Eile vergessen hatte, meinen Kaffee zu bezahlen.
    Ich habe einen feierlichen Schwur abgelegt: Ich werde in meine Heimatstadt erst dann wieder zurückkehren, wenn ich Kaiser beider Indien bin und auf einem weißen Elefanten durch die Straßen reiten kann, gefolgt von achtundvierzig schwarzen Elefanten, beladen mit großen Edelsteinen!
    In der Nacht träumte ich, ich sei als Kaiser beider Indien in meine Heimatstadt zurückgekehrt, auf einem weißen Elefanten reitend, gefolgt von achtundvierzig schwarzen Elefanten, beladen mit großen Edelsteinen. Alle meine Freunde standen vor dem Café. Einer sagte: „Hast du ihn gesehen, den Ärmsten? Was für ein Ende! Er muß für einen Zirkus arbeiten!“

    Margherita fragte mich bei meiner Rückkehr, ob ich mich in P. gut unterhalten hätte.
    „Sehr gut“, antwortete ich.
    „Auch ich möchte gern auf ein paar Stunden in unsere Vaterstadt zurückkehren“, seufzte das zarte Geschöpf.
    „Ich denke, daß ich bald mit unserer Maschine dorthin kommen werde.“
    „Mit der Maschine?“
    „Ja, aber ich meine nicht die große Maschine mit vier Rädern, sondern eine kleine Maschine mit zwei Beinen.“
    Margherita lächelte sonderbar, und ihre großen schwarzen Augen sagten: „Giovannino, Giovannino...“

Die zweibeinige Maschine

    Zwei Geschöpfe Gottes, ein junger Mann und eine junge Frau, nehmen einander eines schönen Tages an der Hand. „Gehen wir miteinander“, beschließen sie. Sie machen sich eilends auf den Weg. Die vor ihnen liegende Straße ist lang, schwierig und verheißungsvoll. Man muß sich beeilen und darf keine Zeit verlieren, wenn man die unbekannten Berge erreichen will, die man dort in der Ferne, am Horizont, undeutlich sieht.
    Eines schönen Augenblicks bleiben die beiden Geschöpfe Gottes plötzlich stehen; wer ruft, hinter dem Busch verborgen, wer steht mitten auf der grünen Wiese voll gelber und blauer Blumen? Man verläßt die Landstraße, man läuft ins Gras; hinter dem Busch ist ein sehr kleines Etwas mit zwei kurzen Beinen. Ein winziger rosaroter Korb voll Geschrei.
    Die beiden Geschöpfe Gottes bleiben stehen. Man wird den Weg auf der Landstraße zu den Bergen am Horizont später wiederaufnehmen. Wenn auch dieses kleine Geschöpf gehen kann, wird man gemeinsam wandern. Auf der grünen Wiese neben der Landstraße hält man inne und vergißt nach und nach, daß es eine Straße gibt, die zu den unbekannten Bergen führt; so wird die Wiese mit ihren gelben und blauen Blumen zur Endstation. Wenn das kleine heulende Ding ein großer Bursche geworden sein wird, dann wird man sich der verlassenen Straße und der fernen Berge erinnern; aber dann wird es zu spät sein, um den Weg wiederaufzunehmen, die Beine werden’s nicht mehr durchhalten.

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