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Entscheidung auf Mallorca

Entscheidung auf Mallorca

Titel: Entscheidung auf Mallorca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.C. Bergius
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junger Herr. Vergelt’s Gott! Warten S’, i schlag’s Eahna ein.«
    »Nicht nötig«, erwiderte Wulf und wollte das Sträußchen schon nehmen, als er sah, daß die Frau am ganzen Körper zitterte. »Kommen Sie«, sagte er kurz entschlossen, ergriff ihren Korb und nahm sie beim Arm. »Sie frieren sich ja zu Tode. Gehen Sie mal mit mir.«
    »Ja, mei – wohin soll i …?«
    »Ein paar Meter von hier entfernt ist eine Bar, in der man Ihnen etwas Heißes zu trinken geben wird. Wenn Sie sich aufgewärmt haben, können Sie weiter verkaufen.«
    »Ja, mei – ja, mei!« jammerte die Alte.
    Peggy glaubte nicht richtig zu sehen, als sie Wulf mit einem Blumenkorb unter dem Arm in Begleitung einer alten Frau in die Bar eintreten sah.
    Er lachte sie an. »Keine falsche Hoffnung! Ich hab’ dir keinen Korb, sondern nur ein Sträußchen gekauft. Das Muttchen hier fror aber so sehr, daß ich sie mitnehmen mußte. Kannst du ihr eine Bouillon geben lassen?«
    Da Peggy nicht mit Wulfs Besuch gerechnet hatte, war sie außer sich vor Freude. »Selbstverständlich«, sagte sie gerührt und wandte sich an die Alte. »Kommen Sie. Wir gehen in die Küche, dort ist es noch wärmer. Und außerdem kaufe ich Ihnen zehn Sträuße ab, die ich meinen Gästen heute abend aufschwatzen werde.«
    Wulf klopfte der Alten auf die Schulter. »Na, war’s nicht gut, daß ich Sie mitgenommen habe?«
    Die Frau stammelte immer wieder: »Vergelt’s Gott! Vergelt’s Gott!«
    Als Peggy zurückkehrte, leuchteten ihre Augen. »Ich wollte, ich könnte dich jetzt umarmen«, sagte sie. »Leider sitzen drüben schon einige Gäste. Du weißt ja gar nicht, welche Freude du mir gemacht hast. Mit deinem Kommen und mit dem alten Muttchen.«
    Ihre Lippen zuckten. Sie mußte sich beherrschen, um nicht loszuheulen.
    »Hoffentlich enttäusche ich dich nicht«, erwiderte er und nahm auf einem Barhocker Platz. »Ich wollte nur auf einen Sprung …« Er unterbrach sich und zog ein kleines Päckchen aus seiner Tasche. »Das wollte ich dir bringen. Vielleicht verstehst du, was ich damit sagen will.«
    Peggy sah ihn verwundert an. »Das ist doch …« Sie roch an dem Päckchen. »Nina Ricci?«
    Wulf nickte. »Du hast dich damals so sehr darüber gefreut, daß ich dachte … Ich möchte um Verzeihung bitten und dir dafür danken, daß du mir gestern geholfen hast.«
    Peggy glaubte nicht richtig zu hören. Sie wollte etwas erwidern, nahm aber ihre Handtasche und lief davon. Als sie zurückkehrte, war ihr anzusehen, daß sie geweint hatte.
    »Bitte, entschuldige«, sagte sie. »Ich bin froh, daß außer dir noch niemand am Bartisch sitzt.«
    »War es so schlimm?«
    Peggy seufzte. »Ziemlich. Du hast mich sehr glücklich gemacht. So wie jetzt, war es das letztemal in …«
    »Formentor«, beendete er ihren Satz. »Du kannst es ruhig aussprechen. Ich weiß nicht, was gestern abend mit mir geschehen ist. Alles ist verändert. Ich begreife es noch gar nicht. Ich höre den Schrei des Kindes, der mich immer wieder verfolgt, zucke aber nicht mehr zusammen. Der Schrei bedrückt mich natürlich, aber anders als bisher. Ich will ihm nicht mehr entfliehen, möchte mich ihm vielmehr stellen, bin mir nur noch nicht darüber klar, wie ich es könnte.«
    Peggy sah ihn nachdenklich an. »Ich glaube, ich weiß, woran es liegt. Aber laß uns nicht davon sprechen. Was möchtest du trinken?«
    »Ich lade dich zu einem Glas Sekt ein. Und dann muß ich gehen.«
    »So schnell?«
    Er nickte. »Ich hab’ morgen mit meinem Professor über meine Diplomarbeit zu sprechen. Da muß ich einen klaren Kopf haben.«
    Als Wulf sich eine halbe Stunde später verabschiedete, fragte ihn Peggy, ob sie sich nicht einmal wieder über Tag treffen könnten.
    »Aber gerne«, erwiderte er. »Wann?«
    »Vielleicht am Sonntag?«
    »Einverstanden.« Er reichte ihr die Hand. »Wahrscheinlich wirst du dich ausschlafen müssen. Ist drei Uhr zu früh?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Gut, ich hole dich ab.«
    Peggy drückte ihm die Hand. »Ich freue mich jetzt schon darauf.«
     
    Wulf war sich selbst zum Rätsel geworden. Oftmals fragte er sich in den folgenden Tagen: Was ist eigentlich mit mir geschehen? Ich bin wie verwandelt. Alles ist leichter geworden. Ich fühle mich wie befreit, obwohl ich weiß, daß mich das Gespenst der vor den Felsen von Formentor erlebten Nacht nie wieder loslassen wird.
    Er fand keine befriedigende Antwort. Eines aber wußte er bestimmt: daß Peggy die Wandlung herbeigeführt hatte, ohne es zu wollen.

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