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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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revolutionäre Experiment hinter uns. Wir werden sehen, wie das Proletariat reagiert, wenn es Herr des ganzen Systems ist. Nun steht es vor der Probe.“
    Das Proletariat setzte sich unter den Küchentisch und begann, die Eisenbahn zu montieren; aber nach einer halben Stunde bat es den Mittelstand um Hilfe.
    Albertino arbeitete mit. So gelang es, die Eisenbahn vollkommen gebrauchsfertig zu machen.
    „Haha!“ grinste Carlotta, als ich mich in der Küche zeigte.
    „Gut und schön“, sagte ich. „Nun wollen wir sehen, wie es funktioniert.“
    Der in der Technik erfahrene Mittelstand tat den Stecker in die Steckdose. Dann ließ er die Schalter des Schaltbrettes einschnappen. Und der Zug bewegte sich nicht.
    „Haha!“ grinste ich, weil ich die Sicherung unter dem Zähler losgeschraubt hatte. „Haha!“
    Es folgte eine heftige Rebellion des Proletariats, das mich mit den Füßen gegen die Schienbeine zu treten suchte. Aber dann mußte man ein Übereinkommen treffen; und so gewann ich meinen Bahnhof zurück. Nun schraubte ich die Sicherung wieder ein, und der Zug setzte sich in Bewegung.
    „Liebe Kinder“, erklärte ich, „das Wichtigste im Leben ist die Zusammenarbeit. Jeder soll geben, was er geben kann, und keiner soll Anspruch darauf haben, alles selber zu haben. Wenn der Zug fahren soll, ist es, wie ihr seht, nötig, daß wir alle drei ein Übereinkommen finden.“
    Margherita seufzte.
    „Das beweist, daß das Proletariat recht hat, wenn es die Verstaatlichung der Elektroindustrie verlangt“, sagte sie. „Das hat man also dir zu verdanken, du Kapitals-Giovannino, der du die Sicherungen im Zähler kontrollierst.“
    „Entstellen wir das Problem nicht“, entgegnete ich. „Lassen wir der Sache den Charakter eines Experimentes der Zusammenarbeit.“
    Am Abend geschah es, daß wir die Kerze anzünden mußten, denn eine unbekannte ruchlose Hand hatte den Stecker des Bügeleisens angesteckt und das Bügeleisen selbst in den Suppentopf gesetzt. Und da die Suppe ziemlich stark gesalzen war, war ein Kurzschluß entstanden, und sämtliche Sicherungen waren durchgebrannt.
    „Das Proletariat rebelliert“, bemerkte Margherita.

    Ich schnitt Zeitungsausschnitte aus Zeitungen. Margherita und Albertino machten Schularbeiten.
    „Was soll das heißen: ,Zwölf kleine Gedanken über den Tischler schreiben1’“ fragte mich Margherita und hielt mir Albertinos Heft unter die Nase.
    „Es heißt, daß man kurz zwölf von den Verrichtungen eines Tischlers beschreiben soll.“
    Aufgefordert, an den Tischler und an seine Tätigkeit zu denken, formulierte Albertino nach reiflicher Überlegung einen scharfsinnigen Gedanken: „Der Tischler stirbt.“
    „Bravo“, stimmte ich zu. „Und was macht der Zimmermann?“
    „Er weint, weil der Tischler gestorben ist“, antwortete Albertino ernst.
    Ich grinste und drückte mich wenig anerkennend hinsichtlich der spekulativen Fähigkeiten Albertinos aus.
    „Immerhin zeigt es, daß er gefühlvoll ist“, protestierte Margherita grollend. „Die Idee, den Zimmermann aus Schmerz über den Tod des Tischlers weinen zu lassen, ist das Zeugnis einer edlen Seele. Es fragt sich freilich, wie der Tischler seine anderen elf Handlungen ausführen soll, wenn seine erste Handlung das Sterben ist.“ Margherita und Albertino diskutierten ein wenig und beschlossen endlich, der Tischler solle erst zum Schluß sterben. Aufgefordert, an eine der gewöhnlichsten Handlungen eines lebenden Tischlers zu denken, sagte Albertino: „Der Tischler hat einen Schnurrbart.“
    „Das ist als Grundgedanke nicht schlecht!“ rief Margherita. „Was meinst du?“
    „Einen Schnurrbart zu haben, ist keine charakteristische Handlung eines Tischlers“, erklärte ich. „Einen Schnurrbart habe ich auch.“
    „Die Tatsache, daß du einen Schnurrbart hast, bedeutet nicht, daß ein Tischler nicht auch einen haben kann. Die Schnurrbärte sind kein Vorrecht der Bürger.“
    „Einverstanden, aber einen Schnurrbart zu haben, ist keine Handlung. Um eine Handlung auszuführen, muß man etwas tun. Der Tischler hat einen Schnurrbart, auch wenn er nichts tut, auch wenn er schläft.“
    Margherita sagte, daß Albertino begriffen habe, und forderte ihn zum drittenmal auf, an die gewöhnlichen Handlungen eines lebenden, wachen und mit seiner Arbeit befaßten Tischlers zu denken. „Der Tischler atmet“, sagte Albertino.
    „Nein, mein Sohn!“ fiel ich lebhaft ein. „Das ist ja doch keine gewöhnliche Handlung des

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