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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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Grande ein. Schweigend fuhren sie bis zur Ca’ Minotti.
    Im salotto, dem heimeligsten Raum des Palazzo, war bereits der Tisch für zwei Personen gedeckt. Giovanna, die junge Köchin mit dem Damenbart, servierte die Vorspeise. Risotto nero, Reis, der mit der Sepia von Tintenfischen schwarz gefärbt war. Clara ließ es sich schmecken. Die Gondelfahrt hatte sie hungrig gemacht.
    Paolo hob sein Weinglas. »Auf dich, die Musik und …«
    »Und?«
    »… vielleicht auf uns?« Die Gläser stießen mit einem erstaunlich dunklen Ton aneinander. Schon der erste Schluck Weißwein stieg Clara zu Kopf. Oder waren es Paolos Worte?
    »Vielleicht«, sagte sie, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Paolo stellte sein Glas ab. Er stand auf und umrundete den Tisch, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Das Blau seiner Augen verdunkelte sich.
    Etwas Heißes floss über ihren Rücken, als er sie an den Handgelenken nahm und auf die Füße zog. Jetzt war sie seinem Gesicht so nah, dass sie die winzigen Sommersprossen auf seiner Nase erkennen konnte. Einen halben Herzschlag später kamen die Sommersprossen noch näher und wurden unscharf.
    Clara spürte sofort, dass dieser Kuss anders war als die Gute-Nacht-Küsse, die sie jeden Abend von ihm bekommen hatte, obwohl sich seine Lippen genauso sanft anfühlten wie bisher. Zart und glatt wie Seidenpapier. Einen Sekundenbruchteil leistete sie Widerstand. Dann öffnete sich ihr Mund wie von selbst, ihre Zungen fanden einander.
    Paolos Zunge schmeckte ein bisschen nach Parmesan und ein bisschen nach Wein. Kein Knoblauch. Keine Übelkeit. Kein Desaster. Nur Wärme, Hitze. Das Frettchen in Claras Bauch begann zu keckern, dann schrie es. Rau und fordernd.
    Was geschah mit ihr? Clara versuchte, das Pelztier auszublenden und auf die Stimmen in ihrem Kopf zu hören, die durcheinanderriefen: »Ist das klug?« und »Was würde Paps sagen?« und »Willst du das wirklich?«.
    »Mehr!«, schrie das Frettchen. Spielend übertönte es die Stimmen der Vernunft.
    So aufgewühlt war Clara, dass sie nicht einmal das Eintreten von Giovanna bemerkte, die die Hauptspeise servieren wollte. Und es entging ihr, dass Paolo die Köchin nach Hause schickte, wortlos, ohne den Kuss zu unterbrechen.
    Erst als seine Lippen sich von ihren lösten, erwachte sie aus dem Rausch. Widerstandslos ließ sie sich hochheben und hinaustragen. In Paolos Schlafzimmer ließ sie sich aus ihren Kleidern schälen. Versank in seinem Bett – einem Meer aus dunkelgrüner Seide – und ließ sich streicheln, ließ sich küssen, an Stellen, die bisher höchstens von Männerlippen geträumt hatten. Das ist also die Liebe, dachte sie, während sie zum türkisfarbenen Baldachin hochschaute und seinen Quasten beim Baumeln zusah.
    War das die Liebe?

 
    E s schneite. Paolo jagte den Schneeflocken nach. Er warf den Kopf in den Nacken und fing sie mit der Zunge. Seltsamerweise schmeckten sie nach Pfirsich und das konnte natürlich nicht stimmen. Es musste sich also um einen Traum handeln, einen dieser verrückten Träume, die ihn oftmals in den Morgenstunden heimsuchten und aus denen er sich nicht befreien konnte. Obwohl er wusste, dass er träumte.
    Als er seinen Blick über die schneebedeckten Hügel schweifen ließ, verwandelten sie sich plötzlich in einen nackten Frauenkörper. Clara lag vor ihm, langgliedrig und so blass, dass ihre Haut fast durchsichtig wirkte. Die alabasterfarbenen Brüste glichen jungen Tauben, die sich scheu hinter dem Vorhang aus weißblondem Haar versteckten.
    Dann erhob sie sich, und Paolo bemerkte, dass sie gar nicht nackt war. Sie trug ein Hochzeitskleid aus weißer Atlasseide. Zwei fliederfarbene Mädchen hielten die Schleppe.
    Er nahm Claras Hand und drückte sie. Gemeinsam traten sie vor den Altar.
    »Ich, Paolo, nehme dich, Clara, zu meiner Ehefrau, und ich verspreche, dich zu lieben und zu ehren in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet«, schnarrte der dicke Priester und wischte sich einen Schweißtropfen von der Stirn.
    Paolo wiederholte das Eheversprechen laut und fehlerlos, wobei er seine Braut von der Seite ansah. Sie blinzelte kein einziges Mal.
    »Ich, Clara«, setzte der Geistliche von Neuem an, »nehme dich, Paolo …« Durch ihren Körper ging ein Zucken. »Nein«, sagte sie. Mit einem wehmütigen Lächeln entzog sie Paolo ihre Hand. Sein Trauzeuge Daniele ließ vor Schreck die Ringe fallen.
    Clara aber schwebte auf den Pfarrer zu, der sich schleunigst aus dem Staub

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