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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einmal aufgestanden war, um Natron zu nehmen, weil er Sodbrennen hatte. Dabei hatte er zufällig aus dem Fenster gesehen. Zwei Frauen, die von einer Spätschicht heimkamen, und Susi, ein leichtes Mädchen, das an der Straßenecke auf und ab ging und gehofft hatte, der fremde Mann würde weitergehen und in ihre Einflußsphäre kommen. Statt dessen war er in den Wagen, der – wie das Mädchen wußte – dem schlaksigen Dr. Budde gehörte, eingestiegen.
    Auch die drei anderen Zeugen berichteten übereinstimmend, daß ein Mann, der weder aus dem Haus kam noch einen betrunkenen Eindruck machte, den Wagen Dr. Buddes aufgeschlossen hatte und damit weggefahren war.
    Diese Aussagen machten den Untersuchungsrichter und auch die Staatsanwaltschaft nachdenklich. Die Angaben Dr. Buddes schienen sich zu bewahrheiten. Er behauptete nach wie vor, daß er an diesem Abend betrunken in seiner Wohnung gelegen hatte.
    »Ich muß hier 'raus!« sagte Klaus Budde zu seinem Freund Hartung. »Gisela ist bei Professor von Maggfeldt … und aus allem, was ich hörte, habe ich entnehmen müssen, daß man sie für irre hält! Das ist so unglaublich, so …« Er faßte sich an den brummenden, schmerzenden Kopf. »Ich habe nicht verhindern können, daß man zu dieser Beurteilung kam. Und als ich Gisela selbst sprechen konnte …« Er tippte auf seinen Verband. »Du mußt mich so schnell wie möglich frei bekommen!«
    »Und dann?« Dr. Hartung schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Illusionen, mein Junge! Noch einmal kommst du in die Anstalt nicht hinein! Maggfeldt wird dich nicht einmal zu einem Gespräch empfangen!«
    »Mann, sie kann doch nicht für den Rest ihres Lebens als Gesunde unter Irren eingesperrt bleiben …«, schrie Budde. Er sprang aus dem Bett und faßte sich mit beiden Händen an den schmerzenden Kopf. »Es muß doch Möglichkeiten geben, ein Verbrechen zu verhindern!«
    »Wenn du beweisen kannst, daß es ein Verbrechen ist! Aber kannst du das? Jetzt, in diesem Augenblick? Oder morgen? Wir haben nichts in der Hand als einen Verdacht. Und dem stehen die Fachgutachten und das Obergutachten gegenüber … Was glaubst du, wem eine Gerichtsbehörde mehr glauben wird – zwei unbekannten, jungen Männern, die etwas daherschwafeln von Erbschaftsbetrug und Freiheitsberaubung – denn darum geht's doch –, oder den Gutachtern und einer angesehenen Industriellen-Familie, die mit traurigen Augen ein Doppelschicksal beweint … den Tod des Bruders und den Wahnsinn der Nichte! Mensch, Kläuschen, du hast doch Hirn im Kopf …«
    »Aber Gisela kann und darf nicht …« Dr. Budde sprach nicht weiter. Er sah die Ausweglosigkeit seiner Lage ein. Sie hätten wirklich nichts weiter vorbringen können als die eigene Überzeugung, daß Gisela das Opfer einer Familien-Intrige war. Aber wer würde ihnen diesen grauenhaften Verdacht als Tatsache abnehmen?
    »Ich muß hier 'raus!« sagte Dr. Budde noch einmal. »Und dann werde ich Herrn Ewald Peltzner so lange auf die Gurgel drücken, bis er alles herauswimmert …«
    »Dann ist es besser, du bleibst noch einmal ein paar Wochen hier drin!« Hartung packte seine Akten in die Mappe und schloß sie. »Mit Gewalt ist nichts zu machen, Junge! Ganz im Gegenteil! Gegen Gewalt können die sich wehren … da bietet das Gesetz Schutz! Wir müssen die Peltzner-Sippschaft auf andere Weise mürbe machen …«
    »Und Gisela bleibt weiter im Irrenhaus!«
    »Sie bleibt es bestimmt, wenn du dich zu Unbesonnenheiten hinreißen läßt. Je lauter du auftrittst, um so sicherer werden Peltzners! Sie sind die Stärkeren … begreif es doch endlich! Sie haben alles – Experten, Nerven, Gemeinheit, Geld und einen gewaltigen Vorsprung! Überleg es dir. Und wenn du mit dir selbst einig bist, hole ich dich hier heraus! Eher nicht!«

Für Oberarzt Dr. Pade war mit dem Abschluß des Gutachtens der Fall Gisela Peltzner noch nicht beendet. Er respektierte die Ansicht seines Chefs und vermied es, über das Gutachten mit ihm zu diskutieren. Eine andere Sache war Giselas ›Liebestollheit‹, der Dr. Ebert beinahe zum Opfer gefallen wäre und vor der er sich angeblich nur mit Mühe und starker Moral zu retten vermocht hatte. An diese ganze Geschichte glaubte Pade nicht.
    Aber ein Zweifel blieb, und Pade war nicht der Mann, der mit Zweifeln im Herzen schlafen konnte.
    Am Tag nach dem Vorfall besuchte er Gisela allein. Sie lag matt im Bett, noch gedämpft von den Injektionen, die die Nachtschwester ihr gegeben hatte, sooft sie unruhig

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