Enthuellungen eines Familienvaters
diesbezüglich einen lebhaften Gedankenaustausch, und als ich ausging, um mich zur Arbeit zu begeben, immer des Leitsatzes eingedenk, daß das Geheimnis des Erfolgs in dieser ungewöhnlichen Stadt darin besteht, sich jeden Morgen zur Arbeit zu begeben, bat mich meine Hausbesorgerin durch einen Wink, ich möge mich in ihr „Büro“ bequemen.
„Alle Achtung vor Ihrem guten Geschmack“, sagte die vortreffliche Dame. „Ein flaschengrüner Elfhunderter mit ockergelben Bezügen, verchromten Beschlägen, außerserienmäßigen Raddecken und Luftfilter extra, das Beste vom Besten!“
Ich war ein wenig perplex; und die vortreffliche Dame machte sich meine Unschlüssigkeit zunutze und fuhr mit gestrenger Stimme fort: „Man fährt in einem funkelnagelneuen Elfhunderter daher, wirft mit der größten Gleichgültigkeit 22 317 Lire 50 hinaus, als ob es das Geld vom Himmel regnete! Entschuldigen Sie, junger Mann, es geht mich ja nichts an — aber hat Ihnen Ihr Fahrrad nicht genügt?“
„Ach Gott“, stammelte ich, „das Fahrrad ist jetzt ein überholtes Beförderungsmittel. „
„Ein Fahrrad ist gut genug, lieber Herr. Aber das sind Ihre Angelegenheiten. Ich habe Sie nur gerufen, um Ihnen zu sagen, Sie mögen’s nicht übertreiben. Vor einem Jahr wollten Sie das Radio; ich habe Ihnen das Radio bewilligt. Nach zwei Monaten haben Sie sich eine Schreibmaschine in den Kopf gesetzt; ich habe Ihnen die Schreibmaschine bewilligt. Es vergeht ein weiterer Monat, und Ihre Frau jammert, daß sie ohne Nähmaschine nicht mehr zurechtkommen kann; ich habe Sie die Nähmaschine kaufen lassen; dann einen Eisschrank, dann einen Badeofen mit vier Flammen, dann das Klavier, weil die Gnädige, die Ärmste, sich langweilt, wenn sie allein ist, und jetzt hüpft das Auto heraus! Lieber Herr, Sie müssen verstehen, daß auch ich eines schönen Tages...“
„Aber ich...“, unterbrach ich schüchtern. „Noch nie ist es vorgekommen, daß ich einen Fälligkeitstermin übersehen hätte, niemals...“
„Ich weiß!“ rief die vortreffliche Dame, „aber ein Automobil ist immerhin ein Automobil und kein Badeofen!“
Ich wollte mich rechtfertigen, aber die vortreffliche Dame schnitt mir das Wort ab: „Lassen wir das, lieber Herr! Nehmen Sie, bitte, zur Kenntnis, daß gestern abend die Autoleute zu mir gekommen sind und mich um meine Meinung gefragt haben, und nehmen Sie zweitens zur Kenntnis, daß ich auch diesmal wieder eine günstige Meinung geäußert habe. Aber ich muß Sie ernstlich bitten, vorsichtig zu sein und nicht zu übertreiben. Denn wenn eines Tages die Leute von der Transatlantik in meine Portierloge kommen und mich fragen, ob sie Ihnen einen Ozeandampfer auf Raten geben können, dann... Sie verstehen mich!“ Ich dankte der vortrefflichen Dame und gab ihr ein ansehnliches Trinkgeld; dann ging ich zufrieden zur Arbeit.
Es ist in dieser ungewöhnlichen Stadt wirklich ein großes Glück, eine Hausbesorgerin zu haben, die einem wohl will; denn hier sind die Hausbesorgerinnen von außergewöhnlicher Bedeutung. Wenn Sie mit Ihrer Hausbesorgerin nicht gut stehen, sind Sie ohnmächtig; Sie können keinen Stuhl kaufen, Sie bekommen kein Dokument und keine Wohnung. Die Hausbesorgerin informiert alle Interessenten über Ihre Zahlungsfähigkeit, über Ihr moralisches Verhalten und das Ihrer Frau.
Ein einziges Mal sind Auskünfte über einen Bewohner unseres Hauses nicht bei ihr eingeholt worden. Und das kam so:
Als ich mich an einem strahlenden Junimorgen zur Arbeit begeben wollte, stieß ich vor dem Haustor mit einem Herrn zusammen.
Er fragte mich höflich nach der Hausbesorgerin, und ich bedeutete ihm ebenso höflich, daß es nicht rücksichtsvoll wäre, die vortreffliche Dame schon um neun Uhr morgens zu wecken. Günstig beeindruckt von meinen vollendeten Umgangsformen und meiner sprichwörtlichen Liebenswürdigkeit, vertraute mir der freme Herr an: „Ich bin Privatdetektiv und muß meiner Firma über Herrn Soundso berichten, der hier wohnt; die Hausbesorgerin antwortet nicht auf mein Klopfen, ich weiß nicht, was ich machen soll.“
„Wenn ich Ihnen nützlich sein kann…“, sagte ich.
Der fremde Herr schaute sich vorsichtig um, führte mich in eine dunkle Ecke des Hofes, rückte mir dicht auf den Leib und fragte mich: „Kennen Sie den Soundso?“
„Ja; er wohnt im vierten Stock.“
„Was für ein Mensch ist er? Gut, schlecht, mittelmäßig, versoffen, fleißig?“
„Er ist ein braver Mann, ganz
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