Enthuellungen eines Familienvaters
am Ende eines Stieles befestigt ist; wenn man es ergreift, kann man damit Schläge führen, um Nägel einzuschlagen oder ein Thermometer zu zertrümmern.“
Der würdige Wissenschaftler breitete die Arme aus.
„Mein Bester“, erklärte er mit einem leichten Ton von Ungeduld in der Stimme, „wir sprechen verschiedene Sprachen. Wollen Sie mir, bitte, in schlichten Worten sagen, was Sie haben!“
„Ich habe Kopfschmerzen!“ antwortete ich. Und der hervorragende Vertreter seines Fachs versicherte mir, daß man nun endlich vernünftig sprechen könne. Er fragte mich, welcher Art der Schmerz sei, wann er auftrete und ob es sich um ein andauerndes oder intermittierendes Übelbefinden handle. Schließlich rekapitulierte er: „Wenn ich Sie recht verstehe, bemerken Sie, in schlichten Worten ausgedrückt, jeden Tag im zentralen Teil Ihres Gehirns etwas wie einen Hammer, der um siebzehn Uhr zu klopfen beginnt und bis zum Abend fortfährt. Das wollten Sie doch sagen?“
„Ja“, antwortete ich.
Der vortreffliche Mannn fühlte mir den Puls, untersuchte mein Herz und meine Lunge, dann betrachtete er mich aufmerksam. „Raucher?“ fragte er.
„Nein“, antwortete ich.
„Wein?“
„Nein.“
„Alkoholiker?“
„Nein.“
„Nie?“ drang er mit höflicher, aber entschiedener Stimme in mich. Und ich wurde davon ein wenig verwirrt. Den Doktoren muß man die ganze Wahrheit sagen.
„Ja, sehen Sie“, gestand ich, „vergangenen Monat habe ich ein Glas Fernet getrunken.“
Der tüchtige Arzt fixierte mich noch genauer.
„Frauen?“ fragte er.
„Gattin“, flüsterte ich errötend. Und diese Antwort bewirkte bei ihm eine Geste der Ungeduld.
„Ich habe gesagt: ,Frauen’ !“ rief er aus.
„Eben! Meine Gattin ist eine Frau.“
Der hervorragende Arzt lachte, aber man merkte, daß er sich ärgerte.
„Wenn ich ‚Frauen’ sage, meine ich ‚andere Frauen’“, erläuterte er schnaubend, „im Sinne von Amüsement.“
Ich errötete. „Ja, sehen Sie“, gestand ich, „um ganz aufrichtig zu sein, im Jahre 1932 ein gewisses blondes Mädchen.“
Der ausgezeichnete Mann unterbrach mich und setzte die Befragung fort.
„Bleiben Sie in der Nacht lange auf?“
„Nein.“
„Leisten Sie geistige Arbeit?“
„Nein. Ich schreibe für Zeitungen.“
„Fleisch?“
„Nein. Lebensmittelkarte.“
Hann wurde der Doktor nach einem Augenblick des Schweigens noch diskreter.
„Also Drogen?“ fragte er mit leiser Stimme.
„Nein. Kein Pfeffer und nur ein wenig Muskatnuß.“
„Ich habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt“, unterbrach mich der Arzt, „ich meine Drogen im Sinne von Betäubungsmitteln, Anregungsmitteln und so weiter.“
„Hin und wieder Aspirin“, gab ich zu.
„Kaffee?“
Ich breitete lächelnd die Arme aus.
„Das hat nichts zu bedeuten!“ rief der Doktor. „Man kann sich welchen auf dem schwarzen Markt verschaffen!“
„Nein.“
Da verlor der hervorragende Arzt seine Ruhe. „Himmelherrgott“, sagte er mit gereizter Stimme, „Sie trinken keinen Kaffee, nehmen keine Drogen, bleiben in der Nacht nicht lange auf, leisten keine geistige Arbeit, haben nichts mit Frauen, trinken nicht, rauchen nicht; darf man wissen, was ein armer Doktor Ihnen verbieten könnte?“ Er war von edler Entrüstung erfüllt, und ich ging gesenkten Hauptes fort.
An der Tür angelangt, erinnerte ich mich an etwas und kehrte zurück.
„Entschuldigen Sie, Doktor“, sagte ich. „Ich rauche, trinke wirklich nicht, etcetera, aber ich habe das Pfefferminzlaster.“
„Das Pfefferminzlaster? Und was soll das sein?“ fragte der Doktor und runzelte die Brauen.
„Sehen Sie, jeden Tag esse ich zwei weiße Pfefferminzbonbons.“
„Gut!“ rief der Doktor befriedigt aus. „Wenn Sie gesund werden wollen: keine Pfefferminzbonbons mehr!“
Und heute, nach sechsundzwanzig Tagen, muß ich anerkennen, daß der Doktor recht hatte. Nachdem ich die beiden täglichen Bonbons abgeschafft hatte, ist mein Kopfschmerz verschwunden. Und ich bin sehr befriedigt, weil ich ihn durch das Opfer von nur zwei Bonbons pro Tag behoben habe. Hätte ich hingegen auf die Fragen des Doktors mit ja geantwortet, so dürfte ich heute nicht mehr rauchen, dürfte keine Weine und Liköre mehr trinken, dürfte in der Nacht nicht lange aufbleiben und so weiter, wie ich es immer gemacht habe und auch jetzt noch mache und künftig zu machen hoffe.
Die Doktoren brauchen nur wenig, um Sie zu heilen; wenn sie Ihnen irgend etwas verbieten
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