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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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seinen Vater aus dem Weg geräumt. Niemand konnte ihn danach noch zu einer Tischlerlehre zwingen. Dass seine Mutter wenig später im Bombenhagel der Alliierten sterben würde, konnte er natürlich nicht ahnen. Aber sie wäre sowieso zu sehr mit dem jüngeren Bruder und dem Überleben beschäftigt gewesen, um seinen Plänen im Weg zu stehen. Zweitens hat er sich Schlomos Gemäldesammlung unter den Nagel gerissen. Sicher musste er die Bilder weit unter ihrem Wert verkaufen, aber er konnte damit sein Studium finanzieren.«
    Da Jim Rosenblatt immer noch nicht überzeugt war, erzählte Clara ihm die ganze Geschichte, von dem Moment, als sie das Ölgemälde von Klimt im geheimen Wandtresor ihres Vaters gefunden hatte, bis zu ihrem gemeinsamen Gespräch via Skype, durch das die letzten Puzzleteilchen an die richtige Stelle gerückt worden waren.
    »Du hast also ein Bild aus Opas Sammlung gefunden und deshalb begonnen, nachzuforschen?«, fragte Jim.
    »Wieso mein Vater es nicht verkauft hat wie die übrigen Bilder, weiß ich nicht. Womöglich hat er es als Trophäe betrachtet. Vielleicht war es auch ein Stachel in seinem Fleisch, der ihn an seine Untat erinnert hat.« Sie seufzte. »Das wird wohl für immer im Dunkeln bleiben.«
    »Was für ein Schock muss das für dich gewesen sein«, sagte er und legte seinen Arm um Claras Schulter. »Du hast deinen Vater sehr geliebt, nicht wahr?«
    Clara dachte nach. Sie hatte das Bild geliebt, das sie sich selbst von ihrem Paps gemacht hatte. Diesen Paps gab es nicht mehr, es hatte sich ausgepapst. »Den Klimt werde ich selbstverständlich zurückgeben.«
    Jim blieb abrupt stehen. »Wie bitte?«
    »Hat Schlomo noch andere lebende Verwandte?«
    »Nein, ich bin der Letzte aus dem Zweig der Wiener Rosenblatt-Dynastie.«
    »Dann steht dir das Bild zu. Ich werde mich bei der Israelitischen Kultusgemeinde erkundigen, wie wir am besten vorgehen. Dort soll es eine eigene Abteilung für Restitutionsangelegenheiten geben, die unter anderem für die Rückgabe von Raubkunst zuständig ist.«
    Jim öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder, ohne einen Ton von sich zu geben. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. Nach einer Weile brachte er doch einen Satz zustande. »Zwick mich, eh? Das muss ein Traum sein. Ich soll ein Bild aus Opas Sammlung bekommen? Einen Klimt noch dazu?«
    »Wenn du der rechtmäßige Erbe deines Großvaters bist, gehört der Klimt dir.« Clara lächelte, als sie sah, wie sich Jims Augen plötzlich vorwölbten und ihm das Aussehen eines Karpfens verliehen.
    »Warum tust du das? Du hättest das Bild auch stillschweigend behalten können. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, danach zu suchen.«
    »Dann könnte ich nie wieder ruhig schlafen.« Sie schüttelte den Kopf. »Schlimm genug, dass du nur ein Bild zurückbekommst. Die übrigen siebzehn hängen vermutlich in irgendwelchen Museen oder an den Wohnzimmerwänden eines privaten Sammlers.«
    »Gestohlene Bilder? In einem Museum?«
    »Viele Museen sind nach wie vor voll mit Raubkunst. Es ist eine Schande!« Clara schnaubte. »Deshalb wäre es toll, wenn du eine Liste erstellen könntest, welche Gemälde deinem Großvater gehört haben.«
    »Da muss ich erst in seinen Papieren nachschauen. Aber ich bin mir fast sicher, dass es irgendwo eine Aufstellung davon gibt.«
    »Wenn ich wieder in Europa bin, werde ich alles tun, um die Bilder aufzuspüren.« Sie senkte ihre Stimme. »Das verspreche ich.« Es war das Mindeste, was sie tun konnte.
    Jim blieb stehen. Seine Augen schimmerten feucht. Er führte Clara in ein Café, lud sie zu Cappuccino und Bagels ein. Fragte sie nach dem Hotel, in dem sie wohnte. Da der Flug teuer genug gewesen war – sie hatte dafür auf die Einnahmen ihrer Italientournee zurückgreifen müssen –, hatte sie sich in einer günstigen Backpacker-Unterkunft eingemietet. Jim überredete sie, das Zimmer zu stornieren und stattdessen sein Gast zu sein.
    »Komm doch zu uns. Meine Frau Betty und ich betreiben ein kleines Jazzcafé in Gastown, einem der ältesten Stadtteile von Vancouver. Über dem Café wohnen wir. Es ist zwar nicht riesig, aber ein Gästezimmer können wir bieten.«
    »Nach allem, was mein Vater deiner Familie angetan hat?«
    »Bist du verrückt?« Er starrte sie so entsetzt an, dass sie vor Schreck beinahe ihre Tasse fallen ließ. »Erstens halte ich nichts von Sippenhaftung. Und zweitens …«
    »Zweitens?« Sie hob ihre Brauen.
    »… musst du meine Betty kennenlernen, eh? Ihr werdet euch mögen,

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