Entscheide dich, sagt die Liebe
Casanova, je mit einer Frau im selben Bett schlafen würde, ohne sie zu berühren? Obwohl er sie begehrte wie keine andere? Obwohl sie unter seinen Küssen und Liebkosungen dahingeschmolzen war! Aber dann war ihr Blick auf die Kondompackung auf seinem Nachtkästchen gefallen, und er hatte bemerkt, wie sie innerlich einen Rückzieher machte und sich versteifte. Nach eindringlichem Nachfragen hatte sie zugegeben, noch Jungfrau zu sein.
Wieder lachte er und schüttelte den Kopf. War das die Möglichkeit? Eine bildschöne Zwanzigjährige, die noch keinerlei Erfahrungen mit der Liebe hatte! Von einem halbherzigen Versuch abgesehen, der scheitern musste, weil ihr bereits vom Zungenkuss schlecht geworden war!
Natürlich hatte er auf ihr Geständnis hin seine Begierde gezügelt. Er war schließlich ein Gentleman. Sobald Clara dazu bereit war, würde er sie hingebungsvoll und zärtlich in die Liebe einführen. Er würde ihr nicht nur die Angst nehmen und zeigen, was sie vermisst hatte, sondern sie süchtig machen nach ihm und allem, was er in dieser Hinsicht zu bieten hatte. Aber nicht in dieser Nacht. Sie schien dankbar zu sein. Bereitwillig kuschelte sie sich in seinen Arm und schlief ein. Und so hatte er die halbe Nacht kein Auge zugetan, hatte beobachtet, wie sich die Brust seiner Angebeteten regelmäßig hob und senkte, hatte sich selbst zu seinem edlen Entschluss gratuliert und nicht gewagt, sich zu bewegen, um sie nicht aufzuwecken. Gegen Morgen musste er dann doch noch weggedämmert sein, um diesen absurden Traum zu träumen.
Als Clara ihm wenig später am Frühstückstisch gegenübersaß, wirkte sie verlegen. Er sah es an der Art, wie sie die Pfirsichmarmelade auf ihr Croissant strich.
»Was hältst du von einem kleinen Ausflug nach Genua?«, fragte er. »Ich zeige dir unsere Werft, wir gehen gut essen, und am Nachmittag machen wir eine Shoppingtour.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, der Urlaub ist vorbei. Ich muss nach Salzburg zurück.«
»Warum, bellissima? Wartet dort jemand auf dich?«
Sie nahm einen Schluck Kaffee. »Nur ein Grab. Und viele Verpflichtungen.«
»Die Verpflichtungen lassen sich bestimmt auch von Venedig aus regeln. Ich könnte dir dabei helfen.« Er fing ihren Blick ein und versuchte, sie zum Schmelzen zu bringen wie am Abend zuvor.
Aber sie schmolz nicht, sondern schaute vollkommen unromantisch zurück. Entschlossen. »Es war sehr schön bei dir, Paolo, wunderschön, und ich danke dir dafür.« Sie hauchte einen Kuss in ihre Handfläche und blies ihn über den Esstisch. »Doch ich kann nicht hierbleiben. Der Makler hat angerufen, es gibt einen Interessenten für das Haus meines Vaters. Ich muss meine Sachen ausräumen. Außerdem muss ich meinen Agenten treffen und mir die Wohnung ansehen, die er für mich gefunden hat. Und die nächsten Konzerte planen.«
Die Karriere, dachte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Wie in seinem merkwürdigen Traum war ihr die Karriere wichtiger als er. Dabei war sie in ihn verliebt, doch, ja, das war sie. Sein Selbstbewusstsein mochte angeschlagen sein, doch so sehr konnte er sich nicht täuschen. Clara versuchte zwar, ihren Zustand zu verbergen, vermutlich, weil sie noch zu sehr unter dem Tod ihres Vaters litt, aber man sah es ihr an der Nasenspitze an. Er musste nur Geduld haben, ihr etwas Zeit geben, dann würde die Liebe mit umso größerer Gewalt hervorbrechen. Chi la dura la vince. Beharrlichkeit führte zum Ziel. Immer. Und gut Ding brauchte Weile.
Clara ließ ihr angebissenes Croissant liegen und stand auf. Auch Paolo erhob sich, ging auf sie zu, küsste sie. So viel Leidenschaft er auch hineinlegte, diesmal erwiderte sie seinen Kuss nicht.
»Leb wohl.«
Er hielt ihr Gesicht in seinen Händen. »Was heißt ›Leb wohl‹? Du kommst doch wieder, wenn du deine Angelegenheiten erledigt hast. Ich werde auf dich warten.«
»Warte lieber nicht«, sagte sie, die smaragdenen Augen kühl auf ihn gerichtet. »Ich kann nicht mit dir zusammen sein.«
Es schmerzte wie eine Ohrfeige, die ihn unerwartet getroffen hatte. Abrupt ließ er Clara los. Eine Mischung aus Enttäuschung, Trauer, Ärger über seine Fehleinschätzung und Unverständnis stieg in ihm auf. Er schluckte die bittere Melange hinunter und setzte nichtsdestotrotz sein schönstes Lächeln auf. Lächelnd brachte er Clara zum Flughafen. Lächelnd verabschiedete er sich.
»Es tut mir leid«, sagte sie, ehe sie sich in die Schlange am Schalter einreihte.
Die Schlacht war
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