Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
Vom Netzwerk:
machte. Nur seine Kutte ließ er zurück. Vor Paolos Augen verwandelte sich das zeltartige Gebilde in einen Konzertflügel. Selbstsicher schritt Clara auf den Flügel zu und spielte. Spielte wie ein Engel und hatte ihren Bräutigam offensichtlich vergessen.
    »Bellissima!«, schrie er, schreckte von seinem eigenen Schrei hoch und war schlagartig wach. Sein Herz raste.
    Der Platz neben ihm war leer, nur ein schwacher Abdruck auf dem Kissen bewies, dass jemand hier gelegen hatte. Einen Augenblick lang fürchtete er, Clara wäre weggegangen, für immer. Dann hörte er im Bad das Wasser rauschen und beruhigte sich.
    Was für ein verrückter Traum! Er schüttelte den Kopf über sich und seine Zweifel. Nur aus mangelndem Selbstbewusstsein konnten solche Hirngespinste entstehen. Aber seit wann fehlte es ihm daran? Er kannte die Antwort: Seit er Clara zum ersten Mal gesehen hatte, seit er im Gran Teatro La Fenice den ersten Korb von ihr bekommen hatte, war er verändert.
    Wie oft hatte er sich schon verliebt! Ein durchaus angenehmer Zustand. Ein Prickeln, als ob man in Champagner badete, ein Aufruhr der Hormone, meist ebenso schnell wieder vorbei, wie er gekommen war. Diesmal war es anders. Das Prickeln fühlte sich an wie die Bisse wilder Ameisen. Und der Aufruhr der Hormone war seit Wochen ein Dauerzustand, der ihn körperlich schwächte und auslaugte, ohne dass Erlösung in Sicht war. Er kam sich vor wie der Hirtengott Pan, der zwanghaft der Nymphe Syrinx hinterhergerannt war. Als er sie endlich erwischt hatte, verwandelte sie sich vor seinen Augen in Schilf und entkam ihm so für immer.
    Warum gerade Clara?, fragte sich Paolo. Sicher, sie war wunderschön und ausnehmend begabt, aber das traf auf einige seiner Eroberungen zu. Vielleicht lag das Geheimnis, das ihren Reiz ausmachte, in ihrer Naivität und Unerfahrenheit. Oder in der Tatsache, dass er sich zum ersten Mal um eine Frau bemühen musste, während ihm seine Verflossenen zugefallen waren wie reife Pflaumen, wenn man nur lange genug unter dem Pflaumenbaum stand. Normalerweise liefen weibliche Wesen aller Art ihm nach, nicht umgekehrt. Sie bezirzten ihn, versuchten, ihn ins Bett zu locken – was ihnen meistens gelang –, und schreckten vor nichts zurück, um von ihm geheiratet zu werden – was ihm bis jetzt niemals in den Sinn gekommen war. Eine hatte sich sogar von ihm schwängern lassen und geglaubt, das würde ihn dazu verleiten, um ihre Hand anzuhalten. Natürlich erreichte sie damit nur, dass er die Kosten für die Abtreibung übernahm.
    Zu den Heiratsanwärterinnen, die sich noch immer im Rennen glaubten, gehörten eine Opernsängerin aus Verona, eine Promi-Rechtsanwältin aus Neapel, und Madison Black, die Hotelierstochter. Mit exquisiten Geschenken hatte es die Amerikanerin geschafft, sich in das Herz seiner Mutter zu schleichen. Kein Tag verging, an dem er nicht darauf hingewiesen wurde, dass Madison die bestmögliche Partie sei, die ein Minotti machen könne.
    Anfangs hatte er Spaß mit der lebenslustigen New Yorkerin gehabt, die sich wie niemand sonst aufs Feiern verstand. Drei oder vier Wochen lang waren sie von Party zu Party gezogen und hatten sich in jeder Hinsicht ausgetobt, auch im Bett. Inzwischen nervte sie ihn, weil sie ihm auflauerte. Es kümmerte ihn nicht, dass Black Deluxe, die Hotelkette ihres Vaters, Hyatt ausgestochen hatte und allmählich auch Hilton den Rang ablief. Reich war er selbst. Das Werftenimperium der Minottis galt als grundsolides Unternehmen. Russische Millionäre, amerikanische Promis und arabische Ölmagnate kauften Minotti-Jachten. Seit seine Mutter ihm vor vier Jahren die Geschäftsleitung übertragen hatte, war es ihm gelungen, den Umsatz um ein Drittel zu steigern. Paolo konnte es sich sogar leisten, die traditionelle Gondelwerft der Minottis wiederzubeleben, aus purem Idealismus, denn die Herstellung von historischen Gondeln war viel zu aufwendig, um einen nennenswerten Gewinn abzuwerfen.
    Kurz gesagt, es ging ihm prächtig. Er hatte es nicht nötig, sich an Madison zu ketten, nur weil sie noch reicher war als er. Bis jetzt hatte er es überhaupt nicht für nötig befunden, eine feste Bindung einzugehen.
    Seit Clara in sein Leben getreten war, sah das anders aus. Seiner Mutter würde es nicht schmecken, aber sie würde sich damit abfinden müssen.
    Er rieb sich den verspannten Nacken und ließ die vergangene Nacht als Film ablaufen. Dabei musste er laut auflachen. Wer hätte gedacht, dass er, der Urururenkel von

Weitere Kostenlose Bücher