Entscheide dich, sagt die Liebe
Ruf!«
» Stupido! Hör auf, du hast ja keine Ahnung!«
Daniele beugte sich über den Küchentisch und fixierte ihn. »Und wie ich dich durchschaue, alter Knabe«, flüsterte er. »Du hast Angst. Angst, es könnte etwas an dir hängen bleiben. Du hast Clara auserwählt, weil sie wunderschön, unverdorben und begabt ist. Zum vornehmen Geschlecht der Minottis passt ja kein normaler Mensch, sondern nur ein Engel in einem blütenweißen Kleid.«
Paolo schwieg und ärgerte sich. Genau so eines hatte er in Genua gesehen und in Claras Größe reservieren lassen. Ein Traum in Weiß, das ideale Verlobungskleid für seine Traumfrau.
»Aber wenn die Medien Wind von der Vergangenheit ihres Vaters bekommen, dann wird das Kleid ganz schnell fleckig«, fuhr Daniele fort. »Unschön, nicht wahr? Kann der Conte Minotti eine derart beschmutzte Frau überhaupt noch heiraten? Muss er sie nicht umtauschen?«
Er hatte leise gesprochen, dennoch schwang so viel Häme in seiner Stimme mit, dass Paolo ihn entsetzt anstarrte. Was war mit seinem Freund los? Daniele war die Gutmütigkeit in Person, woher kam plötzlich dieser Hass? Bloß, weil er, Paolo, Clara beschützen wollte! »Wie kannst du nur so über mich denken?« Klar, es war ihm nicht egal, dass die Sache womöglich Staub aufwirbeln würde. Natürlich nicht. Wer brauchte schon Publicity dieser Art? Aber in erster Linie ging es um Clara. Dass ihr der ganze Zirkus nicht guttat, war ja nicht zu übersehen. »Du weißt genau, dass ich sie über alles liebe und mir Sorgen um sie mache. Ich will nur das Beste für sie. Und dazu gehört nun einmal nicht, dass sie sich vor Kummer die Augen ausweinen muss.«
Daniele schlug seine Faust auf den Tisch. »Wach auf, Paolo! Das Leben ist kein Zuckerschlecken. Manchmal reißt es einen von den Füßen. Clara weiß das. Im Moment hat sie einen guten Grund zum Weinen. Aber irgendwann trocknen die Tränen wieder. Sie wird mit den Tatsachen fertigwerden, und danach wird sie stärker sein als vorher.« Er verschränkte die Arme. »Glaubst du, du könntest sie unter einem Glassturz halten und die Nachrichten, die zu ihr vordringen dürfen, zensieren? Glaubst du wirklich, dass das einer intelligenten Frau wie ihr gerecht wird?«
»Zensieren? Du bist ja krank! Natürlich will ich einen Menschen, den ich liebe, beschützen. Du etwa nicht? Dann bist du kaltherzig und grausam. Und ich hoffe, dass du nie Kinder haben wirst. Du würdest wahrscheinlich zusehen, wie sie sich die Finger an der heißen Herdplatte verbrennen, anstatt sie davor zu bewahren.« Paolo ließ seine Hände durch die Luft sausen. Als er Claras Gestalt im Türrahmen erblickte, erschrak er. »Bellissima!«
»Wer hat sich die Finger verbrannt?« Ihre Augen waren immer noch gerötet, aber das Verschwommene, Wässrige war aus ihrem Blick verschwunden, der nun aufmerksam von Paolo zu Daniele wanderte und wieder zurück. Sie wirkte gefasst. »Ich möchte nicht, dass ihr meinetwegen streitet.«
Paolo wusste nicht, was er sagen sollte. Also sagte er etwas vollkommen Absurdes in dieser irrwitzigen Situation. »Hast du die Einladungen gesehen? Für unser Fest?« Er deutete auf die Karten, die unbeachtet auf dem Küchentisch lagen.
Sie pflückte eine vom Stapel, betrachtete sie flüchtig, nickte. »Sehr schön.« Dann legte sie die Karte zurück und wandte sich an Daniele, der sich gerade aus der Küche schleichen wollte. »Ich schulde dir noch etwas«, sagte sie.
»Ich wüsste nicht …«
»Die dritte Bitte an dich …« Ihre Lippen verzogen sich zu einem winzigen Lächeln. »Paolo und ich möchten dich um eine Marionettenaufführung für unser Verlobungsfest bitten.«
Daniele wand sich, schaffte es aber offensichtlich nicht, Nein zu sagen. »Einverstanden.« Seine Augen flackerten.
Paolo legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wunderbar. Das wird das schönste Fest, das diese Stadt je gesehen hat.« Er war erleichtert, dass der dumme Streit über das leidige Thema so eine positive Wendung genommen hatte. Freudestrahlend wandte er sich an Clara. »Ich habe übrigens in Genua ein Kleid für dich gesehen, bellissima. Ein Traum von einem Kleid. Wenn du willst, fahren wir morgen hin und …«
»Das geht leider nicht, mein Lieber. Ich habe nachgedacht. Heulen hilft niemandem, ich muss etwas tun. Das Unglück, das mein Vater über seine eigene Familie und über die Rosenblatts gebracht hat, kann ich nicht ungeschehen machen. Aber ich kann wenigstens den gestohlenen Klimt zurückgeben. Und ich
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