Entscheide dich, sagt die Liebe
todschick aus. Und er war unbändig stolz auf seinen Einfall, das Ganze als gewöhnliches Frühlingsfest zu tarnen. Die Bekanntgabe der Verlobung sollte der Höhepunkt der Feier sein, eine Überraschung für die Gäste, die einschlagen würde wie eine Bombe.
»Carissima, wo bist du?«
Wieder blieb die Antwort aus.
Er fand Clara nicht an ihren Lieblingsorten, weder beim Neptunbrunnen im Garten noch im salotto. Und auch als er an ihre Zimmertür klopfte, erhielt er keine Reaktion. Das ganze riesige Haus suchte er ab, sogar in den Gemächern seiner Mutter sah er nach, dem vermutlich letzten Ort, den Clara freiwillig aufgesucht hätte. Zum Schluss betrat er die Küche.
»Da bist du ja! Warum hast du nicht geantwortet? Und was um alles in der Welt machst DU hier?«, fügte er, an Daniele gewandt, hinzu, der neben Clara auf der Küchenbank saß und den Arm um ihre Schultern gelegt hatte.
»Ich versuche nur, zu trösten, bis der große Meister nach Hause kommt.« Daniele zog seinen Arm zurück und stand auf. »Aber jetzt werde ich ja nicht mehr gebraucht.«
In diesem Augenblick registrierte Paolo, dass Claras Gesicht weiß war wie Ricotta, ihr Haar stumpf, die Augen gerötet, die Lider aufgequollen. »Was in drei Teufels Namen ist hier los?«, fragte er barsch.
Clara schluchzte auf und verbarg ihr Gesicht hinter einem karierten Stofftaschentuch.
Paolo setzte sich neben sie und begann, sachte über ihre Finger zu streichen, immer von den Spitzen abwärts, während Daniele ihm ins Ohr flüsterte, was geschehen war.
»Ein Verrat, zwei Tote, achtzehn gestohlene Bilder, unzählige Lügen. Der Klimt ein Stück Raubkunst.«
Claras rhythmisches Schluchzen war verebbt und in tonloses Weinen übergegangen. Paolo hob sie hoch und trug sie in ihr Zimmer. Er legte sie aufs Bett, deckte sie zu und schlich leise wieder hinaus. Dann knöpfte er sich Daniele vor, der ihm detailliert berichten musste, was sich in seiner Abwesenheit zugetragen hatte. Während er in der Küche auf und ab wanderte und finster vor sich hin starrte, redete Daniele, bis er heiser wurde.
Als er endlich geendet hatte, fauchte Paolo ihn an: »Was fällt dir eigentlich ein?«
»Keine Ahnung, was du meinst.«
»Du wartest ab, bis ich aus dem Haus bin, und setzt ihr diesen Floh ins Ohr? Jetzt ist sie ein einziges Häufchen Elend!«
»Sie hat mich gebeten, ihr bei der Recherche zu helfen. Was hätte ich denn machen sollen?«
»Ihr den Blödsinn ausreden natürlich. Was bringt es denn, in diesen alten Geschichten herumzuwühlen? Wird dadurch irgendjemand wieder lebendig?« Paolos Stimme wurde immer lauter.
»Na hör mal! Würdest du nicht auch wissen wollen, wer dein Vater war?«
»Sie hat ihn vergöttert. Und du, du stößt ihn von seinem Thron!«
Daniele lachte auf. »Das hat er schon ganz allein hingekriegt.«
»Er war ein fantastischer Musiker, ein Genie. Ein Mann, der nicht mit normalem Maß zu messen ist.«
Daniele riss seine Augen auf und starrte Paolo an. »Mensch, Paolo, er war ein Kriegsverbrecher! Er hat ein jüdisches Ehepaar denunziert, um sich zu bereichern, und hat dabei in Kauf genommen, dass sein eigener Vater dran glauben musste. Keine noch so geniale Begabung kann das entschuldigen!«
»Hast du nicht gesagt, er war zu dem Zeitpunkt erst sechzehn? Vermutlich wusste er gar nicht, worauf er sich da einließ.«
»Auf welchem Mond lebst du eigentlich? Er hat das geplant, um sein Studium durchziehen zu können. Kaltblütig geplant. Der wusste ganz genau, was passieren würde.«
»Wie auch immer. Er ist tot und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn irgendjemand Wind von der Sache bekommt, wird sein Ansehen mit Schmutz beworfen. Und an wem bleibt der Schmutz hängen?« Paolo schnaubte. Er hätte Daniele in seiner arroganten Gutmenschenart am liebsten wachgerüttelt. »An Clara natürlich!«, brüllte er. »Klar, dass sie völlig durcheinander ist. Und das so kurz vor der Verlobung. Porca miseria! Einen blöderen Zeitpunkt hättest du dir nicht aussuchen können.«
Daniele wich einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. »Na wunderbar, der Herr Graf ist sauer, weil sein Fest in Gefahr ist. Das ist natürlich weit wichtiger als die Wahrheit! Was würden denn die Leute denken, wenn die Verlobte des Conte Minotti sich mit rot geweinten Augen präsentieren würde? Ausgeschlossen!« Er tippte mit dem Zeigefinger gegen Paolos Brust. »Du bist ein verdammter Egoist. Es geht dir gar nicht um Clara, es geht dir nur um deinen
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