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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Adresse des Mädchens und der Reisetasche angegeben und gebeten, beides dort zuzustellen.
    „In drei Stunden, mit dem Autobus um achtzehn Uhr zwanzig, dürfte der Rest kommen“, schloß der Träger.
    Ich gab ihm Geld.
    „Hier, für das Mädchen und für die Reisetasche.“
    Der Träger schüttelte den Kopf. „Für die Reisetasche, schön — aber für das Mädchen kann ich nichts annehmen. Das ist ein Werk sozialer Solidarität, keine Dienstleistung. Ich nehme das Geld nur für die Reisetasche.“
    Er hatte ein edles Herz, und ich war bewegt. Als er fortgegangen war, wachte Carlotta auf und schaute um sich.
    „Sie ist mit ihm ausgerissen und hat mich verlassen wie einen Hund“, seufzte sie schließlich.
    Dann schien ihr das Bild des verlassenen Hundes offensichtlich doch nicht zu genügen, und sie verbesserte sich: „Sie hat mich verlassen wie eine Katze.“
    Ich fragte sie, ob sie geweint habe, als sie sich mit ihren viereinhalb Jahren allein in einem Zug gesehen habe. Sie beschränkte sich darauf, die Schultern zu zucken. Ihr Gesicht war schandbar mit Schokolade verschmiert, ihre Taschen vollgepfropft mit Bonbons und Schokolade.
    „Ich bin fast gestorben vor Hunger“, erklärte sie mir .. „Da haben mir die Leute etwas zu essen gegeben. Ich war so mager!“
    Sie zeigte mir den kleinen Finger der linken Hand. Dann wurde sie ernst.
    „Alle haben gesagt, daß sie eine solche Rabenmutter noch nicht gesehen haben.“
    Nach vier Stunden kam die zweite Welle: Albertino, der sich verzweifelt an eine große Henne klammerte, die Lärm machte und sich aufregte wie eine ganze Versammlung von Hühnern.
    Ich erkannte Albertino zuerst gar nicht, denn er hatte den Mantelkragen aufgestellt, die schwarze Baskenmütze bis unter die Ohren gezogen und trug eine schwarze Motorradfahrerbrille. Ich bat um Aufklärungen.
    „Wir sind bei einer Station ausgestiegen, weil die Mama gehört hatte, daß dort die Hühner billig sind, und wir sind schnell hinausgegangen, um eines zu kaufen und nach Hause zu bringen, aber wir haben es lebendig gekauft, damit es nicht verdirbt. Und dann hat mir die Mama die schwarze Brille gekauft, weil die Henne schlimm war, damit sie mir nicht in die Augen picken kann. Dann ist der Zug vor uns mit der Reisetasche und Carlotta abgefahren, und die Mama hat nach Mailand telefonieren lassen. Dann sind wir mit dem nächsten Zug abgefahren, aber kaum hatten wir den Bahnhof verlassen, da ist mir die Henne ausgekommen, und ich bin ihr nachgelaufen und habe sie eingefangen. Aber es war sehr weit, und ich habe die Mama nicht mehr gefunden, und da habe ich mir den Weg zeigen lassen und bin nach Hause gekommen.“
    Ich antwortete, es sei alles in Ordnung, befreite das unglückliche Huhn und setzte es in einen Korb.
    Dann wartete ich auf die dritte Welle Eine halbe Stunde später schrillte das Telefon, und ich hörte die sehr aufgeregte Stimme Margheritas: „Giovannino, die Nummer!“
    „Die Nummer?“
    „Ja, um Himmels willen, sag mir unsere Telefonnummer! Schnell!“ Ich gab ihr die Nummer und kam nicht mehr dazu, sie irgend etwas zu fragen, denn sie hängte den Hörer wieder auf.
    Nach einiger Zeit begann das Telephon wieder zu schrillen. Es war wieder Margherita.
    „Giovannino“, schluchzte sie, „Albertino ist verlorengegangen.“
    „Beruhige dich“, versicherte ich ihr, „er hat sich schon gefunden.“
    „Auch die Henne?“
    „Auch die Henne.“
    „Auch die Reisetasche?“
    „Auch die Reisetasche, auch das Mädchen, alles zusammen. Beruhige dich und antworte mir: hast du eben angerufen und mich nach unserer Telefonnummer gefragt?“
    „Ja, ich war so aufgeregt, daß ich mich nicht an sie erinnern konnte. Dann habe ich ins Telefonbuch geschaut und habe dich angerufen, um dich nach der Nummer zu fragen, weil ich dich ja schnell anrufen mußte. Und kaum hattest du mir die Nummer gesagt, habe ich natürlich gleich wieder aufgelegt. Kannst du dir nicht vorstellen, daß in tragischen Augenblicken die Minuten kostbar sind und daß man seine Zeit nicht mit Plaudern verlieren kann? Wir werden sprechen, wenn ich zu Hause sein werde, Giovannino. Wenn ich erst zu Hause bin, haben wir so viel Zeit, wie wir wollen, um uns zu unterhalten.“
    Ich unterbrach sie sanft: „Von wo telefonierst du, Margherita?“
    „Ich bin bei Frau Giuseppina.“
    Nun muß man wissen, daß ich im vierten Stock wohne; wenn man auf dem vierten Stock meines Hauses ankommt, findet man rechts meine Tür und links jene der Frau

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