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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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zog rasch den Korb fort.
    Albertino versuchte, zugunsten seiner Mutter einzuschreiten, aber Carlotta schüttelte den Kopf und verließ mit dem Korb den Raum. „Sie ist sehr streng“, erklärte Albertino.
    Margherita beschränkte sich darauf zu sagen: „Mit vier Jahren habe ich meine Mutter nicht so behandelt, die Kinder waren damals anders.“
    Am Nachmittag blieben wir allein, und Carlotta vertraute sich mir an.
    „Sie hat Strafe. Abends läßt sie mich allein und geht mit dem da spazieren.“
    „Wer ist dieser ,dem da’?“
    „Albertino. Er ist verlogen wie sie. Sie gehen auch tanzen. Sie essen immer Süßigkeiten. Sie hat die Suppenschüssel zerbrochen. Sie ist schlimm.“
    Carlotta zeigte mir an der Spitze ihres Fingers einen Punkt.
    „Sie hat mich mit dem Messer gestochen“, erklärte sie seufzend. Wir gingen in den Garten, um das Motorrad anzuschauen.
    „Ist das das Motorrad?“ fragte Albertino.
    „Ja.“
    „Er ist gekocht“, teilte mir Carlotta mit, nachdem sie den noch warmen Zylinder mit dem Finger — berührt hatte.
    Albertino ging um das Motorrad herum und betrachtete es schweigend.
    „Auf den Photographien im Album war ein Auto“, sagte er schließlich. „Es war schön.“
    „Ja.“
    „Warum hast du jetzt kein Auto und nur ein Motorrad?“
    „Weil ich den Krieg verloren habe.“
    „Und warum hast du Krieg gemacht?“
    „Tja, ich war eben jung.“
    „Man braucht keinen Krieg zu machen“, bemerkte Carlotta ernst. Wir gingen spazieren, um den Mittag abzuwarten.
    „Die Berge“, erklärte mir Albertino ernst, „sind nicht lang, sondern hoch. Der Unterschied zwischen dem Gebirge und der Ebene besteht darin, daß man im Gebirge von Höhe spricht, während man in der Ebene von Länge spricht.“
    „Spricht man nicht von Weite?“ warf ich ein.
    Albertino behielt sich eine Ergänzung seiner Erklärungen vor. Und als wir heimkamen, interpellierte er in diesem Sinne seine Mutter. „Ja“, antwortete Margherita, „man kann in der Ebene auch von Weite sprechen, aber das ist ein sekundäres Element, da ja die Straßen alle der Länge nach und nicht der Breite nach angelegt sind; daher interessiert uns, die wir keine Landgüter besitzen, einfach die Entfernung, die nichts ist als eine in Kilometer eingeteilte Länge.“
    Hierauf beehrte sie mich mit einer vertraulichen Information. „Ich versuche, ihm auf möglichst einfache und klare Art eine Vorstellung von den wesentlichsten Dingen beizubringen. Ich bin eben dabei, ihn in die Geographie einzuführen. Ist es deines Erachtens an der Zeit, ihm zu sagen, daß die Erde rund ist?“
    „Ich würde warten; Aufklärungen sind mit Vorsicht zu behandeln.“
    „Du hast recht Albertino ist ein Gefühlsmensch; wenn man ihm die nackte und rauhe Wirklichkeit des Lebens vor Augen führt, könnte man ihm schmerzhafte Enttäuschungen bereiten.“
    Wir waren darüber einig, die Kugelgestalt der Erde zu vertuschen. Am folgenden Morgen stand ich gegen sechs auf und ging in den Garten hinunter, um das Motorrad reisefertig zu machen. Plötzlich erschien Carlotta im Hemd und brachte ein großes Servierbrett; auf dem Servierbrett war ein Biskuit, eine rohe Kartoffel, das Pfefferfaß, ein Bonbon und eine mit gezuckerten getrockneten Bohnen gefüllte Tasse.
    „Das Frühstück“, sagte Carlotta.
    Und während ich den Biskuit in den Pfeffer tunkte und aß, seufzte sie: „Und indessen schläft sie!“
    Als ich auf der Straße war und den Motor anließ, streckte Carlotta die Arme aus und schluchzte: „Ich kann nicht mehr! Pappi, nimm mich mit dir fort!“
    Da schaltete ich den dritten Gang ein. Der Motor ging los, als hätte er einen Zylinder von 2000 ccm; denn er hatte begriffen, daß der Augenblick ernst war.
    Margherita kehrte in aufeinanderfolgenden Wellen heim.
    Zuerst kam ein Träger vom Hauptbahnhof mit einer Reisetasche und einem Bündel. Nachdem er die Reisetasche abgesetzt hatte, übergab er mir das Bündel und sagte: „Schauen Sie!“
    Ich schaute und sah, daß das Bündel die in tiefen Schlaf versunkene Carlotta beinhaltete.
    „Gehört es Ihnen?“
    „Es gehört mir. Aber ich verstehe nicht ..
    Er erklärte mir, daß sie eben auf dem Bahnhof angekommen sei, vorher war jedoch eine dringende Mitteilung angekommen, die besagte, daß eine mit zwei Kindern und einer Reisetasche von Genua abgereiste Dame in Voghera mit dem Knaben ausgestiegen sei, um etwas zu kaufen, und daß der Zug abgefahren sei, ehe die Dame wieder einsteigen konnte. Man hatte die

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