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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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sagt dann der Fahrer und klopft freundschaftlich auf das Armaturenbrett, „tu mir den Gefallen und fahr noch bis zur Tankstelle!“
    „Na schön“, antwortet rauh die Maschine und setzt sich wieder in Bewegung.
    Das sind Autos, mit denen man nachsichtig sein muß. Wenn es steil aufwärts geht und man einsieht, daß es die Alte nicht zustande bringt, steigt man eben ab und spielt ein bißchen Komödie. „Nein, nein, wir gehen zu Fuß hinauf“, sagt man, „hier ist so eine schöne Aussicht.“
    Am Sonntagabend, wenn die leichte Brise die Seen verläßt und die Mailänder in die Stadt heimbegleitet, öffnen sich allmählich die Fenster und füllen sich mit Köpfen. Aus den kalten Zimmern werden die alten Großmütter im Lehnstuhl herausgebracht und auf die Balkone getragen, damit sie frische Luft schöpfen. Die Dienstmädchen laufen rasch an die Fenster und winken dem Geliebten an der Ecke einen letzten Gruß zu. Dann flammen die Lichter und die Scheinwerfer der Autos auf. Ein Radio, zwei Radios, siebenundzwanzigtausend Radios.
    Die Stimme der Hausbesorgerin dringt bis zum vierten Stock hinauf. Die jüngste Tochter meines Nachbarn bringt den Frühling in unsere Küche. Sie kommt, macht schnell ihre große Verrichtung neben dem Eisschrank, dann läuft sie davon, kreischend wie eine Schwalbe. Heute ist der 10. Juni 1938. Margherita. Es sind schon neun Jahre seit dem ersten Kapitel vergangen! Margherita ist es bisher noch immer nicht gelungen, alle meine Reisetaschen auf dem Bahnhof auszulösen; sie hat jetzt so viel mit dem Kind zu tun. Aber sie lächelt, und ihre großen schwarzen Augen sagen: „Giovannino, Giovannino...“

Die Zeit vergeht

    „Margherita, heute habe ich fünfzehn Seiten mit der Maschine ganz eng beschrieben. Wenn ich mich morgen zusammennehme, kann ich wenigstens ein Viertelpfund Novellen schreiben.“
    „Du machst zuwenig Absätze“, bemerkt Margherita. „Der Soundso trifft das viel besser als du, mit fünfzig Worten hat er eine Spalte voll.“
    Margherita hat recht. Man muß in dieser ungewöhnlichen Stadt viele Absätze machen. Man muß flink sein: zuerst etwas schreiben und erst dann, wenn man Zeit hat, darüber nachdenken.
    Vorüber sind die schönen Tage von P. Wenn ich damals dahinspazierte, mit einer einzigen Lira in der Tasche, sah ich ein Mädchen vorüberkommen oder ein Pferd oder ein Fahrrad — und mir kam die Idee für eine hübsche Novelle. Ich setzte mich ins Café und dachte nach, wie ich die Idee ausführen wollte, wie ich mein Manuskript dem Redakteur überreichen und von ihm die lebhaftesten Komplimente hören würde. Ich dachte, wie ich sogleich zur Kasse gehen wollte, um das Honorar im voraus abzuheben. Ich stellte mir vor, wie ich das Geld nehmen und unverzüglich ausgeben würde, um mich glänzend zu amüsieren. Ich dachte, wie ich dann wieder ohne Geld sein würde, Dann bezahlte ich mit meiner Lira den Kaffee, ging nach Hause und war zufrieden, weil ich mich so gut amüsiert und außerdem noch die Idee für eine hübsche Novelle im Kopf behalten hatte.
    In der Provinz genügt es im Grunde zum Glücklichsein, eine Idee zu haben; es genügt, auf morgen zu verschieben, was man heute besorgen kann.
    In dieser ungewöhnlichen Stadt jedoch ist es etwas anderes. Noch wichtiger als die Ideen ist es hier, nicht auf morgen zu verschieben, was man heute besorgen kann.
    Ein Geschöpf des lieben Gottes, das in diese ungewöhnliche Stadt geschneit kommt, ist wie ein Zahnrad, das in das Getriebe einer Maschine gerät. Entweder versteht es, sich in das passende Lager einzufügen und dreht sich mit, oder es verliert seine Zähne.

    Man wird ein bißchen wehmütig, wenn man merkt, daß nun alles in geregelte Bahnen gelenkt ist, daß der nächste Tag keine Überraschung bringen kann.
    Ein anderer in meinem Heim wird es viel weiter bringen.
    Ja, unser Herr Sohn, der wird es zu weiß Gott was bringen. Das sieht man von Tag zu Tag deutlicher. Heute hab’ ich im Café meinen Freund Giovanni getroffen. Wir redeten über dies und das, dann fragte er mich, ob mein Kind gut gedeihe. Ich antwortete ihm, daß wir mit seiner Entwicklung zufrieden seien. „Schade, daß ich keine Photographie bei mir habe“, schloß ich. „Ich gestehe dir: ich konnte die Leute nie ertragen, die mit einem Dutzend Photographien ihrer Kinder herumlaufen. Sie erinnern mich an Reisende mit ihren alten Katalogen. Findest du nicht auch?“
    „Wem sagst du das?“ erwiderte Freund Giovanni. „Wenn es etwas

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