Entscheidung auf Mallorca
Fischhauer unterbrach seine Gedanken. »Wollen Sie nicht Platz nehmen? Oder möchten Sie wieder warten, bis der Kellner kommt?«
Wulf schüttelte den Kopf und setzte sich. »Ich glaube, das wäre übertrieben.«
Sie sah ihn prüfend an.
»Was schauen Sie?« fragte er, um etwas zu sagen.
»Wie Sie aussehen. Ich finde, daß Sie sich verändert haben.«
»Wirklich?«
»Das Jugendliche ist fort.«
Wulf verneigte sich. »Um so mehr freue ich mich, Ihnen sagen zu können, daß bei Ihnen die jugendliche Frische dominiert.«
Sie lächelte. »An Ihren guten Manieren habe ich nie gezweifelt. Auch nicht, als Sie nichts mehr von sich hören ließen.«
»Ich bitte dafür nochmals um Entschuldigung, aber …«
Greta Fischhauer berührte seine Hand. »Wir wollen nicht darüber sprechen. Das heißt – eine Frage möchte ich an Sie richten. Darf ich indiskret sein?«
»Bitte.«
»Haben Sie etwas durchmachen müssen?«
»Ja.«
»Das tut mir leid.«
Wulf strich über die Tischdecke.
»Und Sie sind darüber hinweg?«
»Soweit es geht. Ein Mensch hat mir dabei geholfen.«
»Eine Frau?«
»Ja.«
»Lebt sie in München?« – Wulf nickte.
»Und da haben Sie sie nicht mitgebracht?«
»Ich konnte doch nicht einfach …«
»Doch!« unterbrach sie ihn. »Sie werfen sich jetzt in ein Taxi und holen sie.«
Er lachte. »Ihr Temperament in Ehren, aber das geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie ist … Hoffentlich enttäusche ich Sie nicht, wenn ich Ihnen sage, daß meine Freundin zur Zeit als Bardame tätig ist.«
»Warum sollte mich das enttäuschen?«
»Es könnte doch sein, daß Sie Anstoß daran nehmen, daß ein Student eine Bardame zur Freundin hat.«
»Was sind das für krause Gedanken«, erwiderte die Düsseldorferin. »Wenn wir uns heute auch erst zum zweitenmal sehen, so müßten Sie doch wissen, daß ich nicht zu den Menschen gehöre, die mit Scheuklappen durch das Leben laufen. Und nun mache ich Ihnen einen Vorschlag: Wir essen jetzt und suchen Ihre Freundin dann auf. Einverstanden?«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Natürlich. Und wenn Sie wollen, können Sie mir bis dahin von ihr erzählen.«
Er zögerte. »Ich weiß nicht, ob das gut wäre.«
Sie sah ihn fragend an.
»Unsere Geschichte ist nicht gerade erbaulich. Andererseits – wenn ich es recht bedenke, müßte ich sie Ihnen eigentlich erzählen. Denn genaugenommen beginnt sie mit Ihnen.«
»Mit mir? «
»Ja. Mit der Serviette, die Ihnen vom Schoß rutschte.«
Ohne sich dessen bewußt zu sein, begann Wulf mit der Schilderung der Ereignisse des vergangenen Jahres. In aller Offenheit sprach er über Miriam, Peggy und Harald und berichtete von der gemeinsamen Reise nach Mallorca. Er erzählte alles, was er erlebt hatte – bis auf das entsetzliche Geschehen vor den Felsen von Formentor.
Greta Fischhauer konnte sich schon ein ziemlich genaues Bild von Peggy machen, als sie zwei Stunden später mit Wulf das »Humplmayr« verließ. Sie erwartete einen hübschen, schlagfertigen und etwas leichtsinnigen Menschen, dem sie es – nach allem, was sie gehört hatte – insgeheim ein wenig übelnahm, daß sie sich zwischen Wulf und Miriam gedrängt hatte.
Als sie Peggy aber kennenlernte, war mit einem Schlag alles anders. Greta Fischhauer wußte auch warum. Auf den ersten Blick erkannte sie, daß es für Peggy nur einen Mann gab: Wulf. Abgesehen davon konnte sie nicht umhin, sich einzugestehen, daß sie selten einen so hübschen Menschen gesehen hatte.
»Mein Kompliment«, sagte sie an Wulf gewandt, als sie an der Bar Platz genommen hatten und Peggy für einen Augenblick verschwand, um etwas zu holen.
Wulf deutete eine Verneigung an.
»Sie sieht phantastisch aus«, fuhr die Düsseldorferin fort. »Aber das ist nicht das wichtigste. Die Frau liebt Sie …!«
»Ich weiß«, erwiderte Wulf. »Und ich war sehr häßlich zu ihr.«
»Warum eigentlich?«
Wulf nagte an seinen Lippen. »Ich will ehrlich sein: Ich hab’ Ihnen vorhin nicht alles erzählt. Ich werde es wohl nie können. Es gibt Dinge …«
Die Düsseldorferin legte ihre Hand auf seinen Arm. »Sprechen Sie nicht weiter.«
Als Peggy zurückkehrte und sich zu ihnen setzen wollte, traten fünf oder sechs Herren in den Raum, die nach kurzem Zögern an der Bar Platz nahmen.
»Das Geschäft blüht«, sagte Greta Fischhauer.
»Leider«, antwortete Peggy. »Ich hätte mich gerne mit Ihnen unterhalten, aber Sie sehen …« Sie entschuldigte sich und ging zu den Herren hinüber, um sich nach deren Wünschen
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