Entscheide dich, sagt die Liebe
Leidenschaft gekocht.
Danach verschwand Clara wieder in ihrem Zimmer und setzte sich an den Flügel, um den Nachmittag mit Beethoven zu verbringen. Eine Sache gab ihr zu denken: Trotz ihres immensen Übepensums verbesserte sich ihr Klavierspiel nicht, im Gegenteil. Die Finger liefen zwar wie geschmiert, aber die Musik klang angestrengt. Verbissen. Es fehlte die Leichtigkeit.
Sie nahm die Appassionata von Beethoven auf. Dann hörte sie sich die Aufnahme an und versuchte, herauszufinden, warum ihr Spiel mechanisch und schal klang und nicht großartig, unverbraucht, leidenschaftlich. Aber so sehr sie auch grübelte, sie kam nicht dahinter. Der Funke fehlte, der ihre Interpretationen sonst auszeichnete. Vielleicht lag es daran, dass sie ihren Vater so vermisste?
Sie setzte sich wieder an den Flügel und begann, über das Hauptthema der Appassionata zu improvisieren. Durch alle möglichen Tonarten jagte sie es, unterlegte es mit jazzigen Harmonien und veränderte den Rhythmus. Nach wenigen Minuten hatte sie sich freigespielt. Der verjazzte Beethoven groovte und Clara merkte, dass sie lächelte. Zum ersten Mal seit Paps’ Tod. Dann hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf.
»Was treibst du da, Clärchen? Willst du eine billige Barpianistin werden oder eine seriöse Musikerin, die in die Fußstapfen ihrer großen Namensvetterinnen treten wird – Clara Schumann, Clara Haskil, Clara Prachensky? Dann solltest du deine Zeit nicht mit Unterhaltungsmusik vergeuden!«
Sie seufzte und riss die Hände von der Klaviatur. Natürlich hatte er recht, wie immer. Sie musste ernsthaft üben. Noch einmal spielte sie die Beethovensonate, diesmal hielt sie sich an den Notentext. Aber schon nach wenigen Takten wurde sie durch lautes Klopfen gestört.
»Ich habe doch gerade gegessen, Amelie!«, rief sie unwillig.
Doch es war Dillinger, der seinen runden Kopf in ihr Zimmer steckte. Seine Knollennase musste einen Sonnenbrand abbekommen haben, so rot leuchtete sie. Kleine Hautfetzchen lösten sich. Clara fiel ein, dass er ein paar Tage Urlaub gemacht hatte, irgendwo im Süden. Diesmal zeigten die Spitzen seines Schnauzers um fünfundvierzig Grad nach oben. Das Walross grinste, als müssten seine Mundwinkel bis zu den Ohrläppchen vorstoßen.
»Hallo, Richard. Komm doch rein.«
»Ich habe eine wunderbare Nachricht, Clärchen.«
»Kannst du bitte aufhören, mich so zu nennen? Das erinnert mich immer an Paps.«
»Natürlich, Clara, entschuldige.« Mit drei Schritten stand er neben ihr und reichte ihr einen Brief. »Heute bin ich aus Spanien zurückgekommen und habe den hier im Postfach gefunden. Für dich.« Er schob die unvermeidliche Wollmütze keck nach hinten. »Aus Venedig.«
Clara horchte auf. Sie dachte mit gemischten Gefühlen an Venedig. Zwar hatte es ihr der Zauber dieser Stadt angetan und sie hatte sich über den erfolgreichen Abschluss ihrer ersten Tournee gefreut. Aber damals war ihre Welt noch in Ordnung gewesen, zumindest hatte sie das geglaubt.
Was für eine Täuschung! Denn während sie durch die Gassen flaniert war, das fröhliche Mozart-Thema gepfiffen, Tramezzini schnabuliert und die Atmosphäre eingesaugt hatte, war das Herz ihres Vaters immer schwächer geworden und schließlich stehen geblieben. Und sie hatte nichts – nichts! – gespürt.
Dillinger schmunzelte. »Da hast du wohl eine Eroberung gemacht!«
»Eine Eroberung?« Sie runzelte die Stirn. Sofort musste sie an den aufdringlichen jungen Mann denken, der so verdammt gut aussah. Dessen Schuld es war, dass sie den Zug verpasst hatte. Ihr Magen zog sich zusammen.
»Na ja, eine musikalische Eroberung, meine ich. Du hast bei deinem Konzert offensichtlich einen Fan gewonnen. Genau genommen sogar zwei Fans. Einen gewissen Conte Paolo Minotti und seine Mutter. Sagt dir der Name was?«
Sie schüttelte den Kopf. Wie ein Graf hatte der unverschämte Typ nicht ausgesehen. Eine Mutter hatte er auch nicht bei sich gehabt.
»Er will dich für ein Privatkonzert in seinem Palazzo engagieren.«
Clara hob die Brauen. »Was?«
»Seine Mutter feiert einen runden Geburtstag. Ein großes Fest ist geplant und dein Auftritt soll die Hauptattraktion sein. Und zwar schon am nächsten Samstag.«
»Auf keinen Fall! Ich spiele nicht auf Geburtstagspartys.«
Dillinger drohte ihr mit dem Finger. »Komm, Mädchen, gib jetzt nicht die Kapriziöse. Lies lieber den Brief. Der Conte wartet auf eine Antwort, er hat schon mehrfach meinen Anrufbeantworter besprochen.«
Clara drehte
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