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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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des garessinischen Ichs von Margherita. Carlotta kam herein und betrachtete mit Mißfallen dieses Bild des Jammers. „Es wäre besser gewesen, ich wäre weitergefahren“, sagte sie mit einer Stimme voller Sarkasmus.
    Das Mailänder Ich meiner vierten Welle sah mich wie aus weiten Fernen an, und ihre großen schwarzen Augen sagten mit bitterem Lächeln: „Giovannino, Giovannino...“

Margherita wird philosophisch

    Margherita erschien plötzlich um neun Uhr abends. Sie war von einer kleinen Reise zurückgekehrt.
    „Später“, sagte sie und ging mit Kindern und Reisetaschen zu Bett. Um Mitternacht, als ich an der Schreibmaschine arbeitete, tat Margherita ihre zweite Erscheinung. Sie kam mit halbgeschlossenen Augen herein und tappte im Halbschatten herum, denn es brannte nur meine Tischlampe. Ich schaute ihr eine Weile zu, dann fragte ich sie, was sie suche.
    „Mein Gott! Ein Mann im Badezimmer!“ schrie Margherita, die Augen weit auf reißend.
    „Reg dich nicht auf, ich bin es“, beruhigte ich sie.
    „Du? Und warum setzt du dich nachts zum Maschineschreiben ins Badezimmer?“
    Ich zündete die kugelförmige Deckenlampe an.
    „Hier ist nicht das Badezimmer“, erklärte ich mit Sanftmut, „das ist mein Arbeitszimmer. Das Badezimmer ist nebenan.“
    „Wie du willst, Giovannino“, seufzte Margherita. „Du hast zu befehlen, und ich muß mich fügen und demütig mein Haupt neigen, wenn du Veränderungen vorzunehmen beschließt. Gibt es da noch andere Neuerungen außer der mit deinem Arbeitszimmer im Badezimmer? Hast du dir endlich den Wunsch erfüllt, deine famosen Bäume im Garten zu pflanzen und dadurch der Wohnung das Licht zu nehmen?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Margherita, du hast dich im Gatten geirrt“, erklärte ich. „Der, der die Bäume pflanzen will, ist der Gatte der Frau in der kleinen Villa an der Ecke. Ich habe keinen Garten, ich wohne zusammen mit dir im vierten Stock eines Mietshauses.“ Margherita setzte sich in den Lehnstuhl vor meinem Tisch, zündete sich eine Zigarette an und sah dem aufsteigenden Rauch nach. „Vielleicht“, sagte sie mit einer Stimme wie aus weiter Ferne. „Aber du kannst ruhig einen ganzen Eichenwald vor den Fenstern anpflanzen. Du kannst mir das Sonnenlicht nehmen. Denn das, was zählt, was das Leben erleuchtet, ist das innere Licht.“
    Diese edle und tiefe Betrachtung hatte sie anscheinend sehr ermüdet. Sie warf die Zigarette weg und vergrub den Kopf in die Hände. Sie blieb lange schweigend sitzen, während ich auf die Tasten klopfte. Als sie den Kopf wieder erhob, hatte sie die Augen voll Tränen.
    „Was hast du, Margherita?“
    „Ich weiß nicht“, antwortete sie mit verhaltener Stimme, „ich leide so sehr. Ich hätte Lust zu heulen, aber ich finde mit Mühe die Kraft zum Atmen. Ich fühle, daß ich sterbe.“
    Ihre Stirn war eiskalt von Schweiß; sie schien wirklich sehr zu leiden. Sie ließ den Kopf auf die Rückenlehne des Lehnstuhles sinken, dann streckte sie einen Arm aus und fuchtelte mit der Hand in der Luft herum. „Meine Kinder...“, flüsterte sie mühsam. „Wo sind meine Kinder? Sie waren hier, im Bett neben mir, und ich fühlte ihre Wärme.“
    „Du bist nicht in deinem Bett, Margherita, du bist jetzt in meinem Lehnstuhl.“
    „Warum habe ich sie verlassen?“ schluchzte sie verzweifelt.
    „Ich weiß es nicht, Margherita. Du bist plötzlich in mein Arbeitszimmer gekommen, weil du glaubtest, es sei das Badezimmer.“ Margherita sperrte die Augen auf, erhob sich schnell und entschwand. Kurz darauf erschien sie an der Tür.
    „Muß ich denn wirklich an alles denken?“ fragte sie vorwurfsvoll. „Warum nimmt sich niemand die Mühe, mich zu erinnern, wenn ich etwas vergesse?“
    Ich versuchte, ihr zu erklären, daß es leider gewisse Dinge gebe, die aus technischen Rücksichten streng persönlich seien; niemand könne in dieser Hinsicht auf irgend jemandes Unterstützung rechnen, niemand.
    Sie schüttelte den Kopf und lächelte traurig.
    „Wir sprechen zwei verschiedene Sprachen“, antwortete sie. „Und deshalb fehlt uns jenes Verständnis, das einzig und allein eine intime Gemeinschaft ermöglicht. Vielleicht hattest du vorhin recht: ich habe mich im Gatten geirrt. Und du hast dich vielleicht in der Gattin geirrt. Und so haben wir uns in der Ehe geirrt und in allem übrigen.“
    „Nein, Margherita“, protestierte ich. „Die Sache ist viel einfacher. Du hast dich in der Tür geirrt und bist in mein Arbeitszimmer gekommen statt

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