Entrissen
sie später am selben Tag gefunden. Sie lag auf dem Boden, mit Drogen vollgepumpt, brutal aufgeschlitzt. Ihr gesamter Bauchraum war zerfetzt, ihr ungeborenes Kind erst grausam verstümmelt und dann ebenfalls getötet worden.
Es hatte einen riesigen Medienzirkus um den Fall gegeben, und Phil und sein Team waren hartnäckig jeder Spur und jedem Hinweis gefolgt, egal wie unbedeutend oder abwegig er auch schien. Der Besichtigungstermin war telefonisch vereinbart worden. Die persönlichen Angaben, die der Anrufer, eine Frau, gemacht hatte, waren falsch, und die Handynummer der Anruferin gehörte zu einem nicht registrierten Prepaid-Handy, das in einer Filiale der Supermarktkette Asda bar bezahlt worden war. Lisa hatte das Gespräch selbst entgegengenommen. In den Akten im Maklerbüro war der Name der Anruferin vermerkt. Diese Frau existierte nicht.
Phil und sein Team hatten ihr Bestes gegeben, dennoch war es ihnen nicht gelungen, den Fall zu knacken. Es gab keine forensischen Beweise, keine DNA, keine Augenzeugen, keine Bilder einer Überwachungskamera. Nichts. Es war, als hätte der Mörder erst dort im Haus Gestalt angenommen, gemordet und sich danach wieder in Luft aufgelöst.
Natürlich war der Ehemann des Opfers vorgeladen und verhört worden - ohne Ergebnis. Man hatte ihn schnell wieder laufen lassen. Danach hatte man die Frau, die für den Täter beim Maklerbüro angerufen hatte, in mehreren öffentlichen Aufrufen gebeten, sich zu melden. Ihr wurde Polizeischutz zugesichert, Anonymität, Straffreiheit - es nützte nichts. Niemand meldete sich. Auch über die inoffiziellen Informationskanäle der Polizei ließ sich nichts erfahren. Alle Welt sprach über den Mord, aber niemand schien wirklich etwas zu wissen.
Dann, zwei Monate später, wurde Susie Evans getötet.
Alleinerziehende Mutter, wohnhaft in einer Sozialwohnung in New Town. Schwanger mit ihrem dritten Kind und, wie sie ihren Freundinnen bei einer Kneipentour gutgelaunt mitgeteilt hatte, gerade auf Männersuche. Als Gelegenheitsprostituierte und Kellnerin in einer Bar gab sie ein weit weniger sympathisches Opfer ab als Lisa King, aber Phil und sein Team hatten ihrem Fall dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet. Phil hielt nichts von der Auffassung, dass manche Leben mehr wert waren als andere. Im Tod, fand er, waren alle Menschen gleich.
Susies Leiche wurde in der Wohnung einer Freundin entdeckt, die sie sich für ein paar Stunden ausgeborgt hatte, um einen Freier zu empfangen, der ihr, so hatte sie behauptet, viel Geld zahlen würde. Diesmal hatte der Täter den ausgeweideten und gequälten Körper im Bad liegen lassen. Wände, Fußboden und Decke waren mit Blut bespritzt, das Baby war aus der Gebärmutter geschnitten und achtlos neben seine tote Mutter geworfen worden. Es hatte nicht überlebt.
Man hatte in sämtlichen Wohnungen der Nachbarschaft Befragungen durchgeführt, aber es war eine Gegend, in der man der Polizei von jeher mit Argwohn begegnete. In der Nähe des Wohnblocks richtete man sogar eine mobile Einsatzzentrale ein, aber auch diesmal gingen keinerlei nützliche Hinweise ein. Und wieder gab es keine DNA, keine verwertbaren Spuren und schon gar keine Überwachungsbilder. Theorien gab es dafür umso mehr: Es sei ein perverser Freier mit einem Schwangerenfetisch gewesen. Oder es habe sich um eine Abtreibung gehandelt, die schrecklich schiefgelaufen war. Oder, und diese Theorie bereitete den Ermittlern am meisten Sorgen: Es sei derselbe Täter gewesen, der bereits Lisa King getötet hatte und dessen Vorgehen offenbar von Tat zu Tat blutrünstiger wurde.
Aber auch diese Ermittlung führte ins Leere. Alles, was sie hatten, war eine tote Mutter mit ihrem toten Baby. Dann geschah zwei Monate lang nichts. Bis jetzt.
Phil zog sein Handy aus der Hosentasche. Eileen Brennan, ständig in Sorge darüber, dass ihr Adoptivsohn mit Mitte dreißig noch unverheiratet war, hatte bereits mehrmals versucht, ihn mit Deanna, der Tochter einer Bekannten, zu verkuppeln. Sie war geschieden und im selben Alter wie er. Bislang waren sie sich noch nicht persönlich begegnet, und keiner der beiden war besonders erpicht darauf, dennoch hatten sie sich nach einigem Hin und Her zu einem Treffen bereit erklärt, um ihren Müttern einen Gefallen zu tun. Die Verabredung sollte an diesem Abend stattfinden. Er würde sie anrufen und absagen müssen - worüber er nicht gerade böse war.
Er hatte die Nummer bereits eingetippt und war dabei, die Verbindung herzustellen, als das
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