Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
lächelte, und ihre großen schwarzen Augen sagten mir: „Giovannino, Giovannino...“

Das traute Heim

    Wenn mein Kind schläft, Margherita Bezüge für ihre Kissen stickt und die Schreibmaschine endlich einmal ruht, strecke ich mich behaglich auf einem weichen Lehnstuhl aus und schaue die Wände meiner Wohnung an.
    Außerhalb der Wände ist die Straße und der Autobus N, der zum Bahnhof fährt, um die Neuankömmlinge aufzunehmen und vor den Dom zu bringen; da sind die Automobile, da sind die Leute, die laut sprechen, aber dreißig bis fünfundvierzig Zentimeter Ziegel haben die Macht, all diese Dinge unendlich weit von mir fortzurücken.
    Heim, trautes Heim, seit vier Jahren sehe ich deine Wände an, die für mich allein einige stille Kubikmeter dieser ungewöhnlichen Stadt einschließen.
    Fünf Jahre hindurch habe ich in einer melancholischen Provinzstadt gelebt, die Nacht zum Tag gemacht und kunterbunt durcheinander die Speisen in mich geschlungen, welche in einer dürftigen Gastwirtschaft zubereitet wurden, allein, wie ein entlaufener Hund.
    Heim, trautes Heim, wie ist jetzt alles anders!
    Am Abend komme ich von der Arbeit, mache im Vorzimmer Licht, hänge den Überzieher auf den Kleiderhaken, dann mache ich Licht im Badezimmer und will mir die Hände waschen.
    Ich höre einen Angstschrei: „Zwei Lampen auf einmal! Drei mit der in der Küche! Zweiundfünfzig Lire für Licht in diesem Monat!“ .Ich setze mich an den Tisch und greife nach einer Pfeffergurke. „Sechs Lire täglich für Eingelegtes“, lacht nervös die Gefährtin meines tristen Lebens.
    Ich gieße mir ein Glas Wein ein.
    „Zehn Lire für die Flasche“, bemerkt die vortreffliche Frau sarkastisch.
    Ich tauche den Löffel in die Suppe.
    „Sechs Lire die Eierteigwaren, zwanzig Lire das Rindfleisch, eine Lira das Grünzeug, zwölf Lire der Käse, fünf Lire eine Dose Tomatenmark!“ sagt die zärtliche Frau mit bekümmerter Stimme. Dann kommt das Beefsteak mit Beilage, und ich ergreife Messer und Gabel.
    „Sieben Lire zwei Beefsteaks, zwölf Lire das Olivenöl, zwei-fünfzig die Butter, zwei Lire die Kartoffeln, fünfunddreißig Lire im Monat das Gas!“ seufzt die Dame, die mich zum Altar geschleift hat.
    Ich strecke die Hand nach dem Käseteller aus.
    „Drei Lire eine Scheibe Groviera, zwei Lire ein Stückchen Taleg-gio!“ beklagt sich die treffliche Befehlshaberin meines Heimes.
    Ich blicke auf das Obstkörbchen.
    „Zwei Lire drei Orangen, eins-fünfzig vier Äpfel, drei Lire zwanzig zwei Bananen!“ greint die Frau, die einst mein Mädchen war. Einige Minuten später stecke ich den Zeigefinger in den Henkel der Kaffeetasse.
    „Vier-fünfzig der Kaffee, drei Lire der Zusatz, vier Lire der Zucker“, jammert Margherita.
    Während ich den Kaffee umrühre, entsteht ein Fleck auf dem Tischtuch.
    „Zwei Lire ein Tischtuch waschen, drei Lire ein Leintuch, fünfzig Centesimi pro Serviette, neunzig Centesimi ein Handtuch, dreizwanzig ein kleines Stück Seife, eins-fünfzig ein Hemd bügeln, achtzig Centesimi eine Laufmasche repassieren!“ weint das Geschöpf, das der Himmel mir gesendet hat.
    Ich ziehe den Stöpsel der Kognakflasche heraus.
    „Fünfundvierzig Lire drei Viertel Kognak, eine Lira die Schachtel Zahnstocher!“ schluchzt sie, die mich noch als Junggesellen gekannt hat.
    Ich strecke mich auf meinem Lehnstuhl aus, zünde eine Zigarette an, schlage die Zeitung auf.
    „Fünfzig Centesimi eine Schachtel Streichhölzer, einsfünfundsiebzig Porto für einen Expreßbrief, eine Lira ein Päckchen Feinsalz, drei Lire jeden Morgen für Zeitungen, eine Lira Trinkgeld für den Jungen der Hausbesorgerin!“ röchelt diejenige, welche einst die Heilige meines Schülerherzens war.
    Ich trete an meinen Schreibtisch. Und jetzt spreche ich! „Hundertfünfzig Lire ein Sessel, tausendsechshundert Lire eine Schreibmaschine, sechs-fünfzig ein Block, eine Lira ein Radiergummi, acht Lire ein Farbband, zehn Lire ein Päckchen Kohlepapier!“ rufe ich. „Schluß mit diesen dummen Ausgaben! Von nun an wird gespart! Heute abend geh’ ich ins Bett, statt zu arbeiten!“
    „Ich werde nie wieder ein Wort sagen!“ versichert Margherita.
    So werde ich wohl, wenn ich morgen nach Hause komme, den Tisch gedeckt finden und auf jedem Ding einen Zettel: „Brot Lire 1,45“... „Wein Lire 5 pro Liter“... „Kotelett Lire 5,25“...

    Heim, trautes Heim! Wie ist jetzt alles anders! Manchmal träume ich, ich bin tot und die Gefährtin meines Lebens steht

Weitere Kostenlose Bücher