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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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sechzig, durch sechs dividiert, auch zehn.“
    „Ich habe verstanden! Achtzig ist gleich sechzig.“
    „Nein, — Albertino! Achtzig ist verschieden von sechzig, aber wenn man das erste durch acht dividiert und das zweite durch sechs, ist das genau so wie beim Multiplizieren — du kannst doch multiplizieren, Albertino —, und wenn du fünf mit zwanzig oder zehn mit zehn multiplizierst, bekommst du auch das gleiche Produkt. Verstanden?“
    Albertino dachte ein wenig nach.
    „ Der ,Bel Paese’ ist ein Galbani-Produkt“, sagte er ernst. „Das sagen sie immer im Radio.“
    „Ja, das ist wahr“, stimmte Margherita zu, die mit ihrer Näharbeit beschäftigt war. „Morgen werde ich ein Pfund davon kaufen.“
    Ich bat Albertino sanft, er möge jetzt das Radio und die Galbani-Produkte vergessen.
    „Sonst hat dir der ,Bel Paese’ immer geschmeckt“, bemerkte Margherita. „Aber wir können ja zu einem anderen übergehen.“
    Ich sagte gelassen: „Margherita, das ist einfach eine Frage der Korrektheit. Du hast nicht das Recht, dich an Einzelheiten zu klammern, die aus meinen Reden herausgerissen wurden. Entweder du folgst von Anfang an dem, was ich sage, und erwirbst damit das Recht, dich einzumischen, oder du mußt den Mund halten. Hier wird von Arithmetik gesprochen, nicht von Milchprodukten. Der Käse interessiert mich nicht.“
    „Na schön“, antwortete Margherita, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. „Wenn du keinen mehr bekommst, darfst du aber keine Szene machen. Von morgen an also kein Käse mehr!“
    Ich wendete mich an Albertino und fragte ihn, ob er verstanden habe.
    „Ja; von morgen an kein Käse mehr.“
    In solchen Fällen antworte ich nicht. Ich beende das Kapitel und beginne ein neues.
    Ich nahm sechzig Zahnstocher und verteilte sie in Häufchen zu zehn auf den Tisch. Daneben legte ich achtzig, ebenfalls in Häufchen zu zehn.
    „Albertino“, sagte ich, „schau her! Zehn Zahnstocher, mit acht multipliziert, machen wieviel?“
    „Achtzig.“
    „Gut. Und zehn Zahnstocher, multipliziert mit sechs, machen wieviel?“
    „Sechzig.“
    „Ausgezeichnet. Und jetzt machen wir das Gegenteil, ohne etwas an den Häufchen zu verändern. Achtzig Zahnstocher, dividiert durch acht, macht wieviel?“
    „Ein Häufchen von zehn Zahnstochern.“
    Nun waren wir soweit; und ich gestehe, daß ich zufrieden war. „Und sechzig Zahnstocher dividiert durch sechs?“
    Albertino schaute mich an, dann schaute er die sechs Häufchen an. Man sah, daß er nicht überzeugt war. Er war mißtrauisch. Er nahm ein Häufchen, zählte die Zahnstocher und legte sie wieder hin. „Sechzig Zahnstocher dividiert durch sechs ist gleich acht“, antwortete er.
    Da schrie ich, das sei Nicht-verstehen-Wollen, um einem Familienvater Verdruß zu bereiten; und Margherita beugte sich über den Tisch und zählte ebenfalls die Zahnstocher.
    „Das Kind hat recht“, sagte sie. „Es sind acht.“
    Ich zählte ebenfalls. Und es waren acht. Dann zählte ich alle sechs Häufchen nach, und das Resultat war: drei zu zehn, zwei zu acht und eines zu neun Zahnstochern.
    Albertino schaute mich voll Argwohn an. Ich warf ihm sein Heft hin und sagte sehr energisch: „Wenn du mir bis heute abend nicht deine Divisionen tadellos ausgeführt vorlegst, gehst du von morgen an nicht mehr in die Schule und wirst Maurer!“
    Albertino entfernte sich weinend und schloß sich in seinem Zimmer ein.
    Und ich nahm meine Arbeit wieder auf, nachdem ich Margherita einen funkelnden Blick zugeworfen hatte. Nach zwanzig Minuten kam Albertino zurück. Er weinte nicht mehr; er war ruhig und heiter. „Ich werde Maurer“, erklärte er mit Festigkeit.
    Da erhob sich Margherita und warf ihren Stoff und ihre Knäuel auf den Sessel; in ihren Augen war eine Flamme des Zornes, und darin spiegelte sich die ganze beleidigte Mütterlichkeit und noch vieles andere.
    „Komm!“ rief sie, indem sie Albertino an einer Schulter packte. „Ich werde dir das ohne Zahnstocher beibringen und ohne elende Kniffe mit Zehnern, die in Wirklichkeit aus neun oder acht bestehen!“
    Sie entschwand und blieb mindestens drei Viertelstunden fern. Als sie wiederkam, war sie ruhig, heiter und gelassen.
    Sie setzte sich, nahm ihre Arbeit wieder auf und trillerte im Falsett ein paar Takte aus einem Schlager.
    „Im Grunde ist der Beruf des Maurers ein Beruf wie jeder andere“, bemerkte sie schließlich mit edler Natürlichkeit.
    Albertino kam verträumt herein.
    „Zwölf“, sagte er.
    „Zwölf was?“

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