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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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»Yoi-doi-doi-diddidaidai-momomoi«, schluchzte, seufzte, weinte, jubelte und schrie Jim auf seinem Instrument. Dann setzte Betty ein, sang eine zweite Melodie dazu, die wie eine Klarinettenstimme klang. Das Harmoniegerüst der Gitarre fehlte, und Clara konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie spielte ein paar Akkorde dazu, spärlich zuerst, allmählich wagemutiger. Ruths breites Grinsen und Roberts Augenzwinkern motivierten sie. Ab und zu erwischte sie einen unpassenden Akkord, ein paarmal war sie mit einer melodischen Phrase unzufrieden. Aber es störte sie nicht. Bei der Interpretation einer Beethoven-Sonate wäre jeder falsche Ton eine Katastrophe gewesen. Hier ging es um etwas ganz anderes. Man musste mit Fehlern kreativ umgehen und sie positiv nutzen. Und man musste sich ins Kollektiv einfügen. Es wunderte sie selbst, wie viel Spaß sie hatte und wie schnell die Zeit dabei verflog. Als Jim seine Klarinette weglegte, dämmerte es bereits.
    »Mein Ansatz geht flöten«, sagte er und deutete auf seine geröteten Lippen, die bestimmt schon brannten. Kein Wunder, sie hatten viereinhalb Stunden musiziert.
     
    An diesem Abend blieb das Betty Blue geschlossen. Betty verschwand mit Robert in der Küche, Jim gab Bier aus, und Ruth erzählte Anekdoten aus ihrem Leben, bis Betty und Robert mit einem Riesenblech selbst gemachter Pizza zurückkamen.
    »Stimmt es, dass du morgen schon wieder nach Hause fliegst?«, fragte Jim.
    Clara nickte.
    »Bleib doch noch ein, zwei Wochen, eh?«
    Sie legte das Pizzastück, von dem sie gerade abbeißen wollte, wieder zurück auf den Teller. »Das geht nicht.«
    »Wir haben nächste Woche einen Gig in einem Jazzclub ein paar Ecken weiter. Wäre cool, wenn du mit von der Partie wärst.«
    »Ich muss nach Hause. Übermorgen feiere ich meine Verlobung und Paolo …« Sie verlor den Faden, als ihr bewusst wurde, dass sie noch keine Sekunde lang an Paolo gedacht hatte, seit sie hier war, »… also … ähm … mein Verlobter, der hat schon die Einladungen verschickt und …«
    »Sie verlobt sich!«, schrie Betty.
    Ruth kreischte, schmiss ein leeres Glas um und umarmte Clara. Jim applaudierte, und Robert, der den ganzen Tag noch keine zehn Worte gesprochen hatte, sagte: »Wow.«
    Fragen über Fragen folgten, ob Paolo nett sei, wie er aussehe, was für ein Instrument er spiele, wo sie ihn kennengelernt habe. Clara wurde schwindlig.
    »Hey, Leute, lasst das arme Mädel mit euren Spießerfragen in Frieden, ist doch scheißegal, wie er aussieht und was er macht, Hauptsache, die beiden lieben sich«, sagte Robert, und es war sein längster Satz bisher.
    »Also, Clara. Liebt ihr euch?« Ruth entblößte ihre riesigen Schneidezähne beim Grinsen.
    »Ich … ich glaube schon. D…doch«, stammelte Clara.
    »Du weißt es nicht?« Jim musterte sie erstaunt.
    »Na ja«, rechtfertigte sie sich, »ich denke natürlich, dass ich ihn liebe. Aber wissen kann das doch niemand. Ich meine hundertprozentig wissen.«
    »Hm, hm«, machte Ruth.
    Robert schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    Betty und Jim sahen einander entsetzt an. »Sie weiß es wirklich nicht.«
    »Gefühle!«, rief Clara verzweifelt. »Das ist alles so abstrakt.«
    »Es ist schwer, darüber zu sprechen«, sagte Betty und schielte zu Jim. »Aber es gibt einige Zeichen, die dir ganz klar sagen, ob du liebst oder nicht.«
    »Was für Zeichen sollen das denn sein?«, fragte Clara unwillig.
    »Wenn du alle sieben Minuten einmal an ihn denkst und ein leichtes Ziehen in der Magengegend verspürst, weil du ihn so vermisst. Oder vielleicht nicht alle sieben Minuten, aber bestimmt schon dreitausendeinhundertsiebzehnmal, seit du in Venedig ins Flugzeug gestiegen bist.« Betty gab Jim einen Kuss.
    Claras Fingerspitzen wurden kalt und feucht.
    »Ein anderes Zeichen ist der Geruch«, sagte Jim. »Wie riecht Paolo? Seine Haut, sein Haar, die Stelle unterm Schlüsselbein? Oder an den Schläfen?«
    Clara überlegte. Paolo roch nach Haarshampoo und nach seinem teuren Rasierwasser.
    »Sag jetzt nicht, dass er nach Seife riecht!« In gespielter Strenge hob Jim seinen Zeigefinger. »Er muss nach deinem innersten Sehnen riechen. Nach dem Wunsch, miteinander alt zu werden. Und …« Er warf seiner Frau einen liebevollen Blick zu.
    »… und nach Heimat«, ergänzte Betty.
    Clara fröstelte. Sie musste an Amelies Worte denken und verspürte eine leichte Übelkeit.
    »Aber das Wichtigste ist der Kusstest.«
    »Was?«, fragte Clara und wollte am liebsten nicht

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