Enthuellungen eines Familienvaters
fragte ich.
„Sechzig dividiert durch sechs ist zwölf“, erklärte er und zeigte auf eine Handvoll Knöpfe. „Ich habe sie Häufchen für Häufchen gezählt. Die roten Holzknöpfe muß man dazu addieren.“
Ich blickte Margherita an. „Wieso dazu addieren?“
„Ich weiß nicht“, antwortete sie seufzend. „Bestehst du noch immer auf der Abschaffung des Käses, oder soll ich wieder welchen nehmen?“
„Nimm ihn nur.“
„,Bel Paese’?“
„Ja.“
„Der ‚Bel Paese’ ist ein Galbani-Produkt“, versicherte Albertino mit ernster Miene. „Siehst du, daß ich recht hatte?“
Am Abend aßen wir Käse.
Die holdselige Zusammenstellerin meiner familiären Mahlzeiten schaute mich mit triumphierendem Lächeln an, und ihre großen schwarzen Augen sagten: „Giovannino, Giovannino...“
Das technische Zeitalter
Ein Messebesuch ist schon an und für sich eine nicht unerhebliche’ Strapaze, denn man hat da so viel zu sehen, daß man nach einer Weile glaubt, man hätte sich bei dieser Anstrengung die Beine gebrochen. Ein Messebesuch mit Carlotta ist jedoch ein schlechthin beängstigendes Unternehmen, und das nicht deshalb, weil sie eines von jenen albernen Kindern ist, die unaufhörlich Getränke und Süßigkeiten haben wollen oder die wimmern, weil sie müde sind. Carlotta trägt ihre wenigen Jahre mit wahrhaft bewundernswerter Würde und verrät vor einer Auslage mit Leckereien keinerlei Erregung. Alkoholika würdigt sie zwar, sie hat sogar eine starke Vorliebe für Branntwein und alten Kognak und weiß sich zu Hause geschickt den Moment zunutze zu machen, wenn man die Gäste zur Tür begleitet, um alle unbewacht gebliebenen Gläser eifrigst hinunterzugießen, aber außer Haus kann sie sich wunderbar beherrschen.
Der Jammer ist, daß Carlotta eine ausgeprägte Leidenschaft für Schwermechanik hat. So konnte ich nicht umhin, mit ihr die Fiat-Sonderschau „Großmotoren“ zu besuchen, und bewarb mich zu diesem Zweck beim Präsidium der Fiat um eine Sonderschaugenehmigung. Kaum sieht Carlotta irgendein metallenes Ding, das höher ist als zwei Meter, bleibt sie stehen und zieht Erkundigungen ein. „Was ist das?“
„Ein Dieselmotor.“
„Warum?“
Da haben wir’s! Das ist der Jammer!
Warum ist ein Dieselmotor ein Dieselmotor?
Kaum hat man aber das furchtbare „Warum“ überwunden, geht es weiter:
„Wie heißt er?“
„Wer ist sein Vater?“
„Wo wohnt er?“
„Ist es schlimm?“
Carlotta will alles über eine Maschine wissen, auch ob sie schreiben und lesen kann, ob sie Geschwister hat. Sie ist noch nicht so weit gekommen, von mir Informationen über den Lebenswandel einer Maschine zu verlangen, aber vor einer Futterpresse erkundigte sie sich: „Ist sie eine Kommunistin?“
Dies veranlaßte Margherita, einzuschreiten und ihr das Wort abzuschneiden: „Genug! Kinder sollen sich nicht mit Politik befassen!“
Da nun die Dinge so stehen, begreift man, daß ein Messebesuch mit Carlotta einen erschauern läßt. Denn sie interessiert sich, wie gesagt, für die unerwartetsten Dinge.
Dann und wann erhebt sich zum Beispiel über das Stimmengewirr der unermeßlichen Menge die Stimme des Lautsprechers: „Die Eltern des Knaben soundso mögen sich in der Wachstube einfinden... Die Eltern des Mädchens soundso mögen sich...“
„Warum sollen die Eltern sich einfinden?“ fragte Carlotta.
Das war leicht zu erklären. „Manchmal verliert sich ein schlimmes Kind, das nicht mit Papa und Mama gehen will, sondern stehenbleibt, um dies und jenes zu sehen. Nun beginnt es zu weinen und zu verzweifeln, und man bringt es in die Wachstube dort hinten und benachrichtigt die Eltern, sie sollen es holen kommen. Und dann laufen die Eltern, um es zu holen.“
„Hauen sie es?“
„Selbstverständlich.“
„Sehr?“
„Ja, sie geben ihm eine Ohrfeige und zwei oder drei hinten drauf.“ Carlotta blieb einige Sekunden nachdenklich, dann behauptete sie: „Das sind Kerle! Man schlägt Kinder nicht.“
Margherita erhob Einspruch: „Aber die Kinder müssen immer bei Papa und Mama bleiben.“
Carlotta schüttelte den Kopf. „Die Kinder sind klein, und die Pappis und Mammis sind groß. Und außerdem sind sie zwei und das Kind ist nur eines. Also müssen sie aufpassen.“
Das war eigentlich nicht von der Hand zu weisen, und ich hielt es für günstig, nicht weiter auf meinem Standpunkt zu beharren. Aber Margherita war anderer Meinung, und so ergab sich eine wenig erfreuliche Diskussion, wie ja
Weitere Kostenlose Bücher